Corona-Regeln endenExperten warnen vor diesen Lockerungen in NRW

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Düsseldorf – Am Wochenende enden die meisten Corona-Regeln. Darüber tobt ein politischer Streit in Bund und Ländern. Viele Mediziner sind sich einig: Die Lockerungen kommen zu früh.
Welche Regeln gelten ab Sonntag in NRW?
Dann gilt nur noch ein Corona-„Basisschutz“. Das heißt, dass die Maskenpflicht in Innenräumen und im Unterricht entfällt. In Bussen und Bahnen, Kliniken und Pflegeheimen müssen weiter Masken getragen werden. Es wird auch keine Besucher-Obergrenze mehr für Veranstaltungen geben. 2G- und 3G-Zugangskontrollen werden abgeschafft.
Wie begründet das die Landesregierung?
Sie meint, das Infektionsschutzgesetz des Bundes lasse keine andere Wahl. Es sei juristisch unmöglich, NRW zum „Hotspot“ mit strengeren Regeln zu erklären. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hätte gern, im Gegensatz zum Koalitionspartner FDP, an der Maskenpflicht in Innenräumen festgehalten. Nun hofft er, dass es „gut geht“ und empfiehlt das Maskentragen nur.
Was sagt ein Infektions-Experte?
Prof. Oliver Witzke, Direktor der Klinik für Infektiologie am Uniklinikum Essen, hätte sich gewünscht, dass die strengeren Regelungen zumindest noch bis Ostern gelten. In den Kliniken gebe es derzeit viele Corona-bedingte Personalausfälle. Vor allem kleinere Häuser funktionierten nur im Notfallbetrieb. „Jetzt die Maskenpflicht aufzugeben, ist für mich unverständlich“, sagt Witzke. Die Maske schütze effektiv. Er rät Älteren und Risikopatienten dringend, weiter in Innenräumen, Geschäften und bei größeren Treffen eine Maske zu tragen.
Wie beurteilen die Kliniken die Lage?
Auch sie sehen die Lockerungen kritisch. „In einigen Regionen des Landes fallen mehr als 20 Prozent der Beschäftigten in den Kliniken aus“, sagt Matthias Blum, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Das schränke den Regelbetrieb ein. „Leider führt diese Situation auch dazu, dass viele Krankenhäuser immer häufiger planbare Behandlungen verschieben müssen, solange das medizinisch vertretbar ist.“
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Mit steigenden Infektionszahlen nehme auch die Zahl der Corona-Patienten in den Krankenhäusern zu. „Diese Patientinnen und Patienten müssen isoliert werden. Der Aufwand in den Krankenhäusern ist enorm“, so Blum. „Wenn die Politik also nur noch wenige Schutzmaßnahmen aufrechterhält, wird sich das in den Krankenhäusern bemerkbar machen.“
Was rät der Ärztekammer-Präsident?
Dr. Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, warnt: „Die Pandemie ist nicht vorbei. Ohne Schutzmaßnahmen vor allem in Innenräumen wird sich im Sommer die Lage nicht entspannen, und ich prophezeie: Wir werden im Sommer weiter latent hohe Infektionszahlen haben, die dann im Herbst und Winter wieder explodieren werden.“ Nötig seien „scharfe Schutzmaßnahmen, um zum Jahresende Luft zu bekommen und einen absoluten Lockdown zu verhindern.“ Der Maskenschutz sei wichtig, Impflücken müssten geschlossen, die Langzeitfolgen der Pandemie (Long- und Post-Covid) intensiver betrachtet werden. „Eine landesweit einheitliche Hotspot-Regelung ist notwendig und darf nicht im Koalitionsstreit zerrieben werden – ganz NRW bleibt ein Hotspot“.
Wie reagieren die Kassenärzte?
„Klar ist: Die Pandemie ist nicht vorbei – das wissen und merken vor allem die Ärztinnen und Ärzte derzeit in ihren Praxen. Aus medizinischer Sicht und auch zum weiteren Schutz insbesondere vulnerabler Gruppen wäre es sinnvoll gewesen, weiterhin grundlegende Schutzmaßnahmen – wie das Maskentragen in Innenräumen sowie die 2G- /3G-Regelungen in sensiblen gesellschaftlichen Bereichen – in Diskotheken oder der Innengastronomie – verbindlich beizubehalten“, erklärt Dr. Frank Bergmann, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein.