Platzsparende Einrichtung ist für viele Menschen in Stadtwohnungen ein wichtiges Thema. Beim Tag der Architektur zeigt die Kölner Architektin Maria Nagy, wie sie aus einem Kinderzimmer zwei Minizimmer mit trotzdem viel Platz kreiert hat.
Tag der ArchitekturKölner Architektin zeigt, wie aus einem Kinderzimmer zwei werden

Matteo liebt sein neues Kinderzimmer mit der Bettnische. Links trennt ihn die runde Wand von seinem Bruder.
Copyright: Costa Belibasakis
Dass der Platz in der Stadtwohnung irgendwann nicht mehr reicht, das Problem kennen viele Kölner Familien. Spätestens, wenn die Kinder größer werden, wird es eng. So ging es auch der 48-jährigen Caro. Als sie mit ihrem Mann, dem dreijährigen Sohn Diego und den Zwillingen Bruno und Matteo in die Eigentumswohnung am Sülzgürtel zog, passten die Zimmer perfekt für die junge Familie. Die Zwillinge waren zu dem Zeitpunkt ein knappes halbes Jahr alt. Zwei Babybetten passten locker in ihr gemeinsames Kinderzimmer.

Architektin Maria Nagy hatte für das Projekt ungewöhnliche Ideen.
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Doch die Jahre vergingen und aus den Babys wurden erst Kinder und dann Teenager. Sehr unterschiedliche 13-Jährige, wie ihre Mutter erzählt: „Matteo ist eher häuslich und spielt zurzeit mehr Gitarre, Bruno ist viel unterwegs, am liebsten mit einem Fußball.“ Es war also an der Zeit, dass jeder sein eigenes Reich bekam. Doch woher ein weiteres Zimmer nehmen? Die Familie schaute sich Wohnungen und Häuser zur Miete an. Aber als fünfköpfige Familie, beide Eltern freiberuflich tätig, mit vier Haustieren waren sie nicht die gefragtesten Interessenten. Sie überlegten auch kurz, ins Umland zu ziehen. „Aber wir wollten nicht raus“, erzählt Caro. „All die Freizeitaktivitäten der Jungs sind hier, auch die Schulwege sind klar.“ Sie mögen die Nähe zum Beethovenpark und überhaupt das Stadtleben. „Es wäre abstrus gewesen, die Kartons zu packen und unsere schöne Wohnung zu verlassen.“ Wieso viel Geld für die Miete bezahlen, wenn man doch eine Eigentumswohnung besitzt?
Familie wollte in der Stadtwohnung bleiben
Also stellten sich die Eltern die Frage, wie sie die gut 23 Quadratmeter der Zwillinge in zwei Zimmer unterteilen könnten, damit jeder der Jungs sein eigenes bekäme. Schnell war klar, die simple Lösung, einfach eine Wand in der Mitte quer durch, würde hier nicht funktionieren. Schuld daran hatten zwei unverrückbare Fixpunkte: Zum einen befindet sich in der Wand neben der alten Tür die gesamte Elektrik. Zum anderen durfte das Fenster weder vergrößert noch verlegt, die Fassade nicht verändert werden. Da aber beide neuen Zimmer natürlich sowohl ein Fenster als auch eine Tür benötigten, musste also eine andere Lösung her. „Die ersten beiden Architekten, die wir angefragt haben, haben deswegen abgelehnt“, erinnert sich Caro. Und auch Maria Nagy fragte sich zunächst, wozu die Bauherren für so ein kleines Projekt eine Architektin benötigten. Aber dann übernahm sie doch. „Ich musste mir so viele Gedanken machen“, sagt die Kölner Architektin, die seit zwei Jahrzehnten selbstständig ist, rückblickend. „Aber wichtig war, eine Lösung zu finden, damit die Familie in der Wohnung bleiben konnte.“

Mit dem ausziehbaren Kleiderschrank wird der Stauraum unter dem Bett-Podest genutzt.
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Aus dem kleinen Kinderzimmer wurden am Ende innerhalb von zwei, drei Monaten zwei Mini-Zimmer. Dieses und zehn weitere Projekte hat die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen nun für den Tag der Architektur ausgewählt. Für dieses Wochenende sind Interessierte zur Besichtigung eingeladen (siehe Infokasten). Nach dem Motto „Platz ist in der kleinsten Hütte“ entschied sich Nagy - ungewöhnlich - für eine geschwungene Wand. Als „einladende Geste“ solle diese wirken und tatsächlich gibt sie den Zimmern eine gemütliche Rundung. Nur durch die geschwungene Linie ließ sich das Zimmer in ungefähr zwei gleich große Teile halbieren. So war je eine Hälfte des Fensters in je einem der neuen Kinderzimmer. Die alte Eingangstür wurde etwas verrückt, die neue zweite Tür von einem Stichflur aus eingesetzt.
Mit dem Kopf über der Waschmaschine
Doch damit nicht genug: Nun ging es darum, die Qualität der nicht einmal zwölf Quadratmeter großen Zimmer zu steigern. „Die Jungs wollten beide kein Hochbett“, sagt Nagy. Wenn aber ein zwei Meter langes Bett einfach hineingestellt worden wäre, hätten die Zwillinge drum herum kaum noch Platz gehabt. Also ging Nagy wieder einen ungewöhnlichen Weg. Sie erschloss Nischen aus den jeweiligen Nachbarräumen, um die Betten quer auf ein Podest setzen zu können. So schläft Bruno nun sozusagen mit dem Kopf über der Waschmaschine. Darüber gibt es sogar noch ein „Versteck“, eine Nische für ein Gästebett. Dem Haushaltsraum am Badezimmer wurde dafür etwas Deckenhöhe genommen. Etwaige Geräusche der Waschmaschine würden Bruno nicht stören. „Wenn er schläft, dann schläft er“, sagt Mama Caro. Bei Matteo wiederum ragt die Bettnische ins benachbarte Gästezimmer, wo vorher hinter der Tür eh ungenutzter Raum war. Stattdessen ist dort unter der neuen Wand nun ein Einbauschrank entstanden.

Mit dem Kopf über der Waschmaschine: In Brunos Zimmer wird nun eine Nische, die vom Bad abgetrennt wurde, zum Schlafen genutzt.
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Nachdem die Podeste mit Treppenstufen für die Betten klar waren, ging es für Nagy darum, weiteren Stauraum zu schaffen. Ein ausziehbarer Kleiderschrank versteckt sich ebenso unter den Betten wie weitere Schrankfächer. „Für mich war das alles auch ganz neu“, sagt Nagy. Die Architektin ist stolz auf ihre kreativen Ideen. Und Matteo und Bruno lieben ihre Zimmer, erzählt ihre Mutter. Für die Familie bedeutet es, dass sie dank Nagys architektonischen Kniffen nun doch in ihrer Wohnung in Sülz bleiben können. Erstaunlicherweise sei für die Zwillinge übrigens ganz klar gewesen, wer welches Zimmer nimmt, sagt Caro: „Da waren sich die beiden sofort einig.“