Fitness-TrendWarum Schlingentraining so effektiv ist

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Beim Schlingentraining wird nur mit dem eigenen Körpergewicht gearbeitet.

Beim Schlingentraining wird nur mit dem eigenen Körpergewicht gearbeitet.

Es sieht harmlos aus: zwei Gurte, die an einem Gestell baumeln. Dort hängt man sich in unterschiedlichen Positionen mit Händen oder Füßen ein, und absolviert Übungen wie Kniebeuge, Liegestütz oder aufrechtes Rudern. Danach noch kurz dehnen, und 30 Minuten später ist das Workout vorbei. Total entspannt, oder? Von wegen: Wer nicht schummelt, ist nach dem Schlingentraining richtig platt – Muskelzittern inklusive.

Ursprünglich entwickelt wurde das Schlingentraining für Situationen, in denen keine Geräte oder Gewichte zur Hand sind: So nutzten etwa die US Navy Seals die Schlingen, um sich in kargem Gelände fit zu halten. Sie improvisierten die Schlingen dabei mit Gürteln und Nylonnetzen. Irgendwann wurde diese Form des Trainings kommerzialisiert und hielt Einzug in Fitnessclubs, in den Profisport sowie in die Rehabilitation. Landläufig ist das Schlingentraining unter dem Namen „TRX“ bekannt – so heißt aber nur die Firma, die die schwarz-gelben Schlingen herstellt.

Die Tiefenmuskulatur wird aktiviert

Beim Schlingentraining werden die Übungen nur mit dem eigenen Körpergewicht ausgeführt: Was macht das Ganze dann so effektiv? „Es ist eine Bewegung im dreidimensionalen Raum“, erklärt Marcel Doll, Personal Trainer und Buchautor. Das heißt: Beim Schlingentraining rotiert man den Körper, begibt sich in die Waagerechte oder steht frontal zu den Bändern. Wer dagegen an Geräten trainiert, gibt dem Körper die Richtung vor.

Drei Übungen

Rudern: Eine sehr gute Übung, die den gesamten Rücken stärken soll. Die Gurte des Schlingentrainers werden auf die mittlere Markierung eingestellt. Man steht frontal zu den Schlingen, die Füße etwas weniger als hüftbreit aufgestellt und fasst die Handgriffe. Die Arme müssen gestreckt sein. Der Körper sollte eine Linie bilden, Bauch angespannt. Nun zieht man sich so weit wie möglich nach oben, indem man die Arme zum Körper heranzieht. Die Ellbogen sind dabei nah am Körper.

Unterarmstütz in der Schlinge: Hier brennt der gesamte Bauch schon nach kurzer Zeit wie Feuer. Dafür begibt man sich erst in den Vierfüßlerstand und legt beide Füße in die Schlingen. Dann stützt man sich auf den Unterarmen auf, so dass der gesamte Körper waagerecht zum Boden ist – wie ein Brett. Für den Anfang reicht es aus, diese Position statisch zu halten. Das Becken darf nicht durchhängen.

Einbeinige Kniebeuge: Sowohl Bein- als auch Gesäßmuskeln werden bei dieser Übung gekräftigt. Für die Ausgangsposition stellt man sich frontal zu den Schlingen. Dann die Griffe fassen, die Arme sind dabei leicht angewinkelt. Nach hinten neigen und ein Bein nach vorne anheben. Dann kommt man in eine möglichst tiefe Kniebeuge, streckt dabei die Arme in Verlängerung der Schlingen aus. Das angehobene Bein streckt man aus. Dann mit dem gebeugten Bein hochdrücken. Nach einem Satz das Bein wechseln. (dpa)

Die zweite wichtige Besonderheit: Durch die Schlingen befindet sich der Sportler permanent in der Instabilität - das heißt, die Tiefenmuskulatur wird angesprochen, genauer gesagt die Rumpfmitte, auch Core genannt. Selbst bei einfachen Übungen macht sich das bemerkbar: Bei der Ruderbewegung im Stehen, einer klassischen Übung für den Rücken, werden an den Schlingen auch der Bauch und der Bizeps beansprucht. Schwerer wird es, wenn man den Winkel verändert. Wer mit den Füßen vorläuft, begibt sich in eine Schräglage und muss mehr Zugkraft aufbringen. Außerdem können die Gurte auf drei verschiedene Längen eingestellt werden.

Die Arbeit mit dem eigenen Gewicht mag sich für manchen vielleicht ungewohnt anfühlen - es stärkt aber das eigene Körpergefühl: „Das ist ein Aha-Effekt: zu verstehen, wie anstrengend es für den Körper ist, nur das eigene Gewicht zu tragen“, sagt Sascha Linz, Trainer bei der Studiokette Fitness First. Denn mancher, der sich viel Gewicht auf die Hantelstange lädt, muss weniger Kraft aufbringen. Linz gibt ein Beispiel: „Ich bin 80 Kilogramm schwer und mache Bankdrücken mit einem Gewicht von 50 Kilogramm: Bewegt werden dann nur die 50 Kilo.“

Macht der Sportler dagegen eine ähnlich Übung am Schlingentrainer, die Brustpresse, überträgt er je nach Winkel sein ganzes Gewicht auf die Gurte - und hat es dadurch spürbar schwerer.

Die instabilen Haltungen bieten aber nicht nur Vorteile: Sie sind oft eine Fehlerquelle, gerade bei Anfängern. „Der Körper muss eine gerade Linie bilden und darf nicht durchhängen“, sagt Marcel Doll. Am Anfang ist es nicht leicht, ein Gespür für die Ausrichtung seines Körpers zu bekommen - vor allem bei den Bodenübungen.

Die maximale Beweglichkeit der Schlingen in alle Richtungen birgt ein weiteres Verletzungsrisiko: Sportler müssen aufpassen, dass sie ihre Gelenke nicht überstrecken. Grundsätzlich ist das Schlingentraining aber als gelenkschonend einzustufen, da nie mehr als das Körpergewicht gestemmt wird.

Alternative zum Studio: Schlingentrainer auch für zu Hause.

Alternative zum Studio: Schlingentrainer auch für zu Hause.

Idealerweise zweimal pro Woche trainieren

Ein weiterer Reiz des Schlingentrainings liegt darin, dass man es überall machen kann: zu Hause, draußen oder im Hotel auf Reisen. Die Schlingen gibt es mittlerweile sogar günstig im Discounter zu kaufen. Wer zu Hause trainieren will, bohrt am besten einen stabilen Haken in die Decke oder einen Holzbalken. Daran lassen sich die Schlingen befestigen. Wer draußen trainieren will, sucht sich einen dicken Ast. Auch an Türen lassen sich die Schlingen mit einem speziellen Haken verankern.

Kniebeuge mal anders mit Unterstützung des Schlingentrainers.

Kniebeuge mal anders mit Unterstützung des Schlingentrainers.

„Wer sich verbessern will, trainiert idealerweise zweimal pro Woche“, sagt Heinz Kleinöder von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Noch besser sind dreimal pro Woche. Das Schlingentraining ist keine Neuheit mehr. Ein paar Ideen, wie man das Schlingentraining weiterentwickeln kann, gibt es schon: eine davon ist TRX Yoga, erzählt Doll. Dabei übt man verschiedene Haltungen mit Unterstützung der Schlingen, um beispielsweise tiefer in die Dehnung zu kommen. (dpa)

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