lit.CologneElse Buschheuer über ihr Buch „Hier noch wer zu retten?“

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Autorin Else Buschheuer.

„Muss jemand auf Toilette? Braucht noch jemand Gummibärchen?“ In der Bahnhofsmission wird in jeder Hinsicht „Nächste Hilfe“ (so das Motto) geleistet – das galt bei Leiterin Corinna Rindle auch für die 50 lit.Cologne-Besucher, die sich in dem kleinen Raum an Gleis 1 des Hauptbahnhofs drängten. Der perfekte Ort für diesen Abend, an dem die Autorin Else Buschheuer mit Joachim Frank (Kölner Stadt-Anzeiger) über ihr neues Buch sprach.

„Hier noch wer zu retten?“ fragt Buschheuer freundlich, wovon sich Frank bei der Lektüre „hinter die Fichte geführt“ sah. Buschheuer nämlich spürt in ihrer herzerfrischend offenen Selbsterforschung nach, wem das Helfen am meisten hilft (oder auch nicht) und hat dafür ihr eigenes, fachlich attestiertes Helfersyndrom untersucht.

Witz und sympathische Selbstironie

Die „Meisterin des Selbstversuchs“ (Frank) hat neben ihrer Arbeit als Schriftstellerin, Kolumnistin, Moderatorin seit Jahren eine tiefere Ebene eingezogen und für entsprechende Tätigkeiten diverse Ausbildungen, etwa als Demenz- und Sterbebegleiterin absolviert. Die zur Domina habe ihn am meisten beeindruckt, erklärte Joachim Frank und wurde von der schlagfertigen Buschheuer umgehend in leise Verlegenheit gebracht: „Ach, das hat Sie am meisten beeindruckt?!“, was bei Corinna Rindle wiederum den Helferreflex auslöste: „Kommen Sie doch zu uns in die Beratung!“

Buschheuer nimmt sich und das Helferwesen mit Witz und sympathischer Selbstironie in die Zange, ohne je ehrlichen Impuls, Bedürftigkeit und Not zu denunzieren. Dass ihr auf den Rollstuhl angewiesener Mann sich vor fünf Jahren erschoss, bringt sie im Gespräch an eine Grenze; wegen einer drohenden Erblindung war sie selbst auf „maximale Hilfe“ (Frank), nämlich eine Hornhauttransplantation angewiesen. Der Wille zu helfen, ein „Hunger nach Sinn“ habe der 11. September ausgelöst, den sie in New York miterlebte, so Buschheuer.

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„Ich könnte das nicht“, höre sie oft, auch von Leuten, die Helfende gern mal pathologisieren. „Aber ich kann es!“, sagt Buschheuer und erzählt von einem frühen Praktikum bei den Mutter-Theresa-Schwestern in Kalkutta, wo sie einen „Topf dampfenden Durchfalls“ trug und feststellte, „dass mir das liegt“.

Buschheuer machte Praktika in Altersheimen, begleitete voller Geduld eine unwillige Ordensschwester in Jerusalem, öffnete ihr eigenes Haus für undankbare Verfolgte und verleiht Dinge, die stets kaputt zurückkommen. Der Berliner Bahnhofsmission ist sie bis heute als Mitarbeiterin treu, die Kölner könnten noch Hilfe gebrauchen.

Else Buschheuer: Hier noch wer zu retten? Heyne, 272 S., 20 Euro

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