Oper KölnWas das Publikum in der neuen Spielzeit erwartet

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Entspannter Plausch: Hein Mulders und François-Xavier Roth im Gespräch mit Moderatorin Sabine Weber.

Entspannter Plausch: Hein Mulders und François-Xavier Roth im Gespräch mit Moderatorin Sabine Weber.

Köln – Bahnt sich da eine neue Männerfreundschaft an? Auf den Fotos im Spielzeitheft demonstrieren der künftige Opernintendant Hein Mulders und Kölns Generalmusikdirektor François-Xavier Roth schon mal den großen Schulterschluss. Und auch bei der Präsentation des Spielplans wehte mehr als nur ein Hauch von Harmonie durch das Staatenhaus.

Man überhäufte sich gegenseitig mit Lob, ob der Professionalität, der Intensität und der Schnelligkeit, mit der man zusammenarbeite. Es habe sofort gefunkt, die Spielzeit mit den insgesamt acht Premieren (siehe Infokasten) sei im Passspiel geplant worden.

Neuer Kölner Opernintendant erst vor einem Jahr vorgestellt

Und sportlich war die Aufgabe definitiv, die Mulders stemmen musste: Vor genau einem Jahr war der 60-Jährige als Nachfolger von Birgit Meyer vorgestellt worden, Anfang Mai 2021 wurde er vom Rat der Stadt zum Opernintendant bestellt. Zwölf Monate Vorbereitungszeit, während an der Oper doch normalerweise auf Jahre im Voraus geplant wird.

Dass er das geschafft habe – und auch schon die Planung darüber hinaus habe angehen können – verdanke er seiner 30-jährigen Erfahrung. Und in der Kürze der Zeit liege auch eine besondere Dynamik: „Man kann sich Dinge endlos lang überlegen. Aber wenn es sein muss, kann ich auch sehr schnell Entscheidungen treffen. Und das habe ich gemacht!“

So will er am Dirigentenpult und bei der Regie zum einen auf bekannte Namen wie Roberto Rizzi Brignoli, Christof Loy, Benjamin Lazar oder Katie Mitchell setzen, zum anderen will er auch neuen Gesichtern eine Chance geben. So wird die Italienerin Cecilia Ligorio „La Cenerentola“ inszenieren – ihre erste Arbeit in Deutschland.

Sänger und Sängerinnen der ersten Liga waren noch verfügbar

Und er habe auch Glück gehabt, dass einige Sänger und Sängerinnen frei waren, die zur ersten Liga gehören. „Zum Beispiel die Doppelbesetzung James Rutherford und Jordan Shanahan sowie Ingela Brimberg und Megan Miller im ,Fliegenden Holländer’ – da kann ich nur danke sagen!“ Roth, der den „Holländer“ dirigiert, und Mulders wollen übrigens in den kommenden Jahren mehr Wagner auf die Bühne bringen, hielten sich aber bedeckt, was die Werke angeht – bis auf ein Grinsen Roths auf den halblauten Zwischenruf „Ring“.

Nach der „Duftmarke“ gefragt, die er mit seinem Spielplan setzen möchte, antwortet Mulders unverblümt: „Ganz platt gesagt: Große Oper mit großer Bandbreite.“ In den zehn Jahren, seit man nicht mehr am Offenbachplatz sei, habe man „sehr viel Publikum verloren“, das er zurückgewinnen will.

Die Premieren

24. 9.: „Les Troyens“ (Berlioz) – Musikalische Leitung (ML): François-Xavier Roth; Regie (R): Johannes Erath.

2.10.: „Miranda“ (Purcell/ Raphaël Pichon) – ML: George Petrou; R: Katie Mitchell.

19.11.: „Der Zwerg“/ „Petruschka“ (Zemlinsky/Strawinsky) – ML: Lawrence Renes; R: Paul-Georg Dittrich/Richard Siegal.

17. 12.: „La Cenerentola“ (Rossini) – ML: Matteo Beltrami; R: Cecilia Ligorio.

4.3.2023: „Luisa Miller“ (Verdi) – ML: Roberto Rizzi Brignoli; R: Christof Loy.

2.4.2023: „Der fliegende Holländer“ (Wagner) – ML: François-Xavier Roth, R: Benjamin Lazar.

14.4.2023: „La Bête dans la jungle“ (Araud Petit) – ML: François-Xavier Roth; R: Fredric Wake-Walker.

6.5.2023: „Guilio Cesare in Egitto“ (Händel) – ML: Rubén Dubrovsky; R: Vincent Boussard. (EB)

Das bisherige Programm sei „sehr, sehr interessant“, aber es sei auch schwierig gewesen, damit das „große Publikum“ zu erreichen. „Ich habe mir gedacht, ich bringe erst mal große Komponisten und große Stücke – ohne dass es alles Blockbuster sind. ,Luisa Miller’ von Verdi ist nicht unbedingt ,La Traviata’ oder ,Rigoletto’, hat aber die gleiche Genialität in der musikalischen und dramaturgischen Gestaltung. Und ,Les Troyens’ ist das Opus Magnum aus dem französischen 19. Jahrhundert, aber man hört es nicht alle Tage.“ In Köln dann ab dem 24. September, wenn Roth mit dieser seiner dritten Berlioz-Oper die Spielzeit eröffnet.

Neue Spielzeit der Oper Köln: „Müssen Programm für Publikum vor Ort machen“

Diese Bandbreite der großen Oper sei ihm sehr wichtig. „Und dass das Angebot sofort ein großes Publikum ansprechen kann.“ In seinen zehn Jahren als Intendant in Essen habe er eines gelernt: „Es ist schön, sich für sich selbst schöne Programme auszudenken, aber wir müssen das für das Publikum vor Ort machen.“ Und: „Was in Paris funktioniert, oder in Madrid, funktioniert nicht unbedingt in Köln. Dafür muss man erst einmal das Publikum kennenlernen.“

Auch das Ensemble will Hein Mulders zunächst kennenlernen, um dann in einem Jahr zu entscheiden, wer von den Sängerinnen und Sängern zu seinem Profil passt.

In der „Nachbarschaft“ hat er sich nicht nur vorgestellt, sondern auch gleich jemanden „ausgeliehen“. Für die Choreographie von „Petruschka“ wollte er Richard Siegal, habe aber der Ordnung halber zuvor bei Schauspielintendant Stefan Bachmann angefragt. Nach dessen grünem Licht musste er nur noch den Amerikaner überzeugen, „er macht ja eigentlich keine Handlungsballette“. Aber auch hier hat Mulders Überzeugungsarbeit leisten können.

Wiederaufnahmen runden neue Spielzeit ab

Abgerundet wird das Portfolio mit einer Handvoll Wiederaufnahmen, zwei Premieren in der Kinderoper und Tanzgastspielen (unter anderem von Sidi Larbi Cherkaoui, dem Ensemble Introdans und dem Ballett der Oper Düsseldorf).

Mulders und Roth haben neben der Liebe zur Oper noch eine Gemeinsamkeit: In Sachen Karneval seien sie beide „Jungfrau“. Was den Holländer nicht davon abhält, für den 30. Januar ein Karnevalskonzert mit dem Ensemble und Gürzenich-Orchester anzuberaumen.

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