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Nilz Bokelberg vor Lesung bei lit.Cologne„Begeisterung für Köln schlägt oft in Selbstbesoffenheit um“

Lesezeit 4 Minuten
Nilz Bokelberg vor einem rosanen Hintergrund

Nilz Bokelberg

Das Viva-Urgestein Nilz Bokelberg hat einen etwas anderen Reiseführer über Köln geschrieben. Bei der lit.Cologne stellt er ihn am Freitag in der Volksbühne vor.

Was unterscheidet Ihren Reiseführer von anderen?

Ich habe versucht, ihn so unreiseführerisch wie möglich zu schreiben. Die Grundidee war auch Leuten, die nicht aus Köln kommen, zu erklären, wie die kölsche Seele tickt, wie das kölsche Herz schlägt und warum das Leben hier so lebenswert ist. Das passt wunderbar in die Reihe „Nice to meet you,..“, weil das nicht nur Reiseführer sind, sondern dabei persönliche Geschichten der Autoren erzählt werden.

Wie fühlt es sich als leidenschaftlicher Kölner an, heute als Autor auf der lit.Cologne dabeizusein?

Ich freue mich wahnsinnig darüber. Ich war schon öfter Besucher der Lit und habe immer gedacht, dass ich da eines Tages auch mal lesen will. Dass ich es jetzt mit meinem Buch über Köln geschafft habe, zweimal die Volksbühne auszuverkaufen, macht mich natürlich besonders stolz. Das sind tolle Vorschuss-Lorbeeren, und ich bin sehr aufgeregt.

Sie sind hier erwachsen geworden und leben heute in Berlin. Gibt es kölsche Manieren, mit denen Sie anderswo angeeckt sind?

Ich glaube, dass diese sehr vorurteilsfreie Art, auf Leute zuzugehen, zum Beispiel in Berlin nicht so wahnsinnig gerne gesehen wird. Das findet man da seltsam. Aber mir macht das nichts, ich ziehe das durch und irgendwann finden die Leute das dann auch gut.

Haben Sie einen Geheimtipp, den sogar nur wenige Kölner kennen?

Ich würde einfach empfehlen, mal so ein bisschen in den Vierteln, von denen man glaubt, dass man sie kennt und immer feste Wege läuft, mal ein paar Straßen Umweg zu gehen. Ein Geheimtipp ist aber das „Metronom“ am Barbarossaplatz: Eine Jazz-Kneipe, in der fantastische Musik läuft und in die man immer gehen kann, weil es da sehr gemütlich ist.

Gibt es ein Erlebnis, das Ihr Bild von der Stadt besonders geprägt hat?

Im Alter von 17 habe ich das „Klein Köln“ in der Friesenstraße für mich entdeckt. Damals war das noch deutlich mehr Milieu. Die Wirte kannten mich irgendwann und haben sich gefreut, weil ich wie ein Alien war in diesem Laden, der sehr urig-kölsch war. Da habe ich viel von der kölschen Seele mitbekommen.

Was unterscheidet eine Kölner Kneipe, von denen in anderen Städten?

Die Kommunikation in kölschen Kneipen ist ein völlig eigenes Level. Wie man am Tresen mit einem umgeht, wenn man in hier in die Kneipe kommt und sofort Leute mit dir ins Gespräch kommen, kenne ich aus anderen Städten nicht. Wenn ich in Hamburg alleine in eine Kneipe gehe, bleibe ich da auch alleine. Aber in Köln wirst du immer mit einbezogen. Wenn grade über Fußball oder die Nachrichten diskutiert wird, muss man sofort eine Meinung haben. Das ist gefährlich, man kann hier nicht unvorbereitet in eine Kneipe gehen. Aber das liebe ich so: Diese ständige Kommunikationswut der Kölschen.

Was würden Sie an der Stadt ändern, wenn Sie könnten?

Die Begeisterung für Köln schlägt oft in eine Selbstbesoffenheit um. Es gibt natürlich Probleme, wie in jeder anderen Stadt auch. Müll, Verkehr und so weiter. Das muss man alles gar nicht unter den Tisch kehren. Ich bin nicht so fern der Realität, dass ich sage, an diesem Ort ist alles perfekt. Und das ist ja auch das Schöne: Wir Kölschen lieben das Unperfekte an der Stadt. Dann haben wir nämlich ein Gespräch am Tresen und können uns drüber aufregen.

Was war schwer daran, ein Buch über Köln zu schreiben?

Es war etwas schmerzhaft, dass ich Sachen nicht einbauen konnte, weil sie einfach nicht mehr gepasst haben. Irgendwann habe ich mich hauptsächlich auf Orte in der Innenstadt limitiert. Weil ich in allen Veedeln so viele Orte habe, die ich liebe, könnte ich nochmal ein Buch nur über Ehrenfeld, Bickendorf oder Nippes schreiben.

Welcher Paragraph vom Kölschen Grundgesetz kommt Ihrem Lebensmotto nahe?

Et hätt noch immer jot jejange! Das könnte ich mir auf den Rücken tätowieren.

Im Rahmen der lit.Cologne tritt Autor Nilz Bokelberg am Freitag, 3. März, zwei Mal mit einer Lesung in der Volksbühne am Rudolfplatz auf. Beide Termine sind ausverkauft.