Wohnen in Köln ist eine Herausforderung. Zumindest für diejenigen, die eine neue Wohnung suchen, aus welchen Gründen auch immer.
Teure MietenWie Köln Wohnungen wieder bezahlbar machen will

Gerüste stehen auf der Baustelle für ein Wohngebäude in Köln.
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Ohne private Kontakte ist Wohnraum bereits heute schwer zu finden, außer es ist der Wunsch, die eigene Wohnung abzugeben. Der Wohnungstausch hat sich in Köln in den vergangenen Jahren dem Vernehmen nach zu einem erfolgreichen Modell entwickelt. Richtig schwierig wird es erst, wenn man das Wort bezahlbar hinzufügt. Die Verwaltung wagt deshalb aktuell den Vorstoß, dem Hamburger Modell zu folgen und die Baukosten in Köln deutlich zu senken. Eine entsprechende Vorlage liegt der Kommunalpolitik für die nächste Sitzung des Stadtrats am 4. September nun vor.
Mitten im Wahlkampf-Endspurt
Das Problem daran ist der Zeitpunkt, und das auf vielen Ebenen. Denn: Die Baukosten sind bereits spätestens seit der Pandemie und dem Ukrainekrieg zu stark angestiegen. Die Folge ist ein Bauüberhang von genehmigten, aber noch nicht errichteten Wohnungen in Höhe von mittlerweile mehr als 10.000 Wohnungen. Maßnahmen zur Senkung der Baupreise, die zu einer Entspannung auf dem Wohnungsmarkt und im besten Fall zu wieder günstigeren Mieten führen, sind also eigentlich längst überfällig.
Unglücklich für diese Vorlage ist, dass am 14. September eine Kommunalwahl ansteht. Die Vorlage stammt aus der Feder von Markus Greitemann, der aktuell als OB-Kandidat der CDU antritt, aber auch von Andree Haack, Dezernent unter anderem für Wirtschaft- und Stadtentwicklung und auch ein Mann der CDU. Haack erklärt: „Die hohen Standards für den Bau von Wohnungen führen dazu, dass neuer Wohnraum für Normalverdiener nur noch mit staatlichen Förderungen bezahlbar bleibt. Das führt wohnungspolitisch in eine Sackgasse und daher wollen wir das nicht hinnehmen.“ Greitemann fordert: „Wir müssen jetzt die Wohnungswirtschaft wieder in Gang bringen. Auf die Standards, die wir uns selbst gesetzt haben, können wir direkten Einfluss nehmen.“
Es liegt auf der Hand, dass die anderen Parteien der CDU-Initiative im Wahlkampf-Endspurt den Zahn ziehen wollen. Der Zeitstrahl sah eigentlich anders aus: Bereits am 2. Mai hat das Auftaktgespräch mit den Dezernenten und der Leiterin der Wohnungsbauleitstelle, Franka Schinkel, stattgefunden. Ein Beschluss bereits im Juli wäre möglich gewesen, doch zunächst hatte der Verwaltungsvorstand noch Fragen zur Initiative der CDU-Männer. Anschließend soll die Kommunalpolitik darauf gedrängt haben, die Entscheidung auf nach der Wahl zu verschieben.
Hamburger Modell folgen
Was steht drin? Die Politik soll beschließen, dass die Stadt das Beratungsunternehmen „PD – Partner der öffentlichen Hand GmbH“ engagiert, um den Prozess zu begleiten. Die Berater sollen vor allem „das Projekt-, Veranstaltungs- und Stakeholdermanagement“ übernehmen, sprich unter anderem Workshops organisieren, in denen Politik, Verwaltung und Wohnungswirtschaft gemeinsam entscheiden, wo sie bei den Baukosten sparen können. Dafür soll die Verwaltung insgesamt 664.000 Euro bezahlen, 2025 und 2026. „PD“ begleitet bereits den Prozess des „Bezahlbar Bauen“ in Hamburg. Das Projekt hat ein Vertragsvolumen von 1,2 Millionen Euro und läuft seit April 2024 bis März 2027.
Die Kölner Verwaltung will sich diese Expertise und Erfahrung einkaufen, um auch ein wenig Geld zu sparen gegenüber dem Prozess in Hamburg. Doch der Unterschied zwischen Köln und Hamburg spielt auch bei den Kosten eine Rolle: Die Hansestadt als Stadtstaat kann an die kommunale, aber auch an die Landesbauordnung Hand anlegen, um zu sparen. Köln kann sich lediglich an die eigene Nase fassen und ist sonst weiterhin von Bund und Land NRW abhängig.
