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Nach Ausladung in BelgienBerlin und Köln stellen sich hinter Dirigent Lahav Shani

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Der Dirigent Lahav Shani

Der Dirigent Lahav Shani

Das Flanders Festival strich den Auftritt des israelischen Dirigenten, weil er sich nicht vom ‚genozidalen Regime‘ distanzierte. Nun reagieren deutsche Kulturinstitutionen mit demonstrativer Unterstützung.

Im belgischen Gent wurde ihr Auftritt aus politischen Gründen gestrichen, nun sind die Münchner Philharmoniker mit dem israelischen Dirigenten Lahav Shani kurzfristig zum Musikfest Berlin geladen. Mit dem Konzert am Montag solle ein Zeichen gesetzt werden „für die verbindende Kraft der Kunst, die Grundwerte unserer demokratischen Gesellschaften in Europa und gegen Antisemitismus, Diskriminierung und den Boykott in Kunst und Wissenschaft“, teilten die Organisatoren mit.

Unterstützung von der Kölner Philharmonie

Und auch die Kölner Philharmonie, deren Porträtkünstler Lahav Shani in dieser Spielzeit ist, stellt sich hinter den jungen Dirigenten: „Lahav Shani hat sich stets für die Verständigung und Frieden ausgesprochen, ihn nun auszuladen, weil er auch Chefdirigent des Israel Philharmonic Orchestra ist, diese Haltung entsetzt uns zutiefst“, sagt Ewa Bogusz-Moore, Intendantin der Kölner Philharmonie. „Musik und das gemeinsame Musizieren kann Brücken bauen, dafür ist Lahav Shani ein gutes Beispiel, ihm nun das Gegenteil vorzuwerfen, ist geradezu absurd.“

Das belgische Flanders Festival Ghent hatte den in Tel Aviv geborenen Shani kurzfristig ausgeladen, weil dieser auch Musikdirektor des Israel Philharmonic Orchestra sei. Im Lichte dieser Rolle von Shani sei man nicht in der Lage, für „die nötige Klarheit“ zu seiner Haltung gegenüber dem „genozidalen Regime“ in Israel zu sorgen, hieß es in einer Erklärung auf der Homepage des Festivals. Hintergrund ist der Streit über das israelische Vorgehen im Gazastreifen nach dem tödlichen Angriff der palästinensischen Terrorgruppe Hamas vom 7. Oktober 2023. Israels weist den Vorwurf des Völkermords zurück.

Antisemitismus-Vorwürfe und politische Reaktionen

Die Ausladung löste in Deutschland scharfe Reaktionen aus. Dem belgischen Festival wurde Antisemitismus vorgeworfen. Die deutsche Botschaft in Belgien beendete ihre Zusammenarbeit mit dem Festival, wie eine Sprecherin bestätigte. Zuvor hatte die „Jüdische Allgemeine“ berichtet.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will den Vorfall zum Thema mit seinem belgischen Amtskollegen Bernard Quintin machen, wie er Welt TV sagte. „Ich finde die Situation absolut inakzeptabel.“

Belgische Stellungnahme zur Kritik

Auf die Kritik reagierte der belgische Ministerpräsident Bart De Wever. Er schrieb auf der Plattform X, die Entscheidung des Festivals sei zu Recht als antisemitisch bezeichnet worden und habe dem Ansehen Belgiens schweren Schaden zugefügt. „Jemandem allein aufgrund seiner Herkunft ein Berufsverbot aufzuerlegen, ist sowohl leichtsinnig als auch unverantwortlich.“ Die „beispiellose Forderung“, dass Künstler „schriftliche Erklärungen zu ihren politischen Ansichten abgeben müssen“, sei „beunruhigend“.

Experten und Künstler gegen Gesinnungsprüfungen

Die Absage aus Gent hatte auch der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, im Gespräch mit der Funke Mediengruppe als „puren Antisemitismus“ bezeichnet. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, wies darauf hin, dass es der in Deutschland gebräuchlichen Definition der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken zufolge antisemitisch sei, Jüdinnen und Juden für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen.

In den „Tagesthemen“ der ARD hatte sich auch der Pianist Igor Levit, der mit Shani zusammenarbeitet, geäußert: „Es ist eine neue Stufe der schockierenden Akte in den vergangenen zwei Jahren im kulturell-politischen Bereich. Es ist nicht anders zu bewerten als klassischer, ekelhafter Antisemitismus. Und Feigheit.“

Die Schriftstellerin und Juristin Eva Menasse sagte dem Radiosender NDR Kultur: „Wir kommen nicht weiter, wenn wir beginnen, Sänger und Musiker Gesinnungsprüfungen zu unterziehen, von denen abhängt, ob sie auftreten dürfen. Das ist falsch und das ist ideologisch verbiestert!“ (dpa/afp/HLL)

Lahav Shani in Köln: Am 5. November mit dem Israel Philharmonic Orchestra, am 1. Februar mit den Münchner Philharmonikern und am 7. Juni mit dem Rotterdams Philharmonisch Orkest und der Solistin Martha Argerich.