BrettspieleDas sind die Dauerbrenner beim Spieleabend

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Mensch ärgere Dich nicht

Mensch ärgere Dich nicht

Köln – Wenn ich an meine Oma denke, denke ich an das Spiel "Mensch ärgere Dich nicht", und wenn ich an "Mensch ärgere Dich nicht" denke, dann sehe ich einen Haifisch vor mir. Meine Großmutter und ich haben dieses Spiel unzählige Male gespielt, und immer, wenn ich nicht hingesehen habe, hat sie verschmitzt ihre grünen Männchen zu ihren Gunsten versetzt. Nach ihrem Sieg hat sie dann gesungen: "Und der Haifisch, der hat Zähne..." "Mensch ärgere Dich nicht" gehörte zu uns, mit Schummeln und mit Haifisch.

Vermutlich hat jede Familie so eine Brettspielgeschichte. An Spieleabenden taucht man ab in andere Welten. Handelt als Immobilienmogul mit Straßen oder geht im heimischen Wohnzimmer auf Verbrecherjagd. Freut sich über die Misserfolge der anderen und schafft dabei bleibende Erinnerungen.

Aber sind Brettspiele nicht überholt? Auf den ersten Blick haben "Mensch ärgere Dich nicht" und "Pokémon go" schließlich so viel gemein wie ein Wählscheibentelefon und ein Smartphone. Die Pokémon-App schaffte es innerhalb von einem Tag auf Platz fünf der Liste der umsatzreichsten iOs-Apps - obwohl das Spiel kostenfrei runtergeladen werden kann.

"Augmented Reality" - erweiterte Realität - nennt man es, wenn Menschen mit ihren Handys in der Realität virtuelle Pokémons fangen. Vielleicht bedeutet der Hype um "Pokémon go" aber gar nicht, dass wir uns in einer digitalen Welt verlieren. Sondern, dass wir an unserer realen Welt hängen. Analoge Spiele jedenfalls sind nach wie vor Dauerbrenner. 2015 erreichte die Spielwarenbranche in Deutschland erstmals die Umsatzgrenze von drei Milliarden Euro. 2,8 Milliarden waren es 2014. Jessica Biel und Justin Timberlake sollen zu Hause gerne Scrabble spielen, während Johnny Depp verrückt sein soll nach Monopoly.

Manchmal tritt im Spiel gar erst zutage, was sonst verborgen bleibt. Irgendwann kam meine Großmutter mit fortgeschrittener Demenz ins Seniorenheim. Einmal sprach mich eine ihrer Pflegerinnen an: Ob meine Oma beim "Mensch ärgere Dich nicht" auch früher schon geschummelt hätte? Sie hätte ihre Freude gehabt an unserer Sammlung von Spielschätzen.

Mensch ärgere dich nicht

Ein Hoch auf die gute alte Schadenfreude! Bei Mensch ärgere Dich nicht darf man die Figur des Gegners mit Schmackes aus dem Spiel schmeißen und sich unverhohlen darüber freuen. Den Anfang machten eine Hutschachtel und Holzklötzchen. Daraus bastelte Joseph Friedrich Schmidt, ein armer Händler auf dem Viktualien-Markt in München, 1907 ein Spiel für seine Kinder.

Mensch ärgere Dich nicht

Mensch ärgere Dich nicht

Und zwar nach dem Vorbild des alten indischen Laufspiels Pachisi. Seine Erfindung sollte aus ihm einen reichen Mann machen und das Ärgern salonfähig: Bis 2014 wurden insgesamt mehr als 90 Millionen Exemplare verkauft. Der Rekord im Mensch ärgere Dich nicht-Dauerspielen liegt bei 204 Stunden, und es gibt sogar einen im Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spielen unter Wasser. Der allerdings liegt bei "schlappen" 36 Stunden.

Monopoly

Kaum einer, der noch nicht "über Los" gegangen ist oder darum gebangt hat, die Schlossstraße kaufen zu können. Die Geschichte von Monopoly ist die eines wahr gewordenen amerikanischen Traums. Und ein Lehrstück im Nicht-Aufgeben. Mitten in der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre erfindet ein arbeitsloser Heizungsbauer in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania Monopoly. Vorbild für die Stadt auf dem Spielfeld ist allerdings Atlantic City in New Jersey. Nachdem der Verlag Parker es erst ablehnt, nimmt er das Spiel 1935 doch unter Vertrag - und schreibt damit Geschichte. Mehr als eine Milliarde Menschen in 114 Ländern haben dem Verlag (heute Hasbro) zufolge schon einmal Monopoly gespielt. Bis 2010 wurden 5,14 Milliarden Monopoly-Dollar gedruckt und mehr als sechs Milliarden Monopoly-Häuser produziert.

Monopoly

Monopoly

Vielleicht hat das Spiel seinen Erfolg auch der Tatsache zu verdanken, dass die Menschen sich mit seiner Hilfe aus der Wirtschaftskrise herausträumen und auf der Gewinnerseite des Kapitalismus mit Geld nur so um sich werfen konnten. Einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung zufolge spielen 91 Prozent der Deutschen das Spiel übrigens nach ihren eigenen Regeln - ohne es zu wissen. Zum Beispiel würde nach den offiziellen Monopoly-Spielregeln das Steuergeld, das viele Spieler in der Spielbrettmitte horten und an den ersten "Frei Parken"-Besucher auszahlen, eigentlich in die Bank gehören.

