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Erwin WortelkampMuseum Ludwig in Koblenz zeigt naturbezogene Kunst

3 min
Der Bildhauer Erwin Wortelkamp .

Der Bildhauer Erwin Wortelkamp.

Insgesamt 240 Arbeiten des Künstlers Erwin Wortelkamp zeigt das Museum Ludwig in Koblenz.

Ein zweiteiliges Wellenband fließt ineinander, wobei jedes Stück auf einem einzelnen Sockel steht. Geformt wurde es aus marmorähnlichem Gips. Die zusammengehörende Zweier-Skulptur von Erwin Wortelkamp wurde 1986 angefertigt. Anders als zu erwarten, zeigt der 1938 in Hamm an der Sieg geborene Künstler im Koblenzer Museum Ludwig nicht allzu viele seiner splissigen Holzskulpturen. Bekannt wurde er gerade durch sie 1986 bei Hasselbach „Im Tal“ im Westerwald.

Mediterrane Farbenfreude

Dort versuchte er, die Grenzen zwischen belassener Natur und kulturellen Eingriffen im Dialog mit seinen Bildhauerkollegen auszuloten. Schon damals ging es um eine einfühlsame und naturbezogene Land-Art. Etwa zur gleichen Zeit fand der vielseitige Künstler in Acquaviva Picena, einem hochgelegenen Festungsort in Italien nahe der Adriaküste, ein zweites Domizil. Widergespiegelt wird seine künstlerische Arbeit nun im Museum Ludwig am Deutschen Eck in einer großen Ausstellung, kuratiert von Beate Reifenscheid, mit insgesamt 240 Arbeiten auf Papier, Prägedrucken, Holzschnitten und rund 20 Skulpturen.

In der unteren Etage des Museums ist das in den Farben dunkler gehaltene Frühwerk zu sehen, während einen Stock höher voll die mediterrane Farbfreude aufblüht. Hier lernt der Künstler die Orangenpflückerfreuden und die Kraft der Oliven kennen. Hier entsteht die zarte Bilderreihe „Vielleicht ein Blatt“ 2015, während er einst seine allererste Skulptur 1976 „Vielleicht ein Baum“ genannt hatte.

Der heutige Ausstellungstitel „Durchdringungen“ hat also durchaus Kontinuität durch die Jahrzehnte. Von konzeptuellen Skizzen ausgehend, zeigt Wortelkamp in verschiedensten Arbeiten auf Papier, in Malerei und Zeichnung ebenso wie in seiner (politischen, ziemlich aktuell anmutenden) Auseinandersetzung mit der „Wohnbaukunst“ 1974 in einem Objektkasten.

Haupt aus einem Holzblock

Die Schau beginnt mit konstruktiven Aluminiumgüssen des examinierten Kunststudenten der Münchener Kunstakademie 1967 und mit einem Seil, das an der Decke hängt und bald wie eine lose Girlande, bald im Durchlauf durch ein Rohr starr geführt wird. Immer schon beschäftigte sich der Künstler mit dem, was unter oder hinter der Oberfläche steckt, was sich verändert, damals „Permeation“ genannt. Dieser Weg führt bis zu einer „Luft- oder Meditationskabine“ und unversehens kommt dabei immer der Mensch selbst ins Spiel.

Hier mit einem „Haupt“, expressiv aus einem Holzblock mit der Kettensäge herausgeholt, dort reduziert auf die menschliche Hand, die dann selbst in die dunkle Farbgebung verschmierend mit allen fünf Fingern eingreift. Mit langgezogenen, weißlich eingeschlemmten Skulpturen hat er 2016 Lehmbruck im Blick. Und sein jüngstes Spiel mit verbrannten Holzstücken lässt dann wieder ganz andere Assoziationen zu. Ebenso 2020 ein Bild mit Fichtennadeln.

Aufmüpfen gegen gewohnte Ordnung

„Ergo sum“ (Also bin ich) ist in großen Buchstaben zu lesen. Aber nicht das Rousseausche „Cogito, ergo sum“ schält sich aus dem Informel heraus, sondern ein „Ambulo, ergo sum“ (Ich gehe…also bin ich) und so kommt die unablässige Bewegung ins Spiel, die von der Natur vorgegeben ist und zugleich den Künstler in Atem hält, so dass er nie das Gleiche machen kann oder will.

Und man sieht, was sich zu Beginn seiner künstlerischen Arbeit vielleicht noch streng konstruktiv oder konkret unter die technische Machbarkeit und Fortschrittsgläubigkeit der ersten Nachkriegsjahrzehnte einordnen lässt, wird zunehmend expressiver, zerfahrener, fragwürdiger, fast bedrohlich im Aufmüpfen gegen gewohnte Ordnungen in den 80er Jahren, und schließlich wieder lyrischer unter dem Eindruck Italiens.

Bis 24. August, Di bis Sa 10.30 – 17 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 11 -18 Uhr. www.ludwigmuseum.org