Fast alle Betten belegtWie die Touristen Köln wieder zurückerobern

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Ein Besuch am Dom steht wohl bei fast allen Besuchern Kölns oben auf der Wunschliste.

Köln – Es ist Sommer. Juli ist der Urlaubsmonat schlechthin. Am Flughafen stehen die Reisenden in langen Schlangen an, auch auf dem Roncalliplatz kreuzen sich die Touristengruppen. Die Hotelbetreiber schwärmen, die Stadt ist voll. Lediglich die Personallage und die steigenden Corona-Infektionszahlen bremsen die Euphorie.

„Wir sind seit dem Wegfall der Einschränkungen in allen drei unserer Kölner Häuser praktisch ausgebucht“, verrät Martin Stockburger. Der Geschäftsführer der Koncept Hotels berichtet von Gästen, die länger bleiben, aber auch den üblichen Kurzaufenthalten. Die Zahlen seien zufriedenstellend: „Die Sommerferien haben erst begonnen, die erste Woche lief sehr gut.“ Die Auslastung liege bei über 90 Prozent. Doch die zweite Woche sei bereits schwächer. „Zusammengezählt wird am Schluss“, sagt er vorsichtig.

Von der nächsten Corona-Welle bedroht

Dass die Corona-Infektionszahlen steigen und derzeit viele Prognosen kursieren, dass nach den Ferien schon die nächste Welle droht, hat Stockburger auf dem Schirm. „Das sagt mir mein Bauchgefühl leider auch“, gibt er zu: „Eines Tages wird man lernen müssen, welche Maßnahmen hilfreich sind gegen diese Pandemie – wie sicherlich Masken. Und welche eher nicht – wie das Stilllegen von Hotels.“

Auf der „Schäl Sick“ spricht Ralph Goetzmann von einer Auslastung von 60 bis 80 Prozent im Messehotel Radisson Blu. Der General Manager ist sicher, dass der aktuelle Stand nicht mehr mit dem Vorjahr vergleichbar sei, als bis Ende Januar noch der Lockdown herrschte. „Ich bezeichne es gerne als Coca-Cola-Effekt: Es ist im Moment so, als hätten wir die Flasche kräftig geschüttelt und dann den Deckel aufgemacht.“

Diesen Effekt personell aufzufangen, sei eine Herausforderung. Viele Mitarbeiter hätten sich umorientiert, doch die Situation erhole sich langsam. Laut dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sank die Zahl der Beschäftigten in Hotels, Gasthöfen und Pensionen 2020 auf 4271. Das waren fast 800 Mitarbeiter weniger als im Vorjahr (5062) und sogar weniger als im Jahr 2010 (4377). Dass Hotels möglicherweise Mitarbeiter aus dem Ausland holen könnten, sei für die Kette kein neues Thema. Der internationale Konzern biete den Angestellten grundsätzlich die Möglichkeit, an anderen Standorten – auch im Ausland – zu arbeiten.

In der Region stehen viele Bewerber bereit

Auch die Dehoga hatte die Idee, Fachkräfte aus der Fremde anzuwerben, um Engpässe zu überbrücken. Dabei stolperte Christoph Becker über eine Überraschung: Der Geschäftsführer der Kreisgruppe Köln prüfte nach, ob nicht noch Personal aus der Region auf dem Arbeitsmarkt vorhanden ist. Dabei stellte sich heraus, dass mehr als genug Bewerber bereitstehen. Die Arbeitsagentur bestätigte, dass derzeit 600 offenen Stellen in der Hotellerie 3200 potenzielle Bewerber mit Vorerfahrung im Bereich Service und 1000 mit Erfahrung im Bereich Küche gegenüber stehen. Diese kommen aus Köln und einem Umkreis von 50 Kilometern. Laut Pressesprecherin Bianca Winter täuscht jedoch das Verhältnis, da dies keine Bewerber nur für den Hotelbereich seien, sondern Arbeitssuchende, die den Bereich lediglich zusätzlich als mögliches Feld angegeben hätten.

Insgesamt 35.630 Betten in Köln

Laut Christoph Becker gibt es derzeit 264 Beherbergungsbetriebe mit insgesamt 35 630 Betten in Köln. Dazu zählen aber auch Ferienheime, Jugendherbergen und Campingplätze. Auch die Dehoga stellt fest, dass die Nachfrage wieder anzieht. „Allerdings leben wir in Köln zu 70 bis 80 Prozent vom Geschäftstourismus“, so Becker. Tagungen, Kongresse und Messen würden seiner Meinung nach nur langsam wieder anlaufen: „Wir hatten lange keine internationalen Geschäftsreisenden aus Asien oder den USA in der Stadt, das tut uns weh!“

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Seine Prognose für den Herbst sieht düster aus: Neben der Pandemie und ihren Auswirkungen durch wiederkehrende Lockdowns in Asien würden ihm mit Blick auf die Hotels auch die Energiepreise und der Ukraine-Krieg Sorge bereiten. „Wenn es nur noch um Corona ginge, wäre ich optimistisch.“

Ganz anders sehen das Steffen Alfes und Bettina Schütt von Dorint. Die Geschäftsführerin gibt an, dass in den fünf Hotels der Kette in der Stadt im Juni 75 bis 80 Prozent der Betten belegt waren: „Die Gäste sind wahnsinnig schnell wieder zurückgekommen. Wir sind schon fast wieder auf Vorkrisenniveau.“ Jetzt im Juli seien es vor allem kurze Aufenthalte von Touristen. Für August und September seien auch schon zahlreiche Kongresse und Geschäftsreisen geplant.

Stefan Alfes ist verantwortlich für das Personal. Für ihn ist der Ansturm nicht ganz einfach zu kompensieren: „Es ist eine angespannte Situation, aber die Fluktuation ist ganz normal, die ist eben hoch in dieser Branche. Wir haben die Stellen nur nicht nachbesetzt.“ Er beschreibt es als sehr schwierig, frühere Mitarbeiter für die Branche zurückzugewinnen.

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