Nach Manifest gegen Corona-RegelnWie es Kölner Musiker mit der Impfung halten

Lesezeit 3 Minuten
20210124_tb_Philharmonie_008

In der Philharmonie gilt wieder die Maskenpflicht am Platz. 

Köln – Frei ist die Kunst. Oder doch eher nicht? Gegen 2- und 3G-Regeln machte vor wenigen Wochen der Kölner Saxofonist Roger Hanschel mobil. Seine Begründung: Die Beschränkungen führten zu Ausgrenzungen. Es drohe eine Zwei-Klassengesellschaft aus Geimpften und Nicht-Geimpften.

Insgesamt, so Hanschel, grassiere weniger die Angst, sich mit Covid-19-Virus anzustecken, als die Existenzsorge vor der Arbeitslosigkeit. Mit seiner Meinung steht der Musiker nicht allein da. Sein Manifest unterschrieben zahlreiche Musiker auch hiesiger Ensembles, darunter Mitglieder des Gürzenich- und des WDR-Sinfonieorchesters sowie von Concerto Köln.

Überzeugungsarbeit beim Publikum

Aber: Corona führt auch in den Konzertsälen und auf Theaterbühnen zu bisweilen extrem niedrigen Besucherzahlen und folglich Umsatzeinbrüchen. Der Spielbetrieb ist zwar wieder angelaufen, aber mit gebremsten Schaum. Dabei leisten die Veranstalter viel Überzeugungsarbeit, dass der Besuch sicher ist.

Auch wenn die Technik der Philharmonie auf der Liste der hunderte Millionen Euro betragenden Investitionen steht, die in nächster Zukunft am Heinrich-Böll-Platz anstehen, betonte Intendant Louwrens Langevoort wiederholt, dass Lüftung und Hygienekonzept bestens funktionieren. Doch: „Das Publikum ist sehr vorsichtig, und wir haben große Probleme zu überzeugen“, sagt Sumi Schmidt, Pressesprecherin des Gürzenich Orchesters.

Die meisten Musiker sind geimpft

Gibt es intern in den Klangkörpern Dissonanzen mit den Ungeimpften? „Die Impfquote im WDR Sinfonieorchester liegt weit über dem bundesdeutschen Durchschnitt“, beteuert Stephanie Noack von der Kommunikationsabteilung des Senders. Gleiches gelte für das Funkhausorchester und die WDR-Bigband. Sind das dann bis zu 30 Prozent Ungeimpfte wie etwa bei der Dresdner Philharmonie? Detaillierte Zahlen könne man nicht nennen, so die Sprecherin.

Beim Gürzenich Orchester gib es genaue Angaben. Bei 130 Mitgliedern sei die Quote von 3,8 Prozent Ungeimpften überschaubar, erklärt Sumi Schmidt.

Polarisiert der Pieks in den Ensembles? Die Impfgegnerschaft innerhalb des Orchesters sei gefühlt „kein großes Thema“, sagt Sumi Schmidt. Kontroversen gebe es auch dann nicht, wenn manche das Thema Impfen im privaten Umfeld vielleicht anders sähen. Bei Gastspielen wie in der Hamburger Elbphilharmonie müssten sie allerdings zu Hause bleiben, da dort für die Aufführungen 2G gelte.

Das könnte Sie auch interessieren:

Als Arbeitgeber ist das Gürzenichorchester an 3G gebunden und bietet tägliche PCR-Tests an. Mittlerweile habe sich dabei eine Routine eingestellt. „Aber das ist wie beim Puzzle“, sagt Schmidt.

Denn es müssten beim Testen unterschiedliche Instrumentenpools zusammengeführt werden. Alle Bläser zum Beispiel dürfen erst nach dem Test zusammen kommen, wenn klar sei, dass alles im grünen Bereich liege. Denn werde nur einer positiv getestet, müsse die ganze Gruppe gesperrt werden, das Konzert könnte dann womöglich ausfallen.

Auswärtige Orchester, die in der Philharmonie gastieren, wiederum kümmern sich selbst um die Nachweise und legen , so Sprecher Sebastian Lölgen, die Ergebnisse ihrer Tests vor.

Auch bei den Bühnen ist man stolz, dass mehr als 90 Prozent der Mitarbeiter von Oper, Schauspiel und Tanz geimpft seien.

Kommentar von Axel Hill: Leere Ränge gefällig?

Das nennt man wohl, sich ins eigene Knie schießen. Bei allem Verständnis, dass es die persönliche Entscheidung von einem jedem und einer jeden ist, sich impfen zu lassen. Aber wenn man Teil eines Ganzen ist, könnte man vielleicht ja auch auf die Idee kommen, sich einfach mal solidarisch zu verhalten? Vor allem, wenn man dank einer mit Steuermitteln subventionierten Institution den Lebensunterhalt bestreitet?

Doch man sollte als Künstler spätestens dann hellhörig werden, wenn das Publikum nicht kommt. Und das bleibt etwa nicht weg, weil sie 2G nicht erfüllen wollen. Die Menschen sind trotz all der Vorkehrungen, die alle Häuser vorbildlich getroffen haben, verunsichert. Und so richtig brummen wird es in der Hochkultur wohl erst wieder durchgängig , wenn das Virus in all seinen Mutationen in Schach gehalten werden kann. Schon das allein sollte Motivation genug sein, sich doch zum Impfen aufzuraffen. Denn wer spielt schon gern vor leeren Rängen?

Rundschau abonnieren