Fußball-WM in KatarWie die Kölner das Auftakt-Spiel der deutschen Mannschaft erlebten

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Im „Stiefel“ auf der Zülpicher Straße verfolgten einige wenige Kölner das WM-Auftaktspiel der deutschen Mannschaft gegen Japan.Das Bild zeigt drei junge Männer an einem Tisch, im Hintergrund hängt der TV-Bildschirm.

Im "Stiefel" auf der Zülpicher Straße verfolgten einige wenige Kölner das WM-Auftaktspiel der deutschen Mannschaft gegen Japan.

In den Kölner Kneipen und Bars verfolgten nur wenige Fußball-Fans den missglückten WM-Auftakt der deutschen Mannschaft. Euphorie kam dabei nur bei den japanischen Fans auf.

Als Ilkay Gündogan die Kugel um 14.33 Uhr im Khalifa-International-Stadion in Doha vom Elfmeterpunkt trocken in die linke Ecke schiebt, brandet im „Stiefel“ auf der Zülpicher Straße das einzige Mal an diesem Nachmittag so etwas wie Jubel auf. Zumindest für einen kurzen Moment überwiegt die Freude über die sportliche Leistung des DFB-Teams das, was in den vergangenen Jahren und aktuell rund um die umstrittene Weltmeisterschaft in Katar los ist.

Für die meisten bleibt es bei diesem kurzen Moment. Nie gab es mehr Menschen in Köln, die das Auftaktspiel des deutschen Teams überhaupt nicht interessiert. Das ist an diesem Mittwoch die wenig überraschende Erkenntnis. Keine deutsche Flagge, die in der Stadt weht. Niemand, der sich stolz mit dem schwarz-weißen Trikot in den Straßen zeigt. Der Biergarten am Aachener Weiher, wo sich bei Großturnieren sonst Hunderte um die besten Plätze drängen, hat geschlossen.

WM in Köln: „Was in Katar passiert ist, kotzt mich an.“

Neben den vielen Kneipen und Bars, die das Turnier boykottieren, haben andere Läden gar nicht erst geöffnet. Die Anstoßzeit am frühen Nachmittag verspricht nicht gerade den Umsatz des Jahres. Eine Dreiviertelstunde vor dem kurzen Gündogan-Glücksmoment zapft Stephan Freund die ersten Stangen Kölsch des Tages. Wie ist die Stimmung? „Welche Stimmung?“, fragt der Inhaber des „Stiefels“ und lacht laut. „Klar ist alles kacke rund um diese WM“, sagt er. „Ein paar Leute, die zum Fußballgucken kommen, gibt es aber trotzdem immer.“ Das sei auch bei den ersten Spielen ohne deutsche Beteiligung so gewesen.

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Da, wo offen ist, sind die Plätze nur spärlich besetzt. „Ich glaube, das richtige wäre eigentlich, die WM nicht zu gucken“, sagt Student Philipp. „Was in Katar passiert ist, kotzt mich an. Ich schaue Fußball aus Leidenschaft gern. Aber es ist ein bitterer Beigeschmack da.“

Richtige WM-Stimmung will auch in der „Gilbert's Pinte“, wenige Meter weiter, Richtung Zülpicher Platz nicht aufkommen. Immerhin zwei Besucher an der Theke haben ihr Trikot für das erste Gruppenspiel der Deutschen aus dem Schrank gekramt. Die beiden Mitdreißiger, Dennis und Thore, verlängern die Halbzeitpause vor der Tür. „Es fühlt sich einfach falsch an“, findet Thore.

WM in Köln: Fußball schauen während der Mittagspause

Es gibt aber auch andere Meinungen. „Ich kann die Themen rund um das Sportliche gut ausblenden und mich für die Spiele begeistern“, sagt etwa Dieter, der im Stiefel an der Bar sitzt.

Viele, die sich grundsätzlich für Fußball interessieren, verfolgen den missglückten deutschen Turnierstart nebenbei. Auf dem stumm geschalteten, viel zu kleinen Bildschirm im Büro, unterwegs auf dem Smartphone oder in der Mittagspause.

Mehr nebenbei als im Kult-Falafel-Imbiss „Habibi“ geht fast nicht. Direkt neben der Eingangstür hängt ein kleiner Fernseher. Der Fokus der wenigen Gäste liegt aber eindeutig auf ihrem Essen: Halloumi-Teller statt WM-Euphorie. „Was gibt es Schöneres als Fußball?“, fragt der Chef hinter der Theke. Jeder, der hier sitzt, könnte aktuell wohl gleich eine Handvoll Dinge aufzählen.

Im „La Croque“ auf der Zülpicher Straße hat sich um den einzigen Bildschirm neben der Theke ein kleiner Stuhl-Halbkreis gebildet. Die Bedienung hinter der Theke ist nur sporadisch aktiv. In der zweiten Reihe sitzen Sota und Taka, zwei Austausch-Studenten aus Japan. Einer im japanischen WM-Trikot, der andere mit gemalter Japan-Flagge im Gesicht.

Freude bei japanischen Fußball-Fans in Köln

„Bei uns in Japan spielt das ganze Drumherum, das hier diskutiert wird, fast keine Rolle“, sagt Sota. „Ganz einfach, weil die Medien darüber nicht berichten.“ Eine sehr kleine Minderheit gebe es, die auf die Menschenrechtsthemen aufmerksam mache. Die werde aber kaum gehört.

Ihrem Team trauen die beiden in diesem Jahr Großes zu. „Wir sind so gut wie nie zuvor“, sagt Taka. „Ich glaube, wir holen das Ding.“ Nach den ersten 90 Minuten stehen die Chancen dafür jedenfalls besser als für die deutsche Mannschaft.

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