Journalist Martin Nusch hat ein Buch über 111 Orte auf dem Mond geschrieben und dabei von Jules Verne bis Cape Canaveral recherchiert. Im Interview spricht er über neue Mondbegeisterung und die Frage, ob der Mensch auch den Erdtrabanten ruinieren wird.
Kölner Autor über den Mond„Dann wollen wir mal sehen, was davon übrig bleibt"

Seit seiner Kindheit Mond-interessiert: Martin Nusch.
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Für seine Mondrecherche setzte Journalist und Buchautor Martin Nusch ohne Vorwissen bei Null an und landete bei Jules Vernes ebenso wie in Cape Canaveral. Jan Sting sprach mit ihm über seine literarischen Expeditionen.
Sie waren ein halbes Jahr alt, als Neal Armstrong und Buzz Aldrin auf dem Mond landeten. Hat das Ereignis Ihre Kindheit irgendwie geprägt?
Ich bin als Kind mit Comics aufgewachsen. Geschichten mit Raketen gab es bei Disney und natürlich Hergés Tim und Struppi und das spannende Heft „Reiseziel Mond“. Und dann hatte ich ein tschechisches Kinderbuch, da ging es um einen Wettbewerb zwischen einem Mondauto und einem silbrigen Tatra.
Wie sind Sie nun auf die Idee gekommen, ein Buch über 111 Orte auf dem Mond zu schreiben?
Die Mondlandungsgeschichte ist in den letzten Jahren immer wieder ein bisschen hochgekocht. Das waren die Amerikaner mit dem verrückten Elon Musk, der natürlich eher zum Mars will.
Aber der Mond ist tatsächlich eine Zwischenstation auf dem Weg dahin. Plötzlich kamen dann auch so Meldungen von chinesischen und indischen Sachen. Diese Länder sind im Moment unglaublich interessiert daran, als Superakteure auf allen Gebieten wahrgenommen zu werden.
Auch Markus Söder will dabei sein. Zum 100. Jahrestag von Carl Orffs Oper „Der Mond“ regt er an, dass 2039 eine Rakete ins All geschossen und Teil der Neuinszenierung in der Bayrischen Staatsoper sein soll.
Das sollte er aber nicht in München machen. Tatsächlich gibt es ein bayerisches Startup, das gerade einen Raketenstart hinbekommen hat mit einem Satelliten, den es aber irgendwo weit im Norden gestartet hat. Das ist eben genau die Politik, die mit starken Zeichen arbeitet und die bei den Leuten etwas damit bewirkt. Wahrscheinlich ist es eine Möglichkeit, Menschen mit dem Mondthema zu begeistern, auch wenn es im Grunde gaga sein sollte.
Dem Mond wird viel zugemutet. Noch heute liegen dort die Windeln der ersten menschlichen Besucher, Weltraumschrott häuft sich an, und Indien interessiert sich nun für Edelgase. Müssen wir uns langsam Sorgen um den Mond machen?
Wenn der Mensch etwas anfängt, wird er es bestimmt auch kaputtkriegen. Der Mond ist ja relativ groß. Aber wie üblich konzentrieren sich die meisten Forschungsziele auf bestimmte Regionen. Und da wird es wahrscheinlich auch irgendwann Streit geben. Man hat zwar 1967 den Weltraumvertrag gemacht, wo drinstand „Wir sind alle super friedlich. Wir werden uns nicht in die Quere kommen. Wir lassen zu, dass andere auch bei uns gucken dürfen.“ Dann wollen wir mal sehen, was davon übrig bleibt.
In einem Kapitel schreiben Sie, dass Friedrich der Große am 15. Juli 1756 den Mond an einen Verdienten verschenkte. Wie kam er denn auf so eine Idee?
Er war wohl dankbar und hat irgendein nettes Geschenk gesucht. Und wenn man König ist, will man vielleicht doch nicht so viel ausgeben. Er hat offensichtlich etwas verschenkt, was man ihm geglaubt hat, ohne dass es ihn wirklich etwas gekostet hat.
Die 111 Orte, die Sie im Buch erwähnen, kann man nicht alle besuchen. Aber Sie nennen viele Ausflugstipps wie die Volkssternwarte der Geschwister Herschel in Hannover. Was gäbe es denn hier in der Region?
Ich empfehle die Volkssternwarte in Sülz, da steckt ganz viel Herzblut drin. Da sitzen Leute, die sich freuen, wenn man sie etwas fragt.
An welche Zielgruppe richtet sich Ihr Buch?
Der Mond ist ein interessantes Thema, aber nicht jeder hat Lust, sich auf hochwissenschaftliche Fragen einzulassen. Das Buch ist eine leicht geschriebene Sammlung von Mondwissen, das hoffentlich Spaß zu lesen macht.
Und gute Laune macht, denn etymologisch gibt es zu Luna einen Zusammenhang.
Wahrscheinlich hat man es daran festgemacht, dass die Menschen einen Biorhythmus haben. Auch der Mond ist mal hell, mal dunkel. So ist das auch mit unseren Stimmungen. Bei manchen Menschen ist das auch in einem bestimmten Rhythmus so.
Auch die Palolowürmer haben einen festen Termin. Blind wie sie sind, richten sie sich nach dem Oktobervollmond und starten eine Woche später alle synchron zur großen Hochzeit im Südpazifik.
Wenn man nicht schmecken, nicht riechen und nicht sehen kann, muss man vernünftige Verabredungen treffen, wo und wann man sich trifft. Offensichtlich funktioniert das so gut, dass auch die Leute auf Samoa wissen, „in den Nächten können wir raus und ein bisschen Palolo essen“. Das soll wie Kaviar schmecken.