ImmobilienWarum der Traum vom Eigenheim kaum noch finanzierbar ist

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Das Eigenheim ist für immer weniger Menschen realisierbar.

Das Eigenheim ist für immer weniger Menschen realisierbar.

Frankfurt – Der Boom in der Baubranche scheint sich nicht fortzusetzen. Im April gingen nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts 16,4 Prozent weniger Aufträge ein als im März, dabei war der Rückgang im Wohnungsbau mit 17,4 Prozent besonders stark. „Wie von uns befürchtet, stellen die Investoren ihre Projekte aufgrund der unsicheren Lage und den starken Preissteigerungen zurück“, sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.

Allerdings sei der Rückgang im Wohnungsbau auch auf einen Basiseffekt zurückzuführen. So waren im April 2021 36 Prozent mehr Aufträge eingegangen als im Vormonat.

Die Lage dürfte sich in den kommenden Monaten nicht bessern. Denn die Preise für Wohnimmobilien steigen weiter. Im ersten Quartal lagen sie um 12 Prozent über dem Vorjahresquartal. Das meldete das Statistische Bundesamt. Damit hätten sie gegenüber dem jeweiligen Vorjahresquartal zum vierten Mal in Folge um mehr als 10 Prozent angezogen.

Viele Investoren nehmen vom Immobilienkauf Abstand

Inzwischen sehen immer mehr Investoren offenbar davon ab, eine Immobilie zu kaufen – oder sie benötigen mehr Zeit, um die Finanzierung zu stemmen. „Das Hauptthema beim Wohnen sind die gestiegenen Finanzierungskosten“, stellt auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in seinem Immobilienstimmungsindex fest. Die Zinsen für zehnjährige Darlehen haben sich seit Jahresbeginn verdreifacht auf 3,1 Prozent – ein wesentlicher Grund, warum Immobilien für private Haushalte weniger erschwinglich sind. Das aber könnte mittelfristig auch zu einem nachhaltigen Rückgang bei Preisen und bei der Nachfrage führen, vermuten die Studienautoren des IW.

Bundesbank warnt vor steigenden Preisen

Schon seit Längerem warnt die Bundesbank vor einer Überhitzung am Immobilienmarkt wegen der steigenden Preise. Die aktuelle Entwicklung könnte dieses Risiko zumindest eindämmen. So stellte kürzlich das Online-Portal Immoscout24 fest, dass die Nachfrage nach Immobilien im ersten Quartal um 17 Prozent eingebrochen sei. Inzwischen fänden Anbieter auch nicht mehr so häufig Käufer für ihre Objekte. Das ermittelte das Unternehmen anhand der Dauer, die die Inserate für Wohnimmobilien online stehen.

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Auch Baufinanzierungsvermittler wie Interhyp berichteten jüngst von schwierigeren Bedingungen für die Häuslebauer. So habe eine junge Familie, die ein Kind erwartete, in Mannheim ein Haus mit Grünstreifen kaufen wollen. Doch wegen der gestiegenen Finanzierungskosten hätten sie den Kauf nicht mehr stemmen können, selbst mit einer angebotenen Tilgung von nur einem Prozent und einer Laufzeit von 50 Jahren sei das nicht möglich gewesen. Schließlich steigen ja nicht nur die Kosten für die Finanzierung, auch die Baukosten ziehen deutlich an. Die Lieferprobleme verzögern zudem die Fertigstellung, das aber halten viele potenzielle Bauherren nicht durch.

So zerplatzen Immobilienträume, beobachtet auch Immoscout24: Denn deutlich mehr Menschen suchten wieder nach Mietimmobilien als noch vor einem Jahr. Da war die Nachfrage gegenüber dem ersten Quartal 2020 noch um 11 Prozent gefallen, in den ersten drei Monaten 2021 aber lag sie um 28 Prozent über dem Vorjahreszeitraum.

Kommentar: Effekt sinkender Preise könnte verpuffen

Die Baubranche hat in den letzten Jahren einen Boom erlebt. Die Betriebe kamen kaum hinterher mit der Erfüllung der Aufträge. Denn eine Investition gilt als wertbeständig – und die niedrigen Zinsen haben den Wohntraum für viele wahr werden lassen. Nun aber haben sich die Bedingungen deutlich verschlechtert: Die Preise für viele Immobilien sind kaum noch erschwinglich, außerdem haben sich die Kosten für Baumaterial stark verteuert. Und nun kommt die Zinswende hinzu, die sich bei den Konditionen für Baufinanzierungen schon seit Jahresanfang bemerkbar macht: Eine Verdreifachung der Zinsen für zehnjährige Darlehen bringt manche Finanzierungspläne zum Platzen. Und bis zum Jahresende könnten sie auf bis zu vier Prozent steigen, schätzen Marktbeobachter.

Wohnen ist für Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) „eine der wichtigsten sozialen Fragen unserer Zeit“. Deshalb müssen Immobilien für Menschen erschwinglich bleiben – sei es zum Kauf oder zur Miete. Eine Trendwende bei den Preisen ist deshalb zwar eigentlich gut für die Menschen. Zu befürchten ist jedoch, dass diese auch bedeutet, dass viele Menschen wegen der sich verschlechternden Wirtschaftsaussichten es sich schlicht nicht mehr leisten können, ihren Traum von der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus zu verwirklichen.

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