Wallraf-Richartz-MuseumKuratorin Anja Sevcik über neue Dauerleihgabe – Sammler will anonym bleiben

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Dr. Anja Sevcik Wallraf-Richartz-Museum

Dr. Anja Sevcik Wallraf-Richartz-Museum

Dank einer neuen Dauerleihgabe einer anonymen Sammlerfamilie kommen gleich vier Blumenstillleben zu der Sammlung hinzu.

„Vielen Dank für die Blumen“ kann das Wallraf-Richartz-Museum seit gut einem Jahr sagen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. „Wir haben wenige Blumenstillleben in der Sammlung“, erzählt Barock-Kuratorin Anja Sevcik. Dank einer neuen Dauerleihgabe der Sammlung einer anonymen Sammlerfamilie kommen gleich vier hinzu. Ab kommenden Freitag sind unter dem Motto „Sammlerträume“ 36 von insgesamt 39 Gemälden des niederländischen Barock zu sehen, die dem WRM für zehn Jahre zur Verfügung stehen.

Vor vielen Jahren stieß Anja Sevcik auf diesen Schatz. „Ich habe eines unserer Gemälde zu einer Ausstellung begleitet. Dort fanden sich Zeichnungen aus einer Sammlung, von der ich noch nie gehört hatte. Und ich dachte, wow, was ist denn das!“ Zurück in Köln konnte sie schließlich Kontakt aufnehmen. Gemeinsam mit Direktor Marcus Dekiert besuchte sie den zu diesem Zeitpunkt schon betagten Herrn zu Hause, „und wir haben die Werke dort in seinem Haus gesehen“.

Neue Leihgaben im Wallraf-Richartz-Museum sind im handlichen Format

Und schon beim ersten Blick auf die im Fenstersaal der Barockabteilung versammelten Schätze fällt auf: Überdimensionale Formate sind nicht vorhanden. Stattdessen Größen, die in jede Wohnung passen würden. „Er hat wirklich mit ihnen gelebt – und das ist ja immer das Schönste“, erzählt Anja Sevcik. Der Kontakt trug schnell Früchte: Zwei Zeichnungen durfte Anja Sevcik für die Ausstellung „Inside Rembrandt“ ausleihen.

Über diese Zusammenarbeit habe die Familie sich „begeistern können für unsere Arbeit, unsere Sonderschauen und was wir hier im Wallraf in der Barockabteilung machen“. Neben den Gemälden sind auch 143 Zeichnungen Teil der Dauerleihgabe. Das sind Vorstudien oder auch ausgearbeitete Blätter. „Das ist ein großer Markt, den man manchmal vergisst, aber auch da gab es spezialisierte Sammler schon im 17. Jahrhundert.“

Wallraf-Richartz-Museum: Sammler möchte anonym bleiben

Eine alle drei Monate wechselnde Auswahl wird in zwei Vitrinen zu sehen sein, eine größere Zeichnungsausstellung ist bereits angedacht. Schon zu Lebzeiten des Sammlers wurden Gespräche mit dem Museum bezüglich der Dauerleihgabe geführt. Nach seinem Tode stehe heute auch die ganze Familie hinter dieser Entscheidung, dass die Sammlung zusammenbleibe und im Wallraf gezeigt werde – mit nur einer Bedingung: Man will anonym bleiben. So kann man natürlich nur bedingt den verbalen „roten Teppich“ ausrollen.

„Auf eine andere Weise ist es natürlich auch sehr sympathisch, dass man sich da nicht brüsten möchte“, findet Anja Sevcik. Der Sammler hat aber nicht nur mit den Gemälden gelebt. „Er hat auch geforscht. Es gab in seinem Haus einen Tisch im Untergeschoss, an dem, wie uns berichtet wurde, sich Kunstexpertinnen und -experten versammelt haben – auch mein Vorgänger Ekkehard Mai. Der Sammler hat den Austausch gesucht“ – etwa wenn Werkverzeichnisse erstellt wurden.

„So wie wir das auch aus der Barockzeit kennen, von den Galerieinterieurs, wo sich Leute über Tische, über Bilder beugen – das Sammeln hatte eine intellektuelle, eine sinnliche, aber auch eine soziale Komponente.“ Auch die Provenienzen habe er gewissenhaft geprüft. Dabei sei eine Sammlung von „musealer Qualität“ entstanden – „mit Besonderheiten“. Aber das sei ja das Schöne, das auch nach Geschmack ausgewählt wurde, „und es dann auch mal etwas gibt, das nicht im Museumskanon steckt“, sagt Sevcik im Hinblick auf Namen wie Emanuel Murant.

„Das ist zwar kein großer, bekannter Name, aber heute sind wir umso dankbarer, dass er gesammelt und bewahrt wurde, weil er auf dem Kunstmarkt kaum noch erhältlich ist.“ Wenn man diese Geschichten hört, wird klar: Hier hat jemand Kunst nicht als schnöde Geldanlage betrachtet, sondern war mit Leidenschaft am Werk. Es gab auch kein sogenanntes „Flipping“, also den schnellen Weiterverkauf. „Ohne Frage, er war ein ganz anderer Sammlertyp! Bei jedem Bild war das Herz dabei!“

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