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Nach fast zehn Jahren„Stranger Things“ verabschiedet sich mit fünfter Staffel

4 min
Gefährliche Annäherung: Vecna (Jamie Campbell Bower, r.) trifft auf Will Byers (Noah Schnapp).

Gefährliche Annäherung: Vecna (Jamie Campbell Bower, r.) trifft auf Will Byers (Noah Schnapp).

Netflix beendet seine Erfolgsserie über Hawkins und das „Upside Down“. Aus Kinderdarstellern wurden Stars, Kate Bush eroberte die Charts zurück. Kommt ein tiefer Fall oder ein befriedigendes Ende?

Sie hat den Whopper auf den Kopf gestellt, eine junge Generation mit den 1980ern vertraut gemacht und Kate Bushs Song „Running Up That Hill“ einen zweiten Frühling beschert. Nun endet die Erfolgsserie „Stranger Things“ mit einer fünften Staffel (ab Donnerstag) – fast zehn Jahre, nachdem sie erstmals bei Netflix zu sehen war.

Angefangen hatte alles mit dem Jungen Will Byers (Noah Schnapp), der nach der Begegnung mit einem gesichtslosen Monster spurlos verschwand. Als seine Freunde Mike (Finn Wolfhard), Lukas (Caleb McLaughlin) und Dustin (Gaten Matarazzo) nach ihm suchen, finden sie stattdessen ein Mädchen namens Elf (im Original: Eleven Millie Bobby Brown). Sie ist aus einer geheimen Forschungseinrichtung ausgebrochen, in der sie wegen ihrer telepathischen Kräfte aufgezogen wurde. Mit ihren Fähigkeiten findet sie Will in einer bedrohlichen Paralleldimension von Hawkins, dem Upside Down.

Stranger Things: 140 Millionen Streams der vierten Staffel

Über die Staffeln hinweg kommen die Figuren dem Bösen näher, das sich da in ihrer Heimatstadt eingenistet hat. Als Strippenzieher der dämonischen Vorgänge stellt sich ein ebenso wie Elf hochgezüchteter Telepath heraus, Vecna (Jamie Campbell Bower).

Der diktiert auch die Ausgangslage für das Finale: Mit Ritualmorden hat er Risse geschaffen, durch die sich das Upside Down nach Hawkins hineinschlängelt. Der Bösewicht selbst scheint zwar verschwunden zu sein, aber Elf und ihre Freunde müssen sich auch vor der US-Armee in Acht nehmen, die die Stadt unter Quarantäne gestellt hat.

Die Fallhöhe ist hoch – auch für Netflix. Als Zugpferd des Streaminganbieters sind die Erwartungen an „Stranger Things“ enorm. Die vierte Staffel ist mit 140 Millionen Views auf Platz drei der populärsten Serien auf der Plattform. Auf dem Weg zum Finale veröffentlichte Netflix die ersten fünf Minuten der neuen Staffel vorab und konnte so nach ersten Reaktionen fischen. Auf YouTube verzeichnete das Video nach elf Tagen 8,3 Millionen Aufrufe.

Dieser erste Blick durchs Schlüsselloch verrät, dass die Serie an ihre Anfänge zurückkehrt, hin zu Wills allererstem Überlebenskampf im „Upside Down“. Zum einen zeigt die Serie so, wie der Junge damals überlebt hat, aber sie zeigt damit auch, wie viel Zeit real vergangen ist.

Das waren doch alles blutjunge Kinderdarsteller! In der letzten Dekade frönte Finn Wolfhard (Mike) weiter dem Horrorgenre und debütierte als Regisseur. Sadie Sink (Max) kann sich ihre Rolle in Darren Aronofskys „The Whale“ und eine Tony-Nominierung als Beste Schauspielerin in den Lebenslauf schreiben.

Wynona Ryder: Gesehen, wie die Kinder aufgewachsen sind

Millie Bobby Brown (Eleven) wurde 2018 in die Times 100 der einflussreichsten Personen aufgenommen, heiratete Jake Bongiovi (John Bon Jovis Sohn) und adoptierte ein Baby. Pate des Kindes ist übrigens Noah Schnapp (Will Byers). Der hatte mittlerweile sein Coming Out und wird 2026 wohl seinen Uniabschluss machen. „Ich habe gesehen, wie diese Kinder aufgewachsen sind“, fasst es die Schauspielerin Wynona Ryder zusammen, die Wills Mutter Joyce spielt.

Verstärkt wird dieses Gefühl noch dadurch, dass Nostalgie immer die Kernidentität der Serie war. Indem Will und seine Freunde an Halloween Ghostbusters-Kostüme trugen oder Elf mit einer blonden Perücke so verkleideten wie einst Elliot den Außerirdischen in Spielbergs „E.T.“, wurde „Stranger Things“ zum Wimmelbild des filmischen Erbes, das die Gebrüder Matt und Ross Duffer zur Serie inspiriert hat.

So stand neben dem Schrecken stets das Goonies-Gefühl. Retro-Fahrräder und ein Synthiepop-Soundtrack haben die Abenteuer vor der eigenen Haustür so aussehen lassen, als könne man sie mit ein paar guten Freunden bewältigen.

Nebenbei füllten sich die 80er-Jahre-Playlists mehrerer Generationen. Kate Bushs „Running Up That Hill“ etwa schaffte es nach 38 Jahren in die Top 100 der amerikanischen Billboard-Charts, auch Metallicas „Master Of Puppets“ von 1986 hatte ein Comeback.

Nostalgie nicht nur als Marketing-Zweck

Klar, Nostalgie schafft eine kurze Route zum Gefühl und damit auch zum Geldbeutel. In der Vergangenheit waren es eigene „Stranger Things“-Kollektionen von Levi’s, Nike und H&M oder der Upside-Down-Whopper bei Burger King. Auch dieses Mal wird rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft irgendein Firlefanz in den Regalen erscheinen. Die Nostalgie dient aber nicht nur dem Marketing, sondern hat einen narrativen Zweck. Sie gibt der fiktiven Welt eine reale Tiefe und setzt dem Unvertrauten und Unheimlichen etwas Bekanntes und Geliebtes entgegen.

In all dem könnte der Serie ein Zaubertrick gelingen, der seltener wird. Trotz eines schnellen Streaminggeschäftes und einer sich stetig wandelnden Medienlandschaft hat diese originelle Geschichte die Zeit bekommen, um zu einem runden Ende zu kommen und ikonisch zu werden. Ein Vorbote, ob die Macher diese Chance nutzen können, wird der 27. November sein. Um 2 Uhr MEZ veröffentlicht Netflix die ersten vier Folgen der neuen Staffel. Die Folgen fünf bis sieben folgen am 26. Dezember. Das Finale kommt am 1. Januar 2026.

Dabei wird es natürlich nicht bleiben: Ein Ableger der Serie ist bereits angekündigt. Das zweite Kunststück, nämlich der rechtzeitige Absprung, wäre der zweite Zaubertrick.