Cluedo

Die Lust an Kriminalgeschichten ist vermutlich so alt wie der moderne Mensch und macht auch vor Spielen nicht halt. Bei Cluedo geht es darum, anhand von Hinweisen einen Mordfall aufzuklären.

Cluedo

Cluedo

Scrabble

So harmlos-gesittet Scrabble daherkommt, so böse kann es allerdings enden. Es sollen schon die hitzigsten Streitereien entbrannt sein über der Frage: Gibt es dieses Wort überhaupt? Mehr als 100 Millionen Exemplare von Scrabble wurden weltweit verkauft und macht das Spiel damit zu einem der beliebtesten.

Scrabble

Scrabble

Risiko

Ein Kriegsspiel in der Nachkriegszeit? In Deutschland kam "Risiko" eigentlich zur falschen Zeit. "In anderen Ländern gibt es viele Spiele dieser Art, in Deutschland hatten sie es schwer", weiß Stefanie Kuschill vom Spielearchiv in Nürnberg. "Risiko" ist trotzdem in viele deutsche Häuser eingezogen. In den 1980ern entbrannte jedoch eine Debatte, die dazu führte, dass das Strategiespiel sprachlich und optisch noch einmal entschärft wurde.

Spiel des Lebens

Leben im Schnelldurchlauf, vom Abitur über die Familiengründung bis zum Ruhestand. Beim Spiel des Lebens geht es vor allem um Geld, Karriere und Status, und das hat vermutlich auch mit der Zeit zu tun, aus der es stammt. 1960 in den USA herausgekommen, ist es in Deutschland erst 1980 erschienen. Ob man gewinnt, hat jedoch weniger mit den Entscheidungen zu tun, die man trifft, als mit Glück. Das ist im echten Leben hoffentlich anders.

UNO

Der Klassiker auf Reisen: Uno ist quasi Mau-Mau in quietschbunt. Statt mit Pik, Karo & co arbeitet es mit Farben und Zahlen und ist so für Kinder besser verständlich. Wie beim Vorbild müssen die Karten möglichst schnell abgelegt werden. Es gibt jedoch einige Zusatzregeln. Erfunden hat es Merle Robbins, Inhaber eines Friseursalons, in den USA.

UNO

UNO

Vier gewinnt

Prominente Fans des Spiels sind angeblich US-Rapper Jay-Z und Sängerin Beyoncé . Ein absolut zeitloses Spiel für zwei Spieler mit einfachen Regeln: Jeder muss versuchen, vier Chips seiner Farbe in eine Reihe zu bringen und den anderen Spieler davon abzuhalten, selbst eine Reihe hinzubekommen. Obwohl im Grunde genommen immer das gleiche, macht es doch immer wieder Spaß.

Vier gewinnt

Vier gewinnt

Trivial Pursuit

Ein Spiel, das sich nicht so einfach generationenübergreifend spielen lässt. Je nach Version gibt es altersbedingte Vorteile. Welcher heutige Jugendliche kennt schon die Fernsehmoderatoren der 60er Jahren? Und welche Großmutter weiß über die Popmusik der 2000er Bescheid? Andererseits geht es ja eben genau um Fragen, die eigentlich kein Mensch beantworten kann.

Scotland Yard

Wie Fangen spielen auf dem Spielbrett. Als Mr. X muss der Spieler versuchen, im Wirrwarr der Londoner Straßen den Detektiven zu entkommen, die ihm auf den Fersen sind und mithilfe von Taxi-, Underground- und Bustickets über den Spielplan reisen.

Die Siedler von Catan

Das Spiel des Jahres 1995 hat einen regelrechten Hype ausgelöst und Brettspiele auf eine neue Ebene gehievt. Spieler trafen sich auf "Siedlertreffen", um Siedlungen zu bauen, und mit Rohstoffen zu handeln. Ein Rollenspiel von Klaus Teuber ab zehn Jahren , das auch viele Erwachsene begeisterte.

Catan

Die Siedler von Catan

Carcassonne

Der besondere Reiz des Spiels, das sich über zehn Millionen Mal verkaufte: Eine Landschaft aus Wiesen, Wegen, Klöstern und Städten entwickelt sich physisch im Laufe des Spiels. 14 eigenständige Spiele und zehn große Spielerweiterungen sprechen für sich: Das Spiel des Jahres 2001 mit dem Namen der südfranzösischen Stadt ist Kult!

Wer war's?

Eine ganz neue Spielegeneration kam mit "Wer war's" auf den Markt: Elektronische Brettspiele. Quasi die Annäherung von Brett- und Computerspiel. Eine sprechende Truhe lässt die Tiere des Spiels sprechen und Hinweise darauf geben, wer den Zauberring gestohlen hat. Der Dieb muss bis Ablauf der Zeit gefunden sein.

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