Nach Corona-AbsageWie es mit der Lit.Cologne nun weiter geht

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  • Seit Montag können Karten für die abgesagte lit.Cologne zurückgeben werden.
  • Doch viele Mitwirkende setzen sich dafür ein, dass das Publikum seine Karten behält und dass Lesungen nachgeholt werden.
  • Axel Hill sprach mit Rainer Osnowski über den aktuellen Stand und die Zukunft des Festivals.

Wie ist Ihr momentanes Gefühl?

Zwischen Hoffen und Bangen. Die Anzeige, die am Samstag auch in der Rundschau geschaltet worden ist, war wirklich sehr ermutigend – und sehr berührend. Und dazu die ganzen Statements von Autoren aus aller Welt – das zeigt noch einmal welchen Stellenwert die lit.Cologne nicht nur für das Publikum, sondern auch für die Künstler hat. Das ist heute unser Lebenselexier!

In der Anzeige hatten 63 Autoren und Schauspieler, von Götz Alsmann bis Peter Wohlleben, dazu aufgerufen, die Karten für ausgefallene Veranstaltungen nicht zurückzugeben. Haben Sie davon gewusst?

Frank und Sabine Schätzing hatten zwar bei uns verschiedene Adressen abgefragt. Aber die Anzeige habe ich erst am Samstag in der Zeitung gesehen. Das gibt mir weiter Kraft, mit der Energie, mit der ich gestartet bin, auch weiterzumachen.

Thees Ullmann

Thees Ullmann

Gibt es Reaktionen darauf?

Die positiven Reaktionen etwa des Publikums sind konstant geblieben. Was da per Mail an allgemeinem Zuspruch kommt, ist irre.

Wer seine Karten nicht zurückgibt, kann eine Spendenquittung bekommen, weil die lit.Cologne eine gemeinnützige GmbH ist. Das ist in diesem Moment natürlich von Vorteil, weil Sie dem Publikum etwa zurückgeben können.

Das stimmt. Aber es wird in erster Linie nicht danach gefragt, erst vielleicht im zweiten Schritt.

Können Sie schon jetzt abschätzen, wie hoch der Verlust sein könnte?

Nein. Wir haben zunächst einmal 1,5 Millionen Einnahmeausfall. Die Summe reduziert sich, je nach dem, wie viele Zuschauer ihre Eintrittskarten nicht zurückgeben. Und wir haben das Festival ja auch nicht durchgeführt, das heißt die allermeisten der Mitwirkenden haben keinen Honoraranspruch. Wenn alles schief geht, rechnen wir mit 750 000 bis 900 000 Euro als Deckungslücke, die wir überbrücken müssen. Und das kann natürlich für uns als kleines Unternehmen das Aus bedeuten.

Olga Tokarzuk

Olga Tokarzuk

Momentan gibt es 29 Alternativtermine. Sind Sie damit zufrieden?

Die Resonanz ist bislang riesig, aber es gibt zwei Probleme, die man nicht verschweigen darf: Die Frage ist ja, geht es wirklich im September ganz normal weiter? Oder müssen wir noch einmal verschieben?

Und all die großen Schauspieler haben jetzt noch alle Zeit. Aber was ist, wenn die Film- und Fernsehproduktion wieder anläuft? Müssen Sie uns dann absagen, weil sie drehen? Wir müssen weiterhin auf Sicht fahren.

Was ist mit den anderen rund 80 Veranstaltungen des Erwachsenenprogramms?

Viele werden nicht nachgeholt werden können – etwa weil die Autoren nicht reisen. Oder logistisch: Die Fußball- oder die Handball-Veranstaltung werden wir in dieser Konstellation sicher nicht im Herbst wiederholen können. Damit muss man sich im Moment abfinden...

Was ist mit den US-Autoren?

Die Managements bemühen sich, aber sie wissen natürlich nicht, wie sich die Situation in den USA entwickelt.

Viele der neuen Termine sind im September, aber vor allem im Oktober. Wird die lit.Cologne-Spezial ausgeweitet?

Das könnte man vielleicht so nennen. Dann wird die „Spezial“ ein bisschen üppiger.

Auf nächstes Jahr geschoben ist die Gala, die erst im Festival 2021 zum Zuge kommen wird.

Elke Heidenreich versucht gerade die Mitwirkenden auf den 3. März zu eichen, was im Moment noch gut aussieht.

Keine neuen Termine gibt es für die Lesungen der lit.kid.Cologne...

Ja, die Arbeit war zu 100 Prozent umsonst. Es sind große Subventionen nötig, das Programm auf die Beine zu stellen. Jeder Euro, der in dieser Krisensituation ins Kinderprogramm fließen würde, wäre relativ unverantwortlich eingesetzt. Und die Schule meines Sohnes hat zum Beispiel klar angekündigt, dass Klassenausflüge bis zu den Sommerferien gestrichen sind, der ganze Stoff muss ja nachgeholt werden.

Ist es für die lit.Cologne personell zu stemmen, wenn es in der zweiten Jahreshälfte so viele Veranstaltungen geben wird?

Das ist die große Frage! Wie können wir Mitarbeiter halten? Mit Kurzarbeit? Wir haben acht Festangestellte und viele Freelancer. Es könnte vielleicht gehen, wenn die Stadt Köln und das Land uns die gewünschte einmalige Förderung gibt. Mit uns wird sich sehr viel geschmückt, im Koalitionsvertrag werden wir, glaube ich, fünf Mal erwähnt als Leuchtturmprojekt. Und das war bisher ein billiges Unterfangen, denn wir haben ja bislang nie Geld dafür bekommen. Da wäre es jetzt ein wichtiges Zeichen von Stadt und Land zu sagen, wir haben es verstanden: Um die lit.Cologne zu erhalten und in der Stadt und im Land zu halten, müssen wir was tun. Dann kann ich den Mitarbeitern auch garantieren, dass es weitergeht.

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