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Probenbesuch bei „Cats“So hart wird für die Auftritte in Köln gearbeitet

Lesezeit 4 Minuten
Michael Robert-Lowe spielt „Old Deuteronomy“.

Michael Robert-Lowe spielt „Old Deuteronomy“. 

„Cats“ ist eines der beliebtesten Musicals. Im August ist es in der Kölner Philarmonie zu sehen.

30 kostümierte Erwachsene, die so tun, als seien sie Katzen? Das klingt nicht nur verrückt, das ist es auch - bis zu einem gewissen Punkt: Bis Andrew Lloyd Webbers Idee, aus einer Gedichtsammlung von T.S. Elliot ein Musical zu machen, zum Erfolg wurde - ein Erfolg seit der Premiere 1981 in London, der sich in den letzten 40 Jahren fortgesetzt und gehalten hat.

Die Show tourt weiterhin um die Welt, in diesem Jahr ist wieder einmal Deutschland dran: Im Rahmen des Sommerfestivals ist der Klassiker vom 6. bis 17. August in der Kölner Philharmonie zu sehen.

Langjährige Choreographin

Im Herbst erst war man mehrere Monate lang in Asien unterwegs. Ein großer Teil der Cast ist wieder mit von der Partie, aber auch eine ganze Reihe von Neuzugängen. Um beide Gruppen zu einem funktionierenden Ensemble zusammenzufügen, heiße für die „Alten“ alles auf Anfang, erklärt Chrissie Cartwright. Sie arbeitet seit 1986 für „Cats“, zunächst als Assistentin der legendären Choreographin Gillian Lynne. Heute betreut sie neben „Cats“ unter anderem „Phantom of the Opera“.

In New York bereitet sie gerade eine US-Tour von „Phantom“ vor. Hier wie dort sei es das Eine, die richtige Person für die richtige Rolle zu finden. „Aber Tourneeleben ist anstrengend, und nicht jeder eignet sich dafür.“

„Cats“-Proben mit Choreographin Chrissie Cartwright.

„Cats“-Proben mit Choreographin Chrissie Cartwright.

Allen, die es auf sich nehmen, alle paar Wochen oder auch alle paar Tage weiterzuziehen, gibt sie einen wichtigen Ratschlag: „Es ist wichtig, dass sie nicht nur in ihrem Hotelzimmer bleiben. Meine Tochter war gerade mit einer anderen Show in China unterwegs. Und ich habe ihr gesagt, Nutz die Chance, vielleicht kommst du nie wieder nach China, guck dir alles an! Auch wenn der Job anstrengend ist, die Show ist nur ein Teil deines Lebens, sie ist nicht alles.“

Und das bestätigen auch Cast-Mitglieder wie Lucy May Barker („Grizabella“), Michael Robert-Lowe („Old Deuteronomy“) und Russell Dickson („Munkustrap“). Es sei ein wenig, wie auf Klasenfahrt zu gehen.

Freiheit bei der Gestaltung

Shem Omari James erfährt gerade, wie es ist der Neue in der „Cats“-Klasse zu sein. Was sich jedoch schnell als unproblematisch herausstellte. Zu sehr scheinen alle Chrissie Cartwrights Vorgabe „Alles auf Anfang“ verinnerlicht zu haben. Ein „So haben wir das aber beim letzten Mal auch gemacht“ gibt es nicht.

Es sei vielmehr überrascht gewesen, wie viel Freiheit er habe, den „Rum Tum Tugger“ zu gestalten. „Ich hatte gedacht, das sei eine vorgefertigte Show, und man spielt die Rolle so, wie es vorgegeben wird. Aber ich muss nicht exakt so spielen wie die Person vor mir.“

Casting als großes Puzzle

Und so achtet Chrissie Cartwright bei jedem Casting-Prozess darauf, die richtige Persönlichkeit zu finden. „Es ist wie ein großes Puzzle.“ In den meisten Musicals wie auch in Opern oder Theaterstücken gibt es ein, zwei Haupt- und eine Reihe von Nebenfiguren. Bei „Cats“ hat fast jede und jeder einen Soloauftritt, ein eigenes Lied. Grizabella singt mit „Memory“ zwar das berühmteste Lied, aber steht nicht mehr im Rampenlicht als andere.

Ein anderes Auswahl-Kriterium: „Ich suche nach Menschen, die unbedingt dabei sein wollen.“ Und das nicht nur, um einen Job zu haben. Die etwa in „Cats“ mitspielen wollen, seit sie als Kind die Bühnenfassung auf einer VHS-Cassette gesehen haben.

Lucy May Barker probt ihren Auftritt als Grizabella.

Lucy May Barker probt ihren Auftritt als Grizabella.

Oder wie Lucy May Barker das Musical sogar live gesehen hat: „Ich war acht und kann mich noch so gut daran erinnern, wie es war, als die Katzen durchs Publikum kamen. Meine Eltern haben mir letztens erst ein Foto geschickt von dem Programmheft, das wir damals gekauft haben.“

Auch für Shem Omari James schließt sich ein Kreis: „Ich sollte den ‚Rum Tum Tugger’ schon einmal in einer Revue mit Lloyd-Webber-Songs singen, aber am Tag vor der Show wurde das Lied gestrichen. Als ich also zum Casting kam, wusste ich genau, welche Rolle ich wollte.“

Film-Flop schadet der Show nicht

Was nicht immer zum Erfolg führen muss: Oft passiere es, erzählt Chrissie Cartwright, dass man jemanden überzeugen müsse, dass er oder sie sich für eine andere Figur besser eignete. „Denn die Menschen kennen oft ihre eigenen Stärken nicht so gut, aber dann muss man ihnen das neue Angebot eben gut verkaufen.“ Wie das geht, lernte sie von Trevor Nunn, dem Original-Regisseur von „Cats“. „Er hat dann geschrieben und erklärt, warum er gerne hätte, dass sie etwa Munkustrap spielen und dass er so gerne mit dieser Person an dieser Rolle arbeiten würde. Und das hat immer funktioniert!“

Was nicht richtig gut funktionierte, war die Filmversion, die vor einigen Jahren ins Kino kam und die - trotz Stars wie Judi Dench, Taylor Swift oder Ian McKellan - komplett verrissen wurde und an der Kinokasse floppte. Das habe sich aber nicht auf die Popularität der Bühnenshow ausgewirkt, ist sich Chrissie Cartwright sicher. „Ich glaube, dass ‚Cats’ im Theater einfach besser funktioniert.“ Hier sei man einfach eher gewohnt, sich darauf einzulassen, dass Menschen vorgeben etwas zu sein, was sie nicht sind. Auch bei 30 verkleideten Erwachsenen, die so tun, als seien sie Katzen.