„Das ist mir alles zu anstrengend“Broder verzichtet wegen Kritik auf Voß-Preis

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Henryk M. Broder

Henryk M. Broder im Jahr 2013.

Ottendorf – Schriftsteller Henryk M. Broder (71) verzichtet auf den Johann-Heinrich-Voß-Preis für Literatur und Politik der niedersächsischen Stadt Otterndorf. „Da läuft eine Kampagne gegen mich, gegen die ich mich nicht zur Wehr setzen will. Das ist mir alles zu anstrengend“, sagte der Autor („Kein Krieg, nirgends: Die Deutschen und der Terror“) am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. „Welt“-Herausgeber Stefan Aust, der Sprecher der Jury ist, sagte: „Ich habe großes Verständnis für seine Entscheidung und finde es zugleich bedauerlich, dass ein kritischer Journalist derartig diffamiert wird.“ 

Broder ist gegen eine liberale Flüchtlingspolitik und hat etwa als Unterstützer der rechtskonservativen „Erklärung 2018“ für Aufsehen gesorgt. Darin heißt es: „Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschädigt wird.“ Kritiker werfen ihm vor, sich menschenverachtend über Geflüchtete zu äußern. Dass der 71-Jährige als Persönlichkeit geehrt werden sollte, die sich um Humanismus, Aufklärung, Menschlichkeit und Freiheit verdient gemacht hat, stieß auf Ablehnung. Broder selbst sagte, er kritisiere die Flüchtlingspolitik, nicht die Flüchtlinge. 

Schaden vom Voß-Preis abgelenkt

Der Stadtdirektor in Otterndorf, Harald Zahrte, zeigte Verständnis für Broders Entscheidung. „Wir respektieren es sehr, dass er durch sein Handeln einen Schaden von dem Voß-Preis abgewendet hat.“ Die Entscheidung für Broder bereue er nicht. Auch Johann Heinrich Voß sei ein streitbarer Schriftsteller gewesen und habe provoziert. Die Debatte um den Umgang mit Flüchtlingen sei wichtig. „Es ist eine gesellschaftspolitische Auseinandersetzung, die geführt werden muss.“ 

Der mit 10 000 Euro dotierte Preis wird seit 2000 alle drei Jahre verliehen. Er ist nach dem Dichter Johann Heinrich Voß (1751-1826) benannt, der sich als Übersetzer der homerischen Epen „Ilias“ und „Odyssee“ einen Namen machte. 2015 war er an den damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gegangen.  (dpa)

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