Umgang mit MissbrauchMeisners Rolle im Fall Heße rückt in den Fokus

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Der einstige Erzbischof von Köln Kardinal Joachim Meisner, aufgenommen im Jahr 2014

Köln – Im Streit um den Umgang des Erzbistums Köln mit einem Verdachtsfall sexualisierter Gewalt gegen Kinder im Jahr 2010 rückt neben der Person des damaligen Personalchefs und heutigen Hamburger Erzbischofs Stefan Heße nun auch der verstorbene frühere Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner in den Fokus. Das Erzbistum wies in einer am späten Donnerstagabend veröffentlichten Erklärung erneut auf ein Sondergutachten hin, nach dem eine vorgeschriebene Meldung des Verdachtsfalls  bei der Glaubenskongregation in Rom „pflichtwidrig ausgeblieben“ sei.

Dazu erläuterte der Kirchenrechtler Thomas Schüller von der Universität Münster der Rundschau, eine solche Anzeige gehöre zu den Amtspflichten des Diözesanbischofs, hier des verstorbenen Kardinals Erzbischof Joachim Meisner. Allein der Bischof trage diese Verantwortung, müsse aber in jedem Schritt des Verfahrens durch den Personalchef, also damals Heße, sowie den mit der Untersuchung beauftragten Kirchenrechtler, in der Regel den Offizial (Chefrichter), unterrichtet werden.  Meisner hatte den Geistlichen, dem Sexualdelikte zum Nachteil seiner drei Nichten vorgeworfen wurden, 2010 suspendiert, diese Maßnahme aber 2011 aufgehoben, da ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingestellt worden war. 2019 untersagte Meisners Nachfolger Rainer Maria Woelki dem Pfarrer die Ausübung des Dienstes, 2020 klagte die Staatsanwaltschaft Köln ihn an.

Schwer lesbare Notizen

Nach Angaben des Erzbistums hatte Heße den Pfarrer angehört. Darüber gebe es schwer leserliche handschriftliche Notizen, die am Donnerstag durch einen Experten analysiert worden seien. Sie enthielten keinen Hinweis darauf, dass der Pfarrer gegenüber Heße ein Geständnis abgelegt habe. Heße begrüßte diese Klarstellung. Damit stehe fest, „dass es in dem Fall keine Vertuschung durch mich gegeben hat“.

Stefan Heße

Stefan Heße ist seit 2015 Erzbischof von Hamburg.

Umstritten bleibt Heßes Umgang mit dem Ergebnis der Anhörung. Gegenüber unserer Zeitung hatte er bestritten, einem Verfahren zugestimmt zu haben, in dem bewusst kein Protokoll angefertigt oder gar Unterlagen im Zweifel vernichtet werden sollen. Genau dieser Vorwurf geht aber nach Angaben des Kölner Erzbistums aus einer Gesprächsnotiz über ein Telefonat zwischen dem Anwalt des Pfarrers und der damaligen Justiziarin des Erzbistums hervor.

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Schüller sagte, Heße hätte veranlassen  müssen, dass das Gespräch verschriftlicht werde. Zur Frage, warum das unterblieben sei, teilte das Erzbistum Hamburg der Rundschau mit, die Notiz sei zu den Akten genommen worden. Schüller erklärte auch, nachdem die mutmaßlichen Opfer 2010 nicht mehr hatten aussagen wollen, wären weitere Nachforschungen im sozialen Umfeld des Priesters und seiner mutmaßlichen Opfer „Amtspflicht“ der Zuständigen gewesen.

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