Ausflugs-TippBesuch beim Aquazoo in Düsseldorf nach der Sanierung

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Der Aquazoo in Düsseldorf war dreieinhalb geschlossen für umfangreiche Sanierungsarbeiten.

Der Aquazoo in Düsseldorf war dreieinhalb geschlossen für umfangreiche Sanierungsarbeiten.

Kennen Sie den Turkmenischen Maushamster? Schmuck-Flösselhecht oder Fauchschaben? Indische Fragezeichenschabe? Falls trotz aller Tierfilme, Zoobesuche und Weltreisen noch Wissenslücken bestehen, bei dem, was auf der Erde und in ihren Meeren kreucht und fleucht, dann wird es Zeit für einen Besuch in Düsseldorf. Dort hat im Nordpark nach dreijährigen Sanierungsarbeiten der Aquazoo mit einem überarbeiteten Konzept und einem weiterhin recht ungewöhnlichen Tierbestand inklusive der oben genannten Spezialitäten neu eröffnet. Das Interesse ist groß. An den ersten Tagen mussten Neugierige ohne Vorbuchung bis zu vier Stunden Wartezeit in Kauf nehmen, bis sie vor dem ersten Becken standen.

„Es wurde aber auch aus einem anderen Grund Zeit für die Neueröffnung“, berichtet der Biologe Jochen Reiter, der die Einrichtung seit Anfang 2016 führt. Vorher war er neun Jahre lang wissenschaftlicher Leiter des Duisburger Zoos. Reiter hat dabei vor allem „Mubi“ im Kopf, den Goldringelkugelfisch. Im westafrikanischen Kongobecken und im Tanganjikasee ist der bis zu 75 Zentimeter lange Geselle recht häufig. Dort pumpt er sich bei Gefahr voll Wasser und wirkt dann noch eindrucksvoller.

Dem Kugelfisch ist nicht mehr langweilig

Aber im Baustellenasyl in der rheinischen Diaspora hatte „Mubi“ – wie die Mitarbeiter das Exemplar mit dem lateinischen Namen Tetraodon mbu kurzerhand tauften – erkennbar Langeweile. „Ich musste ihn regelmäßig besuchen kommen. Er hat dann immer interessiert reagiert“, erzählt Reiter, der den Fisch damit keineswegs vermenschlichen möchte. Seit sich die Besucher an Mubis Becken die Nasen platt drücken, zeigt der Kugelfisch jedenfalls keine Anzeichen mehr von Agonie.

Aquazoo Düsseldorf

Löbbecke Museum, Kaiserswerther Str. 380 40474 Düsseldorf

Öffnungszeiten

Bis 23.12. täglich 10 – 20 Uhr, ab 26.12. bis 18 Uhr

Eintritt

9 Euro, ermäßigt 5 Euro, Online-Ticket + 1 Euro; Online-Tickets mit fester Einlasszeit: www.westticket.de

Anreise

Ab Düsseldorf Hauptbahnhof U 78, U 79: Haltestelle Nordpark/Aquazoo

Weitere Infos

duesseldorf.de/aquazoo

Es sind weniger bunte Zierfische als vielmehr gute Geschichten, denen man im Aquazoo auf die Spur kommt. Mit einem neuen Farb- und Lichtleitsystem werden die Besucher vom Meer ins Süßwasser und vom Sumpf bis aufs trockene Festland geleitet. Treppen markieren jeweils Sprünge in der Evolution.

Beim Übergang ins Süßwasser beispielsweise werden die Körper der Besucher in gewölbten Spiegeln immer dicker, weil der osmotische Druck auf die Zellen im Süßwasser steigt. „Wenn nichts passiert, würden wir im Süßwasser schließlich platzen, weil immer mehr Wasser in die Zelle eindringt“, erklärt Reiter. Und Fred, der Schlammspringer, der Kinder an allen Stationen mit frechen Sprüchen auf die richtige Spur führt, erklärt, damit sei das Pinkeln als Lösung in die Welt gekommen.

In einem anderen Zusammenhang wird der biologische Lehrsatz, demzufolge die Großen stets die Kleinen fressen, auf den Kopf gestellt. In Wahrheit ist es nämlich genau umgekehrt. So fressen sich ganze Kolonien von Ohrenpflock-Röhrenaalen an abgesunkenen Walkadavern satt. Besonders ansehnlich sind die Aasfresser nicht, aber satt.

