Kölner TheaterIntendantin Beier verabschiedet sich aus Köln

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Die künftige Intendantin des Deutschen Schauspielhauses, Karin Beier.

Die künftige Intendantin des Deutschen Schauspielhauses, Karin Beier.

Köln – Zu ihrem Abschied als Intendantin des Kölner Schauspiels hat Karin Beier Euripides' „Troerinnen“ inszeniert. Am Freitag hatte ihre aktualisierte Fassung des antiken Dramas Premiere. 2007 war Beier Theaterleiterin in der Domstadt geworden. Gemeinsam mit ihrer kenntnisreichen Dramaturgie, ihren fantasievollen Ausstattern und ihren leistungsfähigen Schauspielern führte sie Köln aus einer verfahrenen Theatersituation hinaus, machte das Haus (wieder) zu einer der führenden Bühnen Deutschlands. Jetzt geht sie nach Hamburg, um in der neuen Spielzeit Intendantin des Deutschen Schauspielhauses in der Hansestadt zu werden.

„Die Troerinnen“, 415 v. Chr. uraufgeführt, sind ein klassisches Antikriegsstück. Beier legte ihrer Inszenierung die Bearbeitung Jean-Paul Sartres zugrunde. Der französische Jahrhundertphilosoph wandte sich mit seiner unmissverständlichen Eindeutigkeit, wegen der er angefeindet und bewundert wurde, gegen den Kolonialismus, wie er etwa im Algerienkrieg zum Ausdruck kam. Auch Beier hat ihre Fassung aktualisiert. Die Schauspieler trugen bei der Premiere in der Ausweichspielstätte Expo 1, teils Kostüme des klassischen Altertums, teils Kleidung unserer Epoche.

Die Handlung setzt ein, nachdem die Trojaner überlistet worden sind. Die Griechen brandschatzen die Stadt, metzeln ihre Feinde nieder und versklaven die Frauen. Am tiefsten fällt Hekuba. Die alte Königin hat sowohl ihren Gatten als auch ihren Sohn verloren und soll nun nach Griechenland in die Sklaverei verschleppt werden.

Die bewegendste Szene gelingt Lina Beckmann. Sie verkörpert Andromache. Als ihr ein Grieche eröffnet, ihr Baby solle getötet werden, wird sie zur Löwin. Odysseus hat geraten, das Kind umzubringen, der Junge ist Trojas Kronprinz. Wüchse er heran, könnte er eine Gefahr für die Griechen werden.

Während Lina Beckmann mit der Untröstlichkeit der Mutter den tragischen Höhepunkt markiert, gelingt Angelika Richter das komische Gegenstück. Sie spielt Helena - nicht nur schön, sondern auch klug wie die Schlangen. Mit den Ursachen des Kriegs habe sie nichts zu tun, wird Helena nicht müde zu beteuern. Im Gegenteil, sie ist das Opfer. Angelika Richter porträtiert treffend jene Zeitgenossen, die sich geschmeidig jeder noch so triftigen Anklage zu entwinden wissen.

Nicht alle Szenen sind wie diese gelungen. Mitunter wirkte der Chor bombastisch, einige musikalische und tänzerische Elemente manieriert, störend, überflüssig. „Die Troerinnen“ sind Beier nicht so geglückt wie etwa ihre Inszenierungen von Elfriede Jelineks „Ein Sturz“ oder „Die Schmutzigen, die Hässlichen und die Gemeinen“ von Ettore Scola und Ruggero Maccari.

Wenn auch die „Troerinnen“ kein großer Wurf geworden sind, hat sich Beier in Köln doch als feministische Realistin von europäischem Format profiliert. Die Stärke ihrer Arbeit, ihres Ensembles und ihres Repertoires warfen spätestens beim Schlussbeifall noch einmal die Frage auf: Warum hat Köln sich nicht entschiedener bemüht, eine solch profilierte Regisseurin und Intendantin in der Stadt zu halten? (dpa)

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