Patricia Kelly im InterviewDas glanzvolle Comeback der Kelly Family

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Mehr als 20 Millionen Tonträger haben die Kellys seit ihrem Durchbruch im Jahr 1994 verkauft. Patricia Kelly (2. v. r.) erlebt Auftritte heute noch intensiver als früher.

Mehr als 20 Millionen Tonträger haben die Kellys seit ihrem Durchbruch im Jahr 1994 verkauft. Patricia Kelly (2. v. r.) erlebt Auftritte heute noch intensiver als früher.

Die Kelly Family ist zurück. 23 Jahre nach dem legendären Konzert in der Dortmunder Westfalenhalle beglückten sie im Mai 2017 in der Arena erneut 17 000 Fans. In den Folgemonaten feiern die Kellys ein fulminantes Comeback. Mit Patricia Kelly sprach Andrea Herdegen.

Frau Kelly, Sie haben seit 2008 als Solistin gearbeitet. Was war seinerzeit die Motivation?

Nachdem die Familie eine Pause eingelegt hatte, war für mich klar: Ich kann nicht aufhören zu singen. Mit Stimmbändern muss ständig gearbeitet werden, auch mit der Bühnenpräsenz. Ich spürte auch die Leidenschaft, ich brauche die Musik. Also habe ich solo CDs produziert, bin auf Tour gegangen und im Fernsehen aufgetreten.

Was hat Sie wieder mit der „Family“ zusammengebracht?

Die Zeit war reif für eine Reunion. Wir hatten alle Abstand gebraucht – es war sehr, sehr viel los damals. Viel zu viel. Wir alle brauchten diese Pause, um Familien zu gründen, sich privat und auch als Solo-Künstler ein bisschen auszutoben.

Zur Person

Patricia Kelly, geboren am 25. November 1969 im spanischen Gamonal, ist das drittältestes Mitglied der Kelly Family. Seit 2008 ist sie auch solo tätig. Sie ist verheiratet und Mutter zweier Söhne.

Die irisch-amerikanische Familie reist ab 1978 mit Straßenmusik durch die USA und Europa. Mit dem Album „Over The Hump“ gelingt 1994 der Durchbruch.

Die Familie lebt zwischenzeitlich auf einem Hausboot, im Doppeldeckerbus und von 1998 bis 2002 auf Schloss Gymnich in Erftstadt. Bis 2006 wurde die Band 48 mal mit Gold und Platin ausgezeichnet.

Insgesamt haben die Kellys mehr als 20 Millionen Tonträger verkauft.

Nach mehrjähriger Pause starten einige Mitglieder der Familie im Mai 2017 ein erfolgreiches Comeback.

Konzerttipps

Kelly Family, St. Goarshausen, 24./25. August, jew. 19.30 Uhr

Loreley, Freilichtbühne (Restkarten für den 24. August)

Patricia Kelly – Solotour:

15. Dez: Hagen, Kirche St. Martinus

21. Dez: Krefeld, Dionysiuskirche

Weitere Infos unter

www.semmel.de

www.koelnticket.de

Was hat die Pause beendet?

Die Pause hat uns auch zu der Einsicht gebracht, dass wir als Familie auf der Bühne wirklich etwas ganz Tolles waren. Und noch immer sind. Besonders und einzigartig. Manchmal ist ein Rückzug das Beste, was man tun kann, um das schätzen zu lernen, was man hat.

Das Publikum zieht mit, die ersten Konzerte der Tour waren binnen Minuten ausverkauft. Haben Sie damit gerechnet?

Ganz ehrlich? Nein. Die große Hallentournee durch sieben Länder Europas war komplett ausverkauft, nahezu alle Open-Airs auch. Das lässt sich nicht planen. Es war uns damit klar, dass uns das Publikum treu geblieben ist.

Aber?

Wir wussten nicht, in welchem Maße. Wir hatten Respekt davor und fragten in der Planungsphase unseren Tourveranstalter: „Denken Sie nicht, dass das ein bisschen übertrieben ist mit den großen Arenen?“

Wie hat er reagiert?

Er sagte voller Überzeugung: „Nee, nee, das wird schon.“ Und nun genießen wir jeden Moment, saugen alles auf. Es ist wirklich sehr, sehr schön.

Was verbindet Sie mit den Fans in Deutschland?

Deutschland ist das wichtigste Land für die „Kelly Family“. Unsere großen Erfolge, gerade am Anfang, haben wir vor allem dem deutschen Publikum zu verdanken.

Wie erklären Sie sich diese gegenseitige Verbundenheit?

