Lieb und teuerSo belasten gestiegene Kosten von Klassenfahrten Kölner Familien

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Die Außenansicht des Fünf-Städte-Heims in Hörnum (Schleswig-Holstein) auf der Nordseeinsel Sylt.

Der Duft von Hagebuttentee scheint aus dem Haus zu strömen: ein Landschulheim auf Sylt.

Die Corona-Pandemie hat vielen Klassenfahrten einen Strich durch die Rechnung gemacht. Kaum sind sie wieder möglich, bereiten unter anderem die Kosten machen Eltern Kopfschmerzen.

Klassenfahrten. Daran hat jeder so seine Erinnerungen. An das erste durchlittene Heimweh, an in den Bach gefallene Mitschüler oder Nachtwanderungen mit Horror-Effekt, Hagebuttentee und Abwaschdienste, durchfeierte Nächte, den ersten Kuss... Anekdoten über die gemeinsamen Auszeiten vom Schulalltag werden gern noch Jahrzehnte später erzählt. In den Corona-Jahren mussten Kinder und Jugendliche oft auf die Reisen verzichten. Sie haben viel nachzuholen beim Miteinander. Seit einiger Zeit sind die gemeinsamen Auszeiten vom Schulalltag wieder möglich – aber die Kosten steigen und die Probleme von Familien wachsen, die Klassenurlaube zu finanzieren. Leicht kommen mehrere hundert Euro zusammen.

Familien werden gleich mehrfach belastet

Am Kölner Dreikönigsgymnasium zum Beispiel ist die Enttäuschung bei vielen Schülerinnen und Schülern der Klasse 9 groß, dass die durch Corona ausgefallene Ski-Klassenfahrt nach Süddeutschland (auch auf Grund der gestiegenen Kosten) nicht nachgeholt werden kann. Für viele Eltern stellt dies aber eine Erleichterung dar. Die Kosten für die Skifahrt wären von 350 auf über 500 Euro gestiegen.

„Da viele Familien gerade schon für Strom und Lebensmittel viel tiefer in die Tasche greifen müssen, haben wir auf die Skireise verzichtet und eine kostengünstigere Fahrt geplant“, sagt Barbara Wachten, Schulleiterin des DKG. Klassenfahrten seien grundsätzlich „total wichtig“, „Kinder müssen wieder gemeinsam Zeit auch außerhalb des Unterrichts verbringen.“ Aber auch andere Maßnahmen wie Klassentrainings seien notwendig, um das soziale Miteinander nach Corona wieder zu schulen.

Da viele Familien gerade schon viel tiefer in die Tasche greifen müssen, haben wir auf die Skireise verzichtet.
Barbara Wachten, DKG

„Wir schaffen es am Ende immer, dass kein Kind zuhause bleiben muss“, versichert Dieter Fabisch-Kordt, Leiter der Willy Brandt-Gesamtschule in Höhenhaus. „Es gibt großen Nachholbedarf. Klassenfahrten haben einen hohen pädagogischen Wert und sind total beliebt.“

An der Gesamtschule gibt es ein ausgeklügeltes Fahrten-Konzept für die rund 1200 Schülerinnen und Schüler, der Jahrgänge 6, 8, 10 und 12. Ein Jahr im voraus werden die meisten Reisen gebucht. Die Schulkonferenz setzt einen Rahmen und setzt Kostenobergrenzen. Wohin es konkret geht, wird in der jeweiligen Klasse entschieden.

Der Schulleiter empfiehlt generell, am besten in Deutschland in der Nähe zu bleiben, damit im Fall einer Corona-Infektion die Kinder von den Eltern abgeholt werden können.   Ziele im Sauerland oder der Eifel liegen bei vielen Schulen nahe, für die Größeren wird etwa Holland statt Barcelona oder Kroatien ins Auge gefasst.  

Die Fahrten mit pädagogischem Begleitprogramm führen allgemein oft in Jugendherbergen, wo Angebote wie Bogenschießen, Sozialtraining oder Waldranger-Expeditionen zu beliebten Programmpunkten gehören. Auch am Humboldt-Gymnasium   haben Fahrten und Ausflüge einen hohen Stellenwert, um entstandene Defizite aufzufangen. Verstärkt darauf geachtet wird laut Schulleiter Michael Wittka-Jelen, neben den mehrtägigen Fahrten vermehrt Tagestouren und Wandertage anzubieten. Dies würden aus dem Unterstützungsprogramm „Aufholen nach Corona“ von Bund und Land finanziert.

Auszeiten mit pädagogischem Begleitprogramm

In einem Fahrtenkonzept werden die Rahmenbedingungen geregelt und ein Kostendeckel vereinbart. Steigen die Preise darüber hinaus, wird dies mit den Gremien besprochen und wenn nötig werden über Fördervereine Familien bei der Finanzierung der Kosten unterstützt.

Den Kostenrahmen erhöhte die Brandt-Gesamtschule pauschal um rund zehn Prozent mit Blick auf die hohe Inflation und Preissteigerungen etwa für Busfahrten oder Übernachtungen. Die Limits dort: 220 Euro für eine Reise der Kleineren, 250 für die Jahrgänge 8, mit 390 und 490 Euro darf es für die Abschlussfahrten der Zehner und Zwölfer etwas mehr sein. Die Dauer reicht von zwei bis fünf Tagen. Dass ein Kind nicht mitfährt, weil die Familie es nicht bezahlen kann, komme praktisch „so gut wie nicht vor“ und solle auch nicht passieren, niemand solle aus der Klassengemeinschaft ausgegrenzt werden. Fabisch-Kordt weiß allerdings, dass etliche Familien sich „sehr strecken müssen“, um das zu schultern. Schon gar, wer mehrere Kinder hat.

Im Humboldt wird auf nachhaltiges Reisen geachtet, werden möglichst keine Flugreisen unternommen, Ziele in der näheren Umgebung mit der Bahn angesteuert. Wenn die Finanzen im Rahmen bleiben. Auf dem Programm steht im Januar die Skifreizeit nach Tirol, Kostenpunkt: 435 Euro die Woche.

Heimweh bewältigen

Generell gibt es verschiedene Unterstützungsangebote, etwa das Bildungs- und Teilhabepaket (BUT)   für Berechtigte, die dann die Finanzierung übernimmt. Wer knapp über dem BUT-Anspruch liegt und in finanzielle Engpässe kommt, kann in der Höhenhauser Schule die Klassenleitung ansprechen, die über den Förderverein einen Zuschuss beisteuert.

Klassenfahrten stärken generell die Gemeinschaft, geben Schülern die Möglichkeit, selbstständiger zu werden und Verantwortung zu übernehmen, unterstreichen Schulleitungen. Ob jüngere Schüler das erste Mal ohne Eltern verreisen und Heimweh bewältigen oder Ältere sich im Centerpark-Apartment wie in einer WG selbst versorgen – das sind Erfahrungen, die stärken. Und Erinnerungen, die bleiben.

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