Unter dem Titel "Möbel mit Geschichte(n) zeigt das Museum für Angewandte Kunst 36 Objekte aus 500 Jahren.
Neue AusstellungMöbel und ihre Geschichten im MAKK

Das Reiseset aus Spa in Belgien galt als beliebtes Souvenir der Badegäste
Copyright: Rheinisches Bildarchiv
Das Biedermeier (1815 bis 1848) mit seinen Vorlieben für das Bürgerliche dürfte für die Emanzipation nicht gerade eine bahnbrechende Epoche gewesen sein. Wie eingeengt das Frauenbild mitunter war, demonstriert ein Möbelstück, das auf den ersten Blick eigentlich ganz putzig und hübsch ausschaut: Das Tafelklavier mit Näh-, Mal- und Toilettennecessaire aus Wien, das Andreas Landschütz um 1820 fabrizierte.
Reihe "Ausgewählt"
Vermutlich unbenutzt stand es wohl vor allem zur Zierde im Wohnzimmer seiner Verwandten Franziska Wesener, geborene Landschütz. Alles wirkt wie neu. Von den Garnröllchen gibt es noch alle, die Tastatur scheint makellos, und der Spiegel im Deckel des kleinen Allroundinstruments ist kein bisschen blind. Manierierte Melodien oder liebliche Handarbeiten dürften damit offenbar nicht allzu viele produziert worden sein. Gut so.
Die Familie Wesener übergab das seltene Stück dem Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK). Nun findet es sich in einer von Anke Ehring findig kuratierten Ausstellung unter dem Titel „Möbel mit Geschichte(n)“, der dritten Kabinettsausstellung der „Ausgewählt“-Reihe. In deren Rahmen präsentiert das MAKK Exponate aus seinen historischen Sammlungen.
Luxuriös, daher verboten
36 Möbelstücke umspannen einen zeitlichen Rahmen von 500 Jahren. Die Schau zeigt, welchen Modetrends und Weltbildern die Besitzer der Schränke, Kommoden, Spieltische oder Prunktruhen (Cassone) aufsaßen. Lilien und Wappen zieren die Mitte des 15. Jahrhunderts in Siena gefertigte Arbeit aus Eisen, Erle und vergoldetem Stuck. Wie Ehring erklärt, diente die große Truhe „als Objekt der Repräsentation und war häufig das teuerste Möbel im Haus.“
Wie Museumsdirektorin Petra Hesse hinzufügt, galten solche Schätze in bürgerlichen Häusern teilweise als zu luxuriös und wurden verboten – damit auch gar keiner auf die Idee kam, die streng gezogene Linie zu höfischen Wohnformen zu übertreten.
Ein Juwel süddeutscher Handwerkskunst Anfang des 17. Jahrhunderts ist der zweitürige Kabinettschrank mit Marketerien (Einlegearbeiten). Feine Intarsien färbten die Tischler mittels eines Pilzes grün. Brandschattierungen im Furnier erlaubten es ihnen, Tiefenwirkung zu erzielen. „Solch erlesene Möbel“, so Ehring, „dienten oft auch zur Aufbewahrung anderer Kostbarkeiten und Sammlerstücke, fanden damit zugleich ihren festen Platz in Kunst- und Wunderkammern“.
Kabinettschränke galten als luxuriöse Möbelstücke, die sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts großer Beliebtheit erfreuten. Unweit steht ein Tisch, der geradezu wie ein Objekt der Pop-Art wirkt. Aber es ist eine Drechselarbeit aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Diese Handwerkskunst setzt Kenntnisse in Mathematik, Perspektiv und räumlicher Vorstellung voraus. Immer wieder wurden auch Herrscher in der Drechselkunst ausgebildet, so laut Petra Hesse auch August der Starke. Es war also eine Art Königsdisziplin.
Lackkästchen mit Liebesszenen
Stattlich wirkt der Kölner Überbauschrank aus dem 17. Jahrhundert. Das Bildprogramm ist klar gegliedert. Ganz unten sind Löwen zu sehen, ganz oben Engel. Matthäus, Markus, Lukas und Johannes sind auf den Türen abgebildet, die dem sogenannten Evangelistenschrank den Namen geben. Das untere Evangelistenpaar besitzt Ähnlichkeiten mit druckgrafischen Vorlagen des flämischen Grafikers Adriaen Collaert (um 1560–1618).
Als Stützen fungieren die Tugenden, darunter Euterpe, die Muse der Musik. Ergänzend zu den Möbelstücken gibt es auch Bilder, Pokale oder Trinkbecher, deren Verzierungen zeigen, nach welchen Vorbildern man sich stilistisch richtete. Im belgischen Spa wurde die Reisetoilette im Lackkästchen mit galanten Liebesszenen im Stil des Rokoko gefertigt, die ein beliebtes Souvenir unter wohlhabenden Reisegästen waren. Die Geigenform der Schachteln war der letzte Schrei.
In die Zukunft schaut die Kuratorin am Ende mit dem geradezu modernistisch wirkenden Sekretärschrank „Trumeau Panoplie“, den Bühnenbildner, Innenarchitekt und Kunsthandwerker Piero Fornasetti in Mailand Mitte der 1950er Jahre baute. Ein Harlekin mit der Champagnerflöte auf den geöffneten Schrankinnenseite erzählt ganz lebenslustige Geschichten.
Bis 31. August, Di bis So, 10 – 18 Uhr . An der Rechtschule 1.