Clowns, die über Leichen gehenHofesh Shechter Company gastiert im Schauspiel Köln

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Führen nichts Gutes im Schilde: die Mitglieder der Hofesh Shechter Company.

Führen nichts Gutes im Schilde: die Mitglieder der Hofesh Shechter Company.

Köln – Bevor es so richtig los geht, wird das Stimmungsbarometer angeworfen. Und mit wessen Musik könnte das am besten funktionieren? Natürlich mit dem Can Can des kölschen Jung, Jacques Offenbach. Da tobt das Publikum im Depot 1 des Schauspiel Köln schon nach zwei Minuten. Aber irgendwie stimmt da etwas nicht.

Tanzen die Akteure der Hofesh Shechter Company zu Beginn ihres Doppelprogramms „Double Murder“ nicht ein wenig zu wild? Darf man in Zeiten des Krieges derart gut gelaunt, ja fast schon hysterisch ausflippen?

Der israelische Choreograph und sein Ensemble tun es einfach. Und es kommt noch dicker.

Zirkus-Romantik und durchgeschnittene Kehlen

Mit Zirkus-Romantik wartet Shechter auf, dazu gibt es Stepptanz, locker und fröhlich dargeboten. Das Stück heißt „Clowns“, und wir wissen, dass im Lachen des Clowns keine reine Freude liegt, sondern stets auch die boshafte Schadenfreude schlummert.

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So beginnt schon bald das Töten. Hier und da wird jemandem die Kehle durchgeschnitten. Heißa, ist das lustig. Andere werden erschlagen oder erschossen.

So geht das über 45 Minuten. Dazwischen eine Mischung aus Volkstanz und Stepptanz. Keine choreografische Offenbarung, aber mit Temperament getanzt, denn die Company weiß, was sie da veranstaltet: Es ist ein groteskes Gemetzel. Die Täter lachen herzhaft über die Opfer, und niemand wird verschont. Wer kniet oder steht, wir getötete, ohne Ausnahme.

Stück verhandelt Kriegszustände

Wie selbstverständlich denkt man an die Horden der Wehrmacht, die im Zweiten Weltkrieg Dörfer und Kleinstädte in der Ukraine und Russland ausradierten. Aber tatsächlich geschieht ja das, was hier getanzt wird, knapp zweitauschend Kilometer östlich in der Realität. Das Lachen vergeht bei der Produktion, die 2016 entstand und in ihrem Sarkasmus hellsichtig die Barbarei unserer Tage prophezeite.

Im zweiten Tanzstück „The Fix“ wird dann mit weniger Aufwand esoterische Heilung propagiert. Die Ensemblemitglieder desinfizierten sich ein ums andere Mal die Hände und umarmen Besucher aus der ersten Sitzreihe. Wie stets bei den von Tanz Köln organisierten Gastspielen zeigte sich das Publikum im Depot begeistert.

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