Nun ist der Kugelfisch wieder zuhause.

Nun ist der Kugelfisch wieder zuhause.

Die naturkundliche Wissensvermittlung hat in Düsseldorf lange Tradition: Schon 1904 hatte die Stadt den riesigen naturkundlichen Nachlass des Apothekers Theodor Löbbecke in einem eigenen Museum in der Altstadt präsentiert. Nachdem ihr auch der zunächst private Zoo zufiel, entstand die Idee einer kombinierten naturhistorischen Sammlung. Die erlebte nach der Zerstörumg im Zweiten Weltkrieg einen schwierigen Neustart in einem Hochbunker und zog erst 1987 in einen modernen Neubau. Dazu gehören neben 950 lebenden Tieren etwa 900 000 Sammelstücke. Darunter sind allein 650 000 Insektenpräparate und 8500 Eierschalen.

Erheblich länger und teurer als geplant

Seit 1987 hat das Wasser seine Spuren im Aquazoo hinterlassen. Ein unfähiger Generalplaner, mehrere böse Überraschungen und die Tatsache, dass man die wertvollen Tiere ja nicht einfach vor die Tür setzen konnte, sondern überwiegend weiter pflegte, haben die Arbeiten nicht nur verzögert, sondern auch erheblich auf rund 19 Millionen Euro verteuert. Die Stadt selbst hätte für das didaktische Konzept und für die zunächst geplante umfangreiche Erweiterung damit nichts mehr ausgegeben.

„An Extras wie einen Acrylglastunnel, wie sie in anderen Großaquarien üblich sind, war nicht zu denken“, sagt Reiter. Auch die Haltung von Ottern und Krallenaffen ist wegen höherer Auflagen nicht mehr möglich.

Es war am Förderverein, das Haus zumindest in seiner bestehenden Form zukunftsweisend aufzustellen. 1,8 Millionen Euro flossen unter anderem in gut 70 Spielstationen, die die Themen der Schaubecken und Exponate vertiefen.

Los geht es mit dem Skelett eines Pottwals in mystisch blauem Licht, das man nebenan mit dem Körperbau eines Fischsauriers und einer Robbe vergleichen kann. Dann führt der Rundkurs zu Lösungen der Evolution im Meer, in den großen Tropenflüssen und auch im heimischen Tümpel. Denn eher als Anemomenfisch Nemo, der sich im Becken bei den Stachelrochen und den Schwarzspitzenriffhaien ziemlich dünne macht, stechen in anderen Becken Stichlinge und Moderlieschen ins Auge.

Und dann sind da natürlich die absoluten Exoten: Höhlensalmler aus Mexiko etwa, die bei durchsichtiger Haut einen Blick ins Skelett ermöglichen. Oder Weißbinden-Glühkolbenfische, die in der Tiefsee ihrer Beute mit einem Blinklicht heimleuchten.

Bei den Besuchern polarisieren vor allem die acht Nacktmulle, die aus dem Dresdner Zoo nach Düsseldorf gekommen sind. Die unterirdischen Wühler hätten bei einem Schönheitswettbewerb wohl kaum Chancen, finden die einen. Aber Aquariumsleiter Reiter findet sie interessant. Schließlich leben die Mulle wie Bienen samt Königen in Staaten.

Zum Schluss der Ausstellung sorgen die Pinguine in einem offenen Felsenpool sowie Schildkröten, Krokodile und Warane in der üppig bewachsenen muckelig warmen Tropenhalle für allfällige Begeisterung. Viele der Tiere werden aus Nachzuchten mit befreundeten Aquarien getauscht. Auch für den hübschen Papua-Waran hätte Reiter sich ein schuppiges tête-à-tête gewünscht. Allerdings ist die Geschlechtsbestimmung bei den Reptilien nicht so einfach.

Kurz vor ihrem Umzug erwies sich die ausgeguckte Partnerin im Karlsruher Zoo ebenfalls als Kerl. Nun muss der Düsseldorfer Waran warten, bis der Koordinator des europäischen Erhaltungszuchtprogramms eine richtige Frau für ihn findet.

Auch unter Zootieren funktioniert die Partnerwahl inzwischen eben weitgehend über Singlebörsen im Internet.

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