Gaea Schoeters lässt in ihrem Buch „Das Geschenk“ eine Elefantenherde durch die Hauptstadt trampeln. Im Kölner Literaturhaus erklärte sie, warum Angela Merkel ihre Lieblings-Leserin wäre.
Die Elefanten erobern BerlinGaea Schoeters stellt „Das Geschenk“ im Kölner Literaturhaus vor

Die Autorin Gaea Schoeters.
Copyright: Thomas Brill
Was für ein Idyll: Der Elefant senkt seinen Rüssel ins Wasser und trinkt begierig. Nur eben nicht in freier Wildbahn, sondern an der Spree, direkt gegenüber dem Reichstag. Und er ist nicht allein. Artgenossen lähmen den Verkehr an der Siegessäule oder schlagen eine Verwüstungsschneise durch den Tiergarten-Park. Berlin wird belagert.
Lektüre im Bordbistro
Die Belgierin Gaea Schoeters kostet diesen eskalierenden Ausnahmezustand in ihrem Roman „Das Geschenk“ virtuos aus, den sie nun mit ihrer Übersetzerin Lisa Mensing im ausverkauften Kölner Literaturhaus vorstellte.
Aufs tierische Thema stieß die niederländisch schreibende und bestens Deutsch sprechende Autorin im April 2024 bei der Zeitungslektüre im Bordbistro der Deutschen Bahn. Tatsächlich kritisierte der Präsident von Botswana Deutschlands verschärfte Einfuhrgesetze für Elfenbein, da sein Land an einer Überpopulation von Dickhäutern leidet. Letztere vernichten Ackerland, zertrampeln Dörfer und töten dabei auch Menschen.
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Von den 150.000 Elefanten wolle er der Bundesrepublik gern 20.000 schenken. Dazu kam es bekanntlich nur in Schoeters' Buch, wobei die Autorin froh ist, „dass ich mich nicht um die Logistik kümmern musste – bei mir sind die Tiere einfach auf magische Weise da“.
Allerdings hat die 49-Jährige, die auch Opernlibretti und Theaterstücke schreibt, in etlichen Dokumentarfilmen die Eigenarten der Elefanten studiert. Bald droht Berlin an deren Dung zu ersticken, während die hyperventilierende Politik um Lösungen ringt.
Neokoloniale Bevormundung
Kanzler Hans Christian Winkler ernennt rasch eine Bundesbeauftragte für Elefantenangelegenheiten, während sein Rechtsaußen-Konkurrent Holger Fuchs gegen die „Afrikanisierung Deutschlands“ wütet und die Länder um Aufnahmequoten für die Rüsseltiere streiten. Bayern blockiert natürlich. Trotz zeitkritischer Widerhaken klingt der Ton des Buchs gegenüber Schoeters’ Vorgänger „Trophäe“ satirisch entspannt. Warum? „Ich wollte lange schon über Europas Rechtsruck und die neokoloniale Bevormundung Afrikas schreiben – aber eben so, dass auch Menschen darüber nachdenken, die das sonst nicht täten.“
Die Arbeit musste schnell gehen, weil zu befürchten stand, dass auch andere auf das irrwitzige Sujet anspringen würden. „So habe ich Lisa immer gleich jedes fertige Kapitel zum Übersetzen geschickt, so dass ich dann nichts mehr ändern konnte.“
Manchmal erhob Mensing Einspruch: „Da gibt es eine ehemalige Bundeskanzlerin, die ihr Brötchen mit Lyoner Wurst in den Kaffee tunkt. Das macht hier niemand.“ Tunken gestrichen. Und welchem Politiker würde die Autorin „Das Geschenk“ am liebsten persönlich zu Weihnachten schenken? „Das wäre Angela Merkel. Ich würde sie fragen, ob sie tatsächlich Lyoner Wurst mag.“
Gaea Schoeters: Das Geschenk. Roman, aus dem Niederländischen von Lisa Mensing. Paul Zsolnay Verlag, 144 S., 22 Euro.