Politischer Gegenwind
Und genau da setzen viele der Parteien mit ihrer Kritik an. Seitens der Grünen erklärt Fraktionschefin Christiane Martin: „Es kann sinnvoll sein, kostentreibende Standards auf de Prüfstand zu stellen. Es ist aber fraglich, ob es wirklich externer Hilfe und einer halben Million Euro bedarf, diese zu identifizieren. Und es ist fraglich, ob das der richtige Hebel gegen steigende Mieten ist. Grüne setzen eher auf andere Werkzeuge: mehr sozialen Wohnungsbau, gemeinwohlorientierte Flächenpolitik oder schnelle Verfahren.“
Die baupolitische Sprecherin der FDP, Stefanie Ruffen, erklärt: „Wir haben mit dem Wohnungsbauforum bereits ein Gremium, dass seit Jahren versucht, die Baukosten zu senken. Wir sprechen immer wieder über Kostentreiber, die wir selbst beeinflussen können und bei denen sollten wir anfangen. Ich bin dafür, dass wir unsere Kölner Standards für ein paar Jahre einfrieren.“ SPD-Fraktionschef Christian Joisten sticht in die gleiche Kerbe, indem er erklärt: „Wir sind froh über jeden Impuls, mit dem wir den Wohnungsbau in Köln beschleunigen. Vieles muss auf den Prüfstand, aber genau das macht das Wohnungsbauforum bereits seit Jahren. Wir fragen uns, warum wir für diesen Prozess nun so viel Geld zusätzlich ausgeben sollen.“
Für Michael Weisenstein (Die Linke) ist fraglich, ob dieses Hamburger Modell aufgrund des Stadtstaats überhaupt auf Köln anwendbar ist. Zudem erklärt er: „Wir wollen keine schlechten Wohnungen. Die Gefahr sehen wir jedoch bei diesem Prozess und deswegen müssen wir das genau prüfen.“
Die Baukosten senken
Weisenstein spielt damit auf die Kritik an, die einen solchen Prozess begleitet. Die Frage nach der Qualität der Wohnungen. Hamburg gibt an, bis zu 2000 Euro pro Quadratmeter brutto mit vereinfachten Standards (bis zu 600 Euro pro qm), Verzicht auf ausgewählte technische und bauliche Elemente (bis zu 1000 Euro pro qm) und optimierte Planungs- und Genehmigungsprozesse (bis zu 400 Euro pro qm) Einsparpotenziale ausgemacht zu haben.
Für Köln sieht die Vorlage eine Reduktion von bis zu 30 Prozent der Baukosten vor. Wenn man davon ausgeht, dass der Preis für den Geschosswohnungsbau in Köln aktuell bei rund 6500 bis 7000 Euro pro Quadratmeter liegt, zielt Köln auf eine ähnliche bis sogar größere Kostenreduktion ab. Die Initiatoren der Idee
Reaktion der Wohnungswirtschaft
Die Wohnungsbau Initiative Köln hat ihrerseits bereits Kostentreiber analysiert (siehe Infobox).Die NRW-Landesgeschäftsführerin des Bundesverbands für die Wohnungswirtschaft, Elisabeth Gendziorra, erklärt: „Tatsache ist, dass es nur durch eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie eine Senkung der Baukosten möglich wird, diese Wohnungen auch tatsächlich zu bauen. Wir setzen im Sinne unserer Mitglieder darauf, dass Politik und Verwaltung den Prozess ,Bezahlbares Bauen in Köl' zeitnah auf den Weg bringen. Ob das ähnlich erfolgreich sein kann wie in Hamburg, muss man angesichts der unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen abwarten.“
Dass die Wohnungswirtschaft günstiger bauen möchte, liegt auf der Hand. Die Frage ist, ob eine Reduzierung der Baukosten sich auch auf die Mieten auswirkt. Zumindest der Ansatz, dass mehr Wohnungen in Köln die Marktlage entspannen und dadurch die Mieten zumindest nicht mehr so stark ansteigen wie in den vergangenen Jahren, ist nicht von der Hand zu weisen.