SchlagerstarRoland Kaiser berichtet in Autobiografie von Licht und Schatten

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Roland Kaiser 

Roland Kaiser 

Münster – Wie kam Roland Kaiser, oder damals noch Ronald Keiler, zum Schlager? Und wie wurde aus dem Keiler eigentlich Kaiser? Fragen wie diese beantwortet der Schlagersänger, Moderator und Fernsehproduzent („RTL Samstag Nacht“) aus Münster in seiner gestern veröffentlichten Autobiografie „Sonnenseite“. Er beschreibt, wie er im Leben immer wieder auf die Füße fiel. Und auch der plötzliche Tod seiner Pflegemutter ist Thema.

Überhaupt spart der heute 69-Jährige auch nicht die Schattenseiten seiner Karriere aus und thematisiert Fehler, die der in den Stunden des Erfolgs machte. Etwa als er seinen Fans zu spät von seiner chronischen Lungenkrankheit COPD berichtete. Dem Sänger fiel das Atmen da bereits immer schwerer. Eine Lungentransplantation im Februar 2010 verhalf ihm schließlich zu einem zweiten Leben, nachdem er zuvor ein Konzert in der Westfalenhalle hatte abbrechen müssen. „Ich habe meiner Familie zugemutet, nicht über die Krankheit zu sprechen. Aus heutiger Sicht war das falsch. Ich habe die Empathiefähigkeit der Menschen unterschätzt. Meine Frau hatte mir schon viel früher geraten, damit an die Öffentlichkeit zu gehen“, sagt Kaiser heute.

Von der Kindheit in Berlins Arbeiterviertel

Kaiser schildert in „Sonnenseite“, wie er im Berliner Arbeiterviertel Wedding aufwuchs, schwärmt von seiner Pflegemutter, von ihren Werten und ihrer Erziehung. Berichtet, wie er sich mit Freunden herumtrieb und US-Präsident John F. Kennedy bei seiner berühmten Rede („Ich bin ein Berliner“) erlebte. Bis heute ist ihm die Verbindung zum Wedding erhalten geblieben: „Wenn ich in Berlin bin und mal Zeit habe, fahre ich durch den Wedding und schaue, was sich verändert hat.“

Erstmals erzählt Kaiser in dem Buch auch ausführlich vom Tod seiner Pflegemutter: „Weil es zu meinem Leben gehört. Es war eine schwierige Zeit, ein besonderer Einschnitt in meinem Leben. Ich wusste nicht, wie es weiterging, und hatte Sorge, ins Heim zu kommen. Die Frage war, wer kümmert sich um mich?“ Seine leibliche Mutter hatte ihn bereits kurz nach der Geburt abgegeben. Als er 15 Jahre alt war, fiel sie beim Aufhängen der Gardinen plötzlich von der Leiter – Schlaganfall. Drei Wochen später starb sie. „Ein paar Jahre nach dem Tod meiner Mutter konnte ich damit abschließen. Es ist wie es ist, hatte damit nicht lebenslang zu kämpfen.“

Zwiespältige Beziehung zur Familie

Die in West-Berlin weit verzweigte Familie fing den trauernden 15-Jährigen auf. Jahre später, mit Kaisers Ruhm, änderte sich das. „Das Verhältnis zu meiner Verwandtschaft war immer sehr ambivalent. Ich habe versucht, die Verbindung aufrecht zu erhalten. Aber irgendwann hieß es, er ist nicht mehr einer von uns.“

„Nach meinen Erfolgen in den Jahren 1980 bis 1984, als jedes Lied erfolgreich war, glaubt man, man hätte den Schlüssel zum Erfolg gefunden. Das glaubt man dann auch selbst“, sagt Kaiser. „Da habe ich mich negativ entwickelt. Das ist mir selbst aufgefallen. Ich hatte mich dann mit weniger Ja-Sagern umgeben. Mir wurde klar, dass es nicht sein kann, dass ich nicht mehr kritikfähig bin.“

Ein kritischer Geist war Kaiser immer. Der bekennende Sozialdemokrat legte sich einmal per Brief mit Erich Honecker an – und setzte sich am Ende durch. Die DDR wollte Kaisers Keyborder bei den Feierlichkeiten zu 750 Jahren Berlin nicht bei drei Konzerten im Friedrichstadt-Palast auftreten lassen. Der SED war ein Dorn im Auge, dass der Musiker 1980 aus der DDR geflohen war.

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Dass Kaiser Kontakt zur Musikbranche bekam, war Zufall, wie er in dem Buch ausführlich schreibt. Der gelernte Kaufmann war beruflich in einem Autohaus gelandet. Dort lief er einem Versicherungsvertreter über den Weg: Lothar Kämpfe, Bruder des Musikmanagers Gerhard Kämpfe. Kaiser lieferte sich einen frechen Wortwechsel mit Lothar und provozierte ihn. Singen sei ja wohl leicht verdientes Geld. Dabei hatte der junge Ronald Keiler bis dahin noch nie gesungen. Im Tonstudio sang er im ersten Versuch mit seinem eigenen Stil „In the Ghetto“ von Elvis Presley – und ging mit einem Dreijahresvertrag nach Hause. Und später mit einem neuen Namen. Keiler hörte sich doch zu sehr nach Wildschwein an. (dpa)

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