Experte im Interview„Russland hat auf der Schlangeninsel hohe Verluste erlitten“

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Die Schlangeninsel

Die Schlangeninsel 

  • Johannes Peters ist Marine-Experte beim Institut für Sicherheitspolitik Kiel. Mit ihm sprach Raimund Neuss.

Was bringt der russische Abzug von der Schlangeninsel der Ukraine?

Die Insel hat sich im Kriegsverlauf zu einem Prestigeobjekt entwickelt. Denken Sie an die Eroberung gleich zu Beginn und die legendäre – angebliche – Reaktion der ukrainischen Soldaten. Militärisch hat die Insel durchaus einen Wert, weil sie strategisch so liegt, dass man von ihr aus gut die Zufahrt nach Odessa kontrollieren kann.

Warum geben die Russen sie dann auf?

Russland hat auf der Insel hohe Verluste erlitten. Sie haben es nicht geschafft, die Lufthoheit in dem Maße herzustellen, dass damit ukrainische Drohnenangriffe verhindert worden wären. Mehrfach hat die Ukraine hier russische Einheiten zerschlagen. Russland mag zu der Ansicht gekommen sein, dass es unverhältnismäßig aufwendig wäre, die Insel zu halten.

Russland wollte aber doch mit Luftabwehrsystemen auf der Insel seine Schwarzmeerflotte schützen – gerade nach dem Verlust der „Moskwa“ …

Ja, man hat das versucht und nicht geschafft. Es war extrem verlustreich für Russland, zumal sich die Kampfhandlungen schon länger auf andere Regionen konzentrieren. Deshalb war die Insel für Russland wohl zuletzt nicht mehr so bedeutend wie zuvor. Freiwillig gibt man so etwas aber nicht her, das ist ein militärischer Erfolg der Ukraine, und deshalb versucht Russland ja das Narrativ durchzusetzen, man habe ein Zeichen des guten Willens gegeben und wolle Getreideexporte ermöglichen.

Was müsste geschehen, damit die Exporte möglich wären?

Johannes Peters ist Marine-Experte

Johannes Peters ist Marine-Experte

Beide Seiten schieben sich den Schwarzen Peter gegenseitig zu. Aber sicher müsste es glaubhafte Versicherungen Russlands geben, dass es keinen Nutzen aus einer Öffnung von Odessa ziehen würde – und zwar so glaubhaft, dass das auch Reeder und Versicherer überzeugt. Ferner müssten die Minensperren beseitigt werden. Das ist nicht trivial. Die Ukraine hat notwendige Technik nicht, und Russland wird nicht dulden, dass EU oder Nato dort Minen räumen.

Die Ukraine könnte auch überlegen, auf der Insel Schiffsabwehrsysteme zu installieren, da man ja keine großen Kriegsschiffe mehr hat. Wie riskant wäre das?

Das Problem ist halt, dass die Ukraine keine Lufthoheit hat und Russland recht ungehindert operieren kann. Und die Ukraine hat nur wenige Flugkörper zur Abwehr von Schiffen, das sind hochwertige Waffensysteme. Wenn sie solche Systeme auf die Schlangeninsel bringen würde, wären sie ein leichtes Ziel für die russische Luftwaffe.

Ich glaube nicht an eine so exponierte Stationierung. Und die Ukraine hat kaum mehr eine eigene Marine, die solche Systeme dort hinbringen und schützen könnte.

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