Standardbäcker haben SorgenWas nach der Insolvenz aus Oebel geworden ist

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Oebel

Warenauslage in der Bäckerei Oebel in einer Kölner Filiale

  • Viele Bäcker haben derzeit Zukunftssorgen. Viele Kunden geben sich mit dem Standardprogramm nicht zufrieden.
  • Was bei Oebel den Ausschlag gegeben hat und was aus den Filialen geworden ist, beleuchtet Claudia Mahnke.

Bonn – Das Geschäft mit Brot und Brötchen ist hart. Die Insolvenz der großen Aachener Bäckereikette Oebel im vergangenen Sommer ist nur ein Beispiel. Die Zahl der selbstständigen Bäckereien in Deutschland sinkt jedes Jahr. Nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks ging die Zahl der Handwerksbäckereien von 15 337 im Jahr 2008 auf 10 926 Betriebe 2018 zurück. Der Trend zur Größe beherrscht die Branche. Einer der Gründe für die Probleme der Branche ist das wachsende Angebot an Broten und Backwaren in Supermärkten und bei Discountern.

Standardbäcker sind nicht gefragt

Der Bonner Insolvenzverwalter Dirk Wegener hat im vergangenen Jahr das Insolvenzverfahren bei Oebel übernommen. Er arbeitet für das Prüfungs- und Beratungsunternehmen dhpg. Seine Erfahrung aus dem Verfahren beschreibt er so: „Standardbäcker, wie Oebel es war, sind heute nicht mehr interessant für den Kunden“, sagt Wegener. Die Filialen würden alle gleich aussehen. Wer sich abheben will, müsse besondere Produkte anbieten: „Es sind raffinierte Waren und außergewöhnliche Soßen gefragt.“ Da immer mehr Verbraucher außer Haus essen, gelte für alle Betriebe: „Snacks sind ein großes Thema.“

Gehörte früher das Abendbrot zum festen Familien-Ritual, so hätten sich die Lebensgewohnheiten der Familien geändert. Brot werde weiterhin gekauft, aber das sei nicht mehr so wichtig.

Mehr als klassische Brötchen

Wer als Bäcker überleben wolle, müsse moderne Essgewohnheiten wahrnehmen. „Die Bäcker, die gut sind, bieten dem Kunden mehr als das klassische Brötchen.“ In diesen Geschäften würden die Sachen ganz anders präsentiert. Verbraucher zahlten gerne 30 Cent mehr für Sachen, wenn sie gesunde Zutaten enthalten. Apps könnten eine Form der Kundenbindung werden, indem Käufer darüber beispielsweise ihre Waren vorbestellen.

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Wegener betrachtet es rückblickend als ein Hauptproblem, dass „Oebel ein Filialist war, der keinen eigenen Backbetrieb hatte“. Als Auslöser der Insolvenz hatte er schon früher neben Logistikproblemen infolge der Insolvenz des Lieferanten Kronenbrot auch unerwartet massive witterungsbedingte Umsatzeinbrüche im heißen Monat Juni bezeichnet. Die Großbäckerei Kronenbrot aus Würselen war 2017 erstmals pleite gegangen. Danach wurde Oebel als Tochtergesellschaft abgespalten. Das Oebel-Insolvenzverfahren sei allein schon von der Masse der Informationen her eine Herausforderung gewesen, so Wegener. Es habe sich immerhin um 153 Filialen gehandelt, die über 200 Kilometer vom Rheinland bis in das Ruhrgebiet verteilt waren.

80 Filialen sind noch da

80 Filialen davon seien erhalten worden. „Ich bin froh, dass es so gekommen ist.“ Denn am Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Oktober habe er kein einziges Angebot auf dem Tisch gehabt. Die Filialen seien an andere Bäcker übergeben worden. Dazu gehören die Bäckereien Brinker, Klein, Merzenich und Schneider aus Bergheim, die selbst schon 140 Filialen haben. Alle Firmen stammten aus der Region und hätten sich selbst gemeldet. „Die Branche ist nicht für Finanzinvestoren interessant“, sagte Wegener. Es sei in der Regel immer noch so, dass der eine Bäcker den anderen übernimmt. Es schaffe niemand, 150 Filialen auf einen Schlag in das eigene Geschäft zu integrieren.

Die durchschnittliche Verfahrensdauer bei einer Insolvenz sei fünf Jahre, so lange werde es bei Oebel wohl auch dauern. Derzeit prüfe er, welche Ansprüche noch geltend gemacht werden könnten. Das richte sich auch gegen die Geschäftsführung. „Es gibt wenig Verfahren, in denen es keine Ansprüche gegen den Geschäftsführer gibt“, so Wegener. Das Thema sei dann Insolvenzverschleppung. Solche Haftungsansprüche müssten eventuell auch eingeklagt werden.

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