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„Menschenunwürdig“Grüne und Linke attackieren Bürgergeld-Pläne der Regierung

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Das Bild zeigt Felix Banaszak, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Foto: Shireen Broszies/dpa

Felix Banaszak, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, kritisiert die Bürgergeld-Pläne der Bundesregierung scharf.

Die Opposition läuft Sturm gegen die geplanten Kürzungen. Sie warnt vor sozialer Kälte, Verfassungsbruch – und Folgen für Kinder.

Die geplanten Änderungen beim Bürgergeld sorgen für scharfe politische und gesellschaftliche Kritik. Nach der Einigung von Union und SPD auf deutlich härtere Sanktionen melden sich Grüne, Linke und Sozialverbände mit deutlichen Worten zu Wort. Sie sprechen von einem Angriff auf den Sozialstaat, warnen vor verfassungsrechtlichen Problemen und vor dramatischen Folgen für betroffene Familien.

„Was hier vorgelegt wurde, ist wirklich harter Tobak“, sagte Grünen-Chef Felix Banaszak. Er sprach von einem „Schlag ins Gesicht“ für die Betroffenen. Der Koalitionsbeschluss bedeute „soziale Kälte“ und zeige einen „Realitätsverlust“ der Regierung. Er kritisierte insbesondere die SPD für ihre Zustimmung: „Offensichtlich hat sich die Sozialdemokratie der Union vollkommen ausgeliefert.“ Ein System, das Menschen unter Druck setze, zerstöre Vertrauen: „Das ist keine Grundsicherung, das ist Grundmisstrauen.“

Bürgergeld wird zu Grundsicherung

Die rund 5,5 Millionen Beziehenden des Bürgergelds müssten sich auf massive Änderungen einstellen: Konkret sehen die Pläne vor, dass Leistungen künftig bereits nach dem zweiten versäumten Termin beim Jobcenter um 30 Prozent gekürzt werden. Beim dritten Termin – und einem weiteren Nichterscheinen im Folgemonat – soll das Bürgergeld vollständig gestrichen werden. Zudem sprach Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) von einer Rückabwicklung der bisherigen Bürgergeld-Reform: Künftig soll sie „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ heißen.

Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, äußerte scharfe Kritik. „CDU und SPD wollen den Menschen alles streichen, was sie zum Leben brauchen.“ Das sei „nicht nur menschlich hart und kalt“, sondern womöglich auch verfassungswidrig, schrieb sie auf Instagram: „Denn wir haben eine Verantwortung und einen Sozialstaat, der ein soziokulturelles Existenzminimum vorsieht.“

Opposition sieht Angriff auf den Sozialstaat

Die Linken sehen in der geplanten Verschärfung mehr als nur eine sozialpolitische Fehlentscheidung. Fraktionschefin Heidi Reichinnek sprach von einem „menschenunwürdigen“ und „rechtlich höchst fragwürdigen“ Vorgehen. Die Maßnahmen seien ein Signal an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: „Fordert keine besseren Arbeitsbedingungen, denn im Bürgergeld wird es noch schlimmer.“

Linken-Parteichefin Ines Schwerdtner warf der Regierung „ekelhafte Sündenbock-Politik auf Kosten der Ärmsten“ vor. Viele Bürgergeld-Empfänger wollten arbeiten, könnten es aber nicht – etwa mangels Kinderbetreuung oder wegen fehlender Sprachkenntnisse. Statt bei den Schwächsten zu sparen, solle man „nach oben gucken und schauen, welche starken Schultern mehr tragen können“.

Deutsches Kinderhilfswerk: „außergewöhnliche Härte für die Kinder“

Rückendeckung erhalten die Oppositionsparteien auch von Sozialverbänden. Der Präsident der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Michael Groß, erklärte: „Es kann nicht wahr sein, dass der Bundesregierung angesichts all der Krisen nichts Besseres einfällt, als schon wieder am Sozialstaat zu sägen.“ Statt Kürzungen brauche es Investitionen – in Betreuung, Pflege und Arbeitsmarktintegration. Sonst würden „Millionen von Familien“ durch die Pläne bestraft und Menschen in die Obdachlosigkeit getrieben.

Besonders besorgt zeigt sich das Deutsche Kinderhilfswerk. Es warnt vor einer Mithaftung von Kindern für das Verhalten ihrer Eltern. Geschäftsführer Holger Hofmann betonte, jede Kürzung bedeute eine „außergewöhnliche Härte für die Kinder“ und verstoße gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Wer Kinder in Armut aufwachsen lasse, gefährde langfristig ihre Entwicklung und Teilhabe. (mit dpa/afp)