Interview zum Thema Strahlenschutz„5G und Corona haben nichts miteinander zu tun“

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Die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz, Inge Paulini

  • Das Edelgas Radon ist einer häufigsten Ursachen für Lungenkrebs hierzulande.
  • Trotzdem wissen nur wenige, wie man sich schützen kann.
  • Die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz, Inge Paulini, erklärt, was man selbst tun kann. Und warum 5G nichts mit Corona zu tun hat.

Frau Paulini, laut Strahlenschutzgesetz mussten alle 16 Bundesländer bis Ende 2020 Gebiete ausweisen, wo eine erhöhte Radon-Konzentration messbar ist. Was ist Radon und warum ist es gefährlich?

Paulini Radon ist ein sehr flüchtiges, radioaktives Edelgas, das aus der Erdkruste kommt. Daher kann es überall vorkommen und über Gebäudeteile, die den Boden berühren, in unsere Wohn- und Arbeitsräume gelangen. Und wenn die Konzentration lange Zeit hoch ist, kann es zu Lungenkrebs führen. Deswegen ist es sehr relevant, sich darum zu kümmern.

Bei Strahlung geht es in der öffentlichen Diskussion meist um Sonne oder Atomenergie. Unterschätzen wir Radon?

Paulini Ja, das Thema Radon ist nicht bekannt genug und wird unterschätzt. Wir haben 2019 eine Umfrage gemacht und festgestellt, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher Radon nicht kennen. Dabei ist es nach dem Rauchen eine der häufigsten Ursachen für Lungenkrebs.

Wo kommt Radon am häufigsten vor?

Paulini Die Situation ist im Bundesgebiet unterschiedlich, die Wahrscheinlichkeit von höheren Radon-Konzentrationen ist zum Beispiel in den Mittelgebirgen größer. Nach dem neuen Strahlenschutzgesetz sind die Bundesländer verpflichtet, Vorsorgegebiete auszuweisen, in denen der Referenzwert für Radon in überdurchschnittlich vielen Gebäuden überschritten wird. Eine Übersicht darüber, welche Länder solche Gebiete festgelegt haben, gibt es auf unserer Internetseite.

Wie sieht es in NRW aus?

Paulini In NRW liegen die Werte im bundesweiten Durchschnitt, es gibt keine Häufung besonders hoher Konzentrationen. Aber auch wenn keine Vorsorgegebiete ausgewiesen werden, können Gebäude mit erhöhten Radon-Werten vorkommen.

Was kann ich als Verbraucher tun?

Paulini Man kann sich auf unseren Webseiten informieren und man kann messen. Es gibt Radonmessdosen, die klein und einfach aufzustellen sind und ohne Strom funktionieren. Diese stellt man in die Räume, in denen man sich längere Zeit aufhält, wie Wohn- und Schlafzimmer – die höchsten Radon-Werte hat man meistens in Kellern und Erdgeschossen. Die Radon-Messung ist eine Langzeitmessung, man sollte sie am besten ein ganzes Jahr lang durchführen. Wenn erhöhte Werte auftreten, hilft als erste Maßnahme das Lüften. In einem zweiten Schritt sollte man schauen, auf welchem Weg das Radon in das Gebäude eindringt, und Risse im Gemäuer und am Boden abdichten.

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Was kosten die Geräte?

Paulini Eine Messung kostet zwischen dreißig und fünfzig Euro. Je nachdem, wie viele Räume man testen möchte, erhöhen sich die Kosten. Aber es ist ein vergleichsweise übersichtlicher Geldbetrag, der für die eigene Gesundheit gut investiert ist.

Wie kommt es, dass man so wenig darüber weiß?

Paulini Es ist kein unbekanntes Phänomen, seit Jahrzehnten wird daran geforscht. Je näher man am Bergbau dran ist, desto eher hatte man schon damit zu tun. Aber es ist in der breiten Öffentlichkeit nicht so präsent.

Vor zehn Jahren gab es den radioaktiven Unfall im japanischen Fukushima  - war das eine Zäsur auch in Deutschland.

Paulini Ja. Es war das zweitgrößte Ereignis nach Tschernobyl. Es war der Start für den Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland, aber es war auch ein Wendepunkt für die Planungen für Unfälle in Kernkraftwerken. Es wurde klar, dass Unfälle dieser höchsten Kategorie auch in einem hoch industrialisierten Land eintreten können und man Vorsorge treffen muss. Daraufhin wurde der Notfallschutz in Deutschland überprüft und ausgeweitet. Fukushima hat außerdem gezeigt, dass es um mehr geht als um Evakuierungspläne und Strahlungsmessungen, es geht insbesondere auch um den Umgang mit Traumatisierungen und Ängsten.

Ist man heute besser vorbereitet?

Paulini Wir sind besser aufgestellt, die Notfallpläne werden angepasst, es gibt ein radiologisches Lagezentrum des Bundes. Es wird mehr geübt, die Behörden sind enger miteinander verzahnt. Die Schutzzonen um Kernkraftwerke wurden überprüft und erweitert und etwa die Bestände an Jodtabletten aufgestockt.

Spüren wir in Deutschland noch Auswirkungen von Fukushima?

Paulini Nein, bei uns ist damals nichts angekommen, was die Gesundheit gefährdet hätte.

Ist die Corona-Pandemie ein Antrieb für den Notfallschutz insgesamt?

Paulini Die Pandemie war für uns ein Anlass, uns als Behörde mit Aufgaben im Notfallschutz zu überprüfen, ob wir auch unter diesen erschwerten Bedingungen einsatzbereit sind. Und sie zeigt eindringlich, wie wichtig Information und Kommunikation sind – auch für uns im Notfallschutz.

Es gab im Zusammenhang mit der Pandemie viele Verschwörungsmythen mit Blick auf die 5G-Technologie..

Paulini Das Interesse an 5G war im vergangenen Jahr in der Tat groß. Es gab verstärkten Informationsbedarf, der auch mit solchen Mythen zu tun hatte. Aber ganz klar ist: Wegen 5G muss sich niemand sorgen. Wir haben Grenzwerte, die eingehalten werden müssen, und es gibt keine Belege für schädliche gesundheitliche Auswirkungen von 5G unterhalb dieser Grenzwerte. Und ebenfalls sehr wichtig: 5G und Corona haben nichts miteinander zu tun. Es gibt keinen wissenschaftlichen Hinweis darauf, dass Mobilfunkstrahlung eine Wirkung auf die Ausbreitung von Viren haben könnte.

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