BGH-UrteilTina Turner verliert im Rechtsstreit gegen Doppelgängerin

Lesezeit 3 Minuten
Turner und Doppelgängerin

Tina Turner (l.) und Turner Darstellerin Dorothea "Coco" Fletcher 

Karlsruhe – Dorothea „Coco“ Fletcher sieht Tina Turner ähnlich und kann auch noch singen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten performt sie nach eigenen Angaben die Songs des Superstars. Sie liebe das Tempo beim Hit „Nutbush City Limits“, sagt Fletcher. Und sie möge den Schmusesong „Private Dancer“, „weil er das genaue Gegenteil ist“.

Ideale Voraussetzungen für eine Tribute-Show, dachte sich wohl ein bayerischer Veranstalter. Doch er hatte die Rechnung ohne die Rocklegende gemacht: Die echte Tina Turner klagte auf Unterlassung, weil die Doppelgängerin ihr zu ähnlich sehe und Werbeplakate für „Simply The Best – Die Tina Turner Story“ den Eindruck erweckten, der Weltstar selbst stehe auf der Bühne oder unterstütze die Show. Der Rechtsstreit durch die Instanzen endete nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) – mit einer Niederlage für die inzwischen 82 Jahre alte Turner.

Kunstfreiheit siegt über Persönlichkeitsrecht

In diesem Fall überwiege die Kunstfreiheit das Persönlichkeitsrecht, entschieden die obersten Zivilrichter in Karlsruhe. Die umstrittenen Plakate erweckten nicht den Eindruck, das prominente Original unterstütze die Show oder wirke gar mit, erläuterte der Vorsitzende Richter Thomas Koch.

Oliver Forster, Geschäftsführer der auf Unterlassung beklagten Firma Cofo Entertainment aus Passau, sagte, er sei „überfroh, dass wir jetzt nach über zwei Jahren diesen Rechtsstreit endlich beilegen konnten“. Das Urteil betreffe zwar den Einzelfall, sei aber für die gesamte Branche der Tribute-Shows, Musical-Biografien und die vielen Doppelgänger „richtungsweisend“. Von Turners Anwältin gab es zunächst keine Reaktion.

In der Urteilsbegründung machte Koch deutlich, dass der Veranstalter in Turners Recht am eigenen Bild eingegriffen habe. Für einen nicht unerheblichen Teil des Publikums könne der täuschend echte Eindruck entstehen, es handele sich um die Dargestellte selbst. Doch sei nicht Turner auf den Plakaten zu sehen, sondern Fletcher. Es würden keine falschen Tatsachen behauptet, die andere Interpretationen nahelegten.

Genau hier zieht der BGH eine Grenze. Die Entscheidung ist laut Michael Fricke, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Partner bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland, kein Freibrief für jegliche Nutzung von Namen und Abbildungen von Prominenten zu Werbezwecken. „Für die klassische Produktwerbung gilt weiterhin, dass niemand sich gefallen lassen muss, dass seine Person ungefragt zu kommerziellen Zwecken vermarktet wird“, teilte er mit.

Kölner Landgericht gab Tina Turner zunächst Recht

Im Fall Turner hatte das Kölner Landgericht der US-Sängerin Anfang 2020 Recht gegeben. Das Oberlandesgericht Köln kassierte das Urteil allerdings noch im selben Jahr. Es gewichtete ebenfalls die Kunstfreiheit höher als das Recht am eigenen Bild und Namen.

Veranstalter Forster geht davon aus, dass der Impuls aber nicht von Turner selbst kam. Denn 2019 feierte „Tina – Das Tina Turner Musical“ in Hamburg Deutschland-Premiere. Es wurde von Stage Entertainment und – im Unterschied zur „Tina-Turner-Story“ – in enger Zusammenarbeit mit der Musiklegende selbst entwickelt. „Hier geht’s natürlich darum, einfach einem unangenehmen Mitbewerber wie uns am Markt das Leben schwer zu machen – oder im besten Fall es dadurch zu schaffen, dass unsere Show nicht mehr gespielt werden kann“, sagte Forster. Forster und Fletcher machen das auch daran fest, dass die „Queen of Rock’n’Roll“ nie selbst Kontakt zu ihnen aufgenommen habe. Alles sei über Anwälte gelaufen.

Der Rechtsstreit sei ein willkommener Werbeeffekt gewesen, räumte Forster ein. „Wir haben das auch an den Verkaufszahlen gemerkt.“ Nach coronabedingten Verschiebungen und Absagen sind derzeit rund 40 Auftritte geplant. „Natürlich ist es nach wie vor auch irgendwo ein besonderes Lob, wenn die originale Tina Turner der Meinung ist, dass die Darstellerin in unserer Show ihr so ähnlich sieht“, sagte Forster. (dpa)

Rundschau abonnieren