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WoolinaleInternationales Wollkunst-Festival in der Kölner Messe ist politisch

Lesezeit 4 Minuten
Kunstinstallationen aus Wolle.

Arbeiten von 60 Künstlern aus 20 Ländern zeigt die Woolinale

Streetart aus Wolle: Das zeigt bis Sonntag die Woolinale am und im Eingang Süd der Kölner Messe. Der Eintritt ist frei.

Guerilla Knitting nennen es die einen, Radical Stitching oder Yarn Bombing die anderen. Gemeint sind gehäkelte oder gestrickte Kunstwerke im öffentlichen Raum. In Köln sieht man sie vorwiegend in der eher dekorativen Form von mit bunten Maschen ummantelten Pollern. Aber es geht auch sehr viel expressiver. Das beweist die Woolinale, die erstmals parallel zur Messe „h+h Cologne“ im Foyer des Eingangs Süd stattfindet. 59 Künstlerinnen und ein Künstler aus 20 Ländern zeigen bis zum Sonntagnachmittag ihre Woll-Werke.

„Ich finde es mega und sehr inspirierend“, sagt Nicola Eigen aus Münster. Eigentlich ist sie zur Handarbeitsmesse gekommen, weil sie gerne strickt. Socken für krebskranke Frauen. Jetzt sitzt sie inmitten der Ausstellung Woolinale und strickt an einer Mitmach-Installation für den Frieden. Auf Bauzäunen um die herum sind die internationalen Werke angebracht. „Wir wollten die Bedingungen von draußen in der Ausstellung transportieren“, sagt Organisatorin Elke Hahn.

Yarn Bombing ist keine Sachbeschädigung

Die Stuttgarterin macht selbst seit Jahren Yarn Bombing. „Von Hamburg bis München hänge ich meine Arbeiten im öffentlichen Raum“, sagt sie. Rechtlich sei das eine „Grauzone“. „Anders als  Graffiti, erfüllt Yarn Bombing nicht den Tatbestand der Sachbeschädigung“, erklärt die 61-Jährige, die es wissen muss. Schließlich ist sie im Hauptberuf Angestellte des Ordnungsamtes. Mit einer Schere ist die weiche Wolle ruckzuck wieder entfernt. Schaden anrichten kann sie nicht.

Aber bewegen kann „die kleine Schwester des Graffito“, durchaus. Sei es die Mundwinkel, die sich bei vielen der bunten Werke unwillkürlich zu einem Lächeln nach oben ziehen, sei es das Hirn. Von verspielt bis hin zu provokant und politisch motiviert reichen die Aussagen. Beispielsweise bei der Installation „Homelessness“ von Elena Biancardi. Sie hat detailreich einen Obdachlosen nebst Hund aus Wolle gefertigt. Daneben hängt der Aufruf, für das Projekt „Housing First“ zu spenden.

„Ich möchte den Leuten einfach ein Lächeln auf die Lippen zaubern“, sagt dagegen die Britin Eleonora Tully. Sie hängt ihre gehäkelten bunten Bilder, die freundliche naive Szenen darstellen, in ihrer Heimatstadt  Brighton auf. Menschen ermutigen und die Welt ein Stückchen besser machen, möchte  Alisha Soto aus New York.  „You are enough“, du genügst, oder „you are loved“, du bist geliebt, steht unter ihrem großen Häkelbild mit dreidimensionaler Palme.

Sie hängt es an unterschiedlichen Stellen der Stadt auf. In einer Flasche können Passanten Botschaften hinterlassen. „Die Botschaften sammle ich und mache damit das nächste Werk“, sagt die 35-Jährige.

„Wir orientieren uns an der mexikanischen Kultur“, sagen Regina Santos-Coy und Balbina T.Clasing vom „Collective Tragos y Tellos“ aus Mexiko City. Die jungen Frauen zeigen in Köln traditionelle Masken, die sie mit Garn nachempfunden haben. „Es gibt beim Yarn Bombing eine große internationale Community. Wir sind extra nach Köln gekommen, um viele endlich einmal live zu treffen“, sagt Regina Santos-Coy.

Nicht weit fahren mussten indes Doro Egelhaaf und Doris Dietzholt aus dem Ensemble der Kölner Stunksitzung. Die beiden zeigen das bombastische gehäkelte und gestrickte Bühnenbild der Stunksitzung. Zweieinhalb Jahre haben sie, Martina Klinke und viele fleißige Helfer am Korallenriff und den Kostümen wie Loreley, Oktopus, Vater Rhein oder Schildkröte gearbeitet.

Geschuldet war die Arbeit Corona – und den ausgefallenen Stunksitzungen. „Am Anfang haben uns viele belächelt und dachten, häkeln bedeutet nur Topflappen. Jetzt haben wir große Unterstützung im Ensemble“, sagt Egelhaaf.

Ab 28. April bis Oktober sind die kölschen Korallen in Mühlheim, in direkter Nachbarschaft zum E-Werk, im Foyer der Schanzenstrasse 22 zu sehen. „Das Foyer der Immobiliengesellschaft Jamestown hat neben den Studios von Brainpool flexiblen Platz für die Korallen geschaffen. Wir wollen dort verschiedene Veranstaltungen rund um die Themen Nachhaltigkeit und Korallenschutz anbieten“, sagt Egelhaaf.


Die Woolinale läuft bis Sonntag, 2. April, am Südeingang der Messe. Der Eintritt ist frei. Die Öffnungszeiten sind Samstag von 9 bis 18 Uhr und Sonntag von 9 bis 17 Uhr.

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