Vielleicht liegt es daran, dass wir Iren ein bisschen verrückt sind, crazy, sehr freiheitsbewusst. Diese Freiheit ist sicher etwas, das wir der deutschen Seele geben können. Aber Europa allgemein ist sehr gut zu uns. Unsere Tournee im Frühjahr lief durch sieben Länder – und überall haben uns die Menschen mit offenen Armen empfangen.

Wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt?

Wie eine Achterbahn. In der Westfalenhalle in Dortmund nach 17 Jahren wieder vor 17 000 Menschen auf der Bühne zu stehen, war ein Erlebnis, das sich ins Gehirn und ins Herz eingeprägt hat. Ich habe geweint, auch auf der Bühne. Die Emotionen waren so stark. Auch für das Publikum: Viele Fans haben lange auf unsere Rückkehr gewartet, man konnte in den Gesichtern sehen, wie sehr sie sich gefreut haben.

Man spürt es überdeutlich: Also genießen Sie Ihren Traumjob?

Absolut. Als Künstler erlebt man lange Dürren und dann wieder Abende, an denen die Feuerwerksraketen in den Himmel schießen. Dafür muss man geboren sein, denn es ist nicht immer leicht.

Erleben Sie die Bühne anders als früher?

Sogar besser als früher. Ich bin keine 20 mehr, ich erlebe alles sehr bewusst. Und ich merke, wie privilegiert wir sind. Klar, wir haben sehr hart gearbeitet dafür. Aber es gibt viele Künstler, die ebenso hart arbeiten und trotzdem keinen Erfolg erlangen.

Wie ist die Stimmung in der Familie?

Großartig – auf und hinter der Bühne. Das Alter, die Reife tut uns allen gut. Wir lernen allmählich, uns gegenseitig zu akzeptieren, wie wir sind. Das hilft. Wir arbeiten nicht nur zusammen, wir sind Geschwister.

Wie sieht das im Alltag aus?

Wir fahren immer noch im gleichen Auto zusammen, wir gehen zwischen den Auftritten nicht getrennte Wege. Es ist wirklich ein Gefühl von Gemeinsamkeit. Wir sind ein Team. Wir unterhalten uns, wir streiten uns, wir lachen zusammen. Wir sind eine ganz normale Familie.

Und das Publikum?

Das Publikum ist auch ruhiger geworden. Es herrscht große Freude, eine große Party, aber es überschlägt sich nie in Hysterie, wie früher. Wir können uns ganz normal bewegen. Von mir aus kann es immer so weitergehen.

Die Kellys habe seinerzeit auch polarisiert, lösten Kritik und Spott aus. Stichwort „Kelly-Sekte“ oder die „singende Altkleidersammlung“. Wie sind Sie damit umgegangen?

Es war nicht einfach, es war extrem. Das ist wohl der Preis des Ruhms. So ist das Leben. Heute kann ich damit umgehen.

Und wie begegnet man Ihnen heute?

Ganz ohne jeden Hohn und Spott. Letztens kam ein angesagter junger deutscher Sänger, so um die 25, total in und cool und hip. Namen nenne ich keinen. Der sagte zu mir: „Ich freue mich, so eine Legende wie dich kennenzulernen.“ Ich dachte erst, er macht einen Witz. Doch er bekräftigte: „Ich bin wirklich ein Bewunderer von euch.“ Wie verrückt ist das denn?

Sie und Ihre Geschwister haben Kinder. Die nächste Generation der „Kelly Family“?

Wir streben das nicht gezielt an. Ich will für meine Kinder nur, dass sie den Beruf ausüben, der sie glücklich macht. Mein älterer Sohn macht gerade sein Abitur. Dann will er BWL studieren. Mit Musik will er gar nichts zu tun haben, obwohl er fantastisch Klavier spielt.

Werden die Kellys gemeinsam weitermachen?

Es gibt Gespräche, aber noch keine konkreten Pläne.

Ihr Solo-Programm beinhaltet Traditionals, Folk, Pop und Jazz mit Texten in sechs Sprachen. Woran hängt Ihr Herz am meisten?

Handgemachte Musik. Irische Folklore, spanische Folklore. In diesem Stil kann ich Lieder schreiben und sie zur Gitarre singen. Zu Weihnachten toure ich mit Weihnachtsliedern. Ich sehe mich als Singer/Songwriter mit Schwerpunkt Folklore.

Was sollen die Menschen denn aus Ihren Konzerten mitnehmen?

Ich wünsche mir, dass sie sagen: „Boah! Ich habe für ein paar Stunden alle meine Sorgen vergessen. Ich habe getanzt, gelacht, geweint. Jetzt bin ich voller Energie.“ Unser Job als Künstler ist es, den Menschen etwas Positives zu geben.

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