Vor 150 Jahren nahm der Kaiserbahnhof in Brühl-Kierberg seinen Betrieb auf. Der deutsche Kaiser brach von dort zu Militärmanövern in der Eifel auf.
150 Jahre KaiserbahnhofWo einst Kaiser Wilhelm I. und Bismarck die Bahn bestiegen

Vor 150 Jahren wurde der Kaiserbahnhof in Brühl erstmals genutzt. Heute sind die Kierberger stolz auf den schmucken Bau und den dortigen Biergarten.
Copyright: Wolfram Kämpf
Pomp, Protz und Feierlichkeiten gibt es anlässlich der 150-jährigen Betriebsaufnahme des Kaiserbahnhofs nicht. Das war nach der Inbetriebnahme im Oktober 1875 noch anders. Das ein Jahr zuvor errichtete schmucke Gebäude an der Eisenbahnstrecke von Köln nach Trier war Repräsentationsbahnhof für den Kaiser-Besuch. Nicht selten säumten Hunderte Menschen die eigens als breite Allee angelegte Kaiserstraße, um das Herrscherpaar sehen zu können.
Laut Stadtarchiv berichtete einst ein Augenzeuge gar von tausenden Schülerinnen und Schülern des Landkreises Köln, die, mit Fähnlein versehen, unter Aufsicht des Lehrpersonals am Weg aufgestellt waren, um dem Herrscher zuzujubeln. Mit einem Böllerschuss wurde die baldige Ankunft von Kaiser und der Kaiserin angekündigt.
Prächtiger gestaltet als die übrigen Haltestellen entlang der Eifelstrecke
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rückten Bahnhöfe häufiger in den Blickpunkt. Sie waren Ausdruck der Moderne und Aushängeschilder der Städte. Schließlich galten Lokomotiven als Wunderwerke der Technik. Für das damalige Staatsoberhaupt Kaiser Wilhelm I. hatte der Bahnhof in Kierberg zudem ganz praktischen Nutzen. Von dort aus pflegte er mit Reichskanzler Otto von Bismarck, Generalfeldmarschall Albrecht von Roon und Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke zu den Manövern des Militärs in der Eifel zu fahren.
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Das war gleichsam der Grund dafür, den Brühler Bahnhof prächtiger zu gestalten als die übrigen entlang der Eifelstrecke. Die hohen Herren und ihr Gefolge erklommen dort eine Freitreppe, die hinaufführt zu drei Bogenöffnungen. Über einen Empfangsraum ging es dann zum Bahnsteig, wo der dampfbetriebene Zug auf einem eigenen Gleis wartete.
Die preußischen Architekten schufen insgesamt eine feudale Idylle mit Bögen, Säulen und einem weithin sichtbaren Turm, der an die deutschen Burgen der Vergangenheit erinnern sollte. Der Prunk passte. Denn Kaiser Wilhelm wohnte bei seinem Besuchen in Brühl nicht minder prächtig. Er nächtigte im Schloss Augustusburg.
Der Kaiserbahnhof hatte aber auch seinen Charme für das Bürgertum. So schloss man an den Rechteckbau mit seinen Räumlichkeiten für den Bahnbetrieb einen pavillonartigen Restaurationstrakt an sowie eine doppelreihige Pergola als Sitzraum für die Gäste im Freien. Sie umgrenzt in Verbindung mit dem Musikpavillon ein großes, ursprünglich gärtnerisch gestaltetes Terrassenareal. In der Kneipe im Inneren des Gebäudes soll der in Brühl aufgewachsene Künstler Max Ernst häufig zu Gast gewesen sein.

Der Biergarten verfügt noch heute über einen schmucken Musikpavillon.
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Die illustre Geschichte verblasste jedoch in den Jahren nach dem Krieg. Pflanzen überwucherten Teile des Baus, der zusehends verfiel. In den 1970er-Jahren wurde gar ein Abriss des Bahnhofs in Erwägung gezogen. Das Veto des Landeskonservator verhindert dies. Und nur wenige Jahre später wurde der Kaiserbahnhof zeitweilig zum angesagtesten Biergarten der Stadt. Nach Unterbrechungen ist der Biergarten heute wieder in Betrieb.
„Gott sei Dank ist das Gebäude nicht abgerissen worden“, sagt Hans-Georg Konert, Vorsitzender der Dorfgemeinschaft Brühl-Kierberg. „Wir sind stolz auf den Kaiserbahnhof und froh, dass wir ihn haben“, so Konert auch mit Blick auf den Park mit seinen alten Bäumen, den einst Gärtnermeister Stefan Schäfer anlegen ließ. Auch das Restaurant und der Biergarten sind heute wieder von Bedeutung. Denn die meisten anderen gastronomischen Betriebe in Kierberg haben in den vergangenen Jahren aufgegeben.

An der Südseite des Gebäudes befindet sich heute ein im Sommer beliebter Biergarten.
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Den Krieg überstand der Prachtbau ohne größere Schäden
Das Empfangsgebäude des Kaiserbahnhofs wurde bereits 1874 vollendet. Die ersten Züge hielten in Kierberg im Oktober 1875. Der Raum hinter der Vorhalle im Erdgeschoss diente als Vestibül, im Eckeinbau waren Portiersloge sowie Stationsbüro untergebracht. Auch befanden sich im Gebäude Büro und Wohnung des Inspektors sowie Warteräume – getrennt nach Klassen. Neben seiner Funktion als Repräsentationsgebäude diente der Bahnhof bereits im 19. und frühen 20. Jahrhundert als gastronomisches Ausflugsziel. Den Zweiten Weltkrieg überstand das Gebäude ohne nennenswerte Beschädigungen. Weil der durch den Braunkohleabbau zwischenzeitlich bedeutsame Güterverkehr sich in den 1960er-Jahren verringerte, wurden Teile der Gleisanlagen abgebaut.
Kierberg wurde zu einem Haltepunkt, das Gebäude und der Park verfielen. Die Deutsche Bundesbahn errichtete einen kleinen Bungalow, aus dem Fahrkarten verkauft wurden. 1977 erwarb ein Investor das Gebäude und eröffnete dort einen Gastronomiebetrieb. 1984 wurde das Empfangsgebäude unter Denkmalschutz gestellt. Eine Kernsanierung des Empfangsgebäudes wurde im Juni 2010 mit der Neueröffnung eines Gastronomiebetriebes abgeschlossen. (wok)