Frage des TagesWer profitiert von der Erhöhung der Pendlerpauschale?

Lesezeit 4 Minuten
Pendlerpauschale Symbolbild Autobahn

Symbolbild

  • Die Pendlerpauschale steht im Mittelpunkt des Klimapaketes, mit dem die Bundesregierung gegen den Klimawandel kämpfen will.
  • Die Pendlerpauschale wird erhöht, ab dem 21. Kilometer um fünf Cent.
  • Doch wer wird damit eigentlich entlastet? Wer profitiert davon?

Düsseldorf – Um die Pendlerpauschale wird seit Jahren erbittert gestritten. Sie gilt als „Steuersparmodell des kleinen Mannes“, der ansonsten kaum etwas von der Steuer absetzen kann. Ökonomen geißeln die Pendlerpauschale dagegen als Subvention der Stadtflucht, Naturschützer als Zersiedlungsprämie.

Was will die Bundesregierung erreichen?

Derzeit gilt: Arbeitnehmer können je Kilometer der einfachen Strecke zur Arbeit 30 Cent steuerlich geltend machen, so sieht es die Entfernungspauschale vor, wie die Pendlerpauschale im Einkommensteuerrecht heißt. Im Zuge des Klimapaktes soll sie befristet angehoben werden: In den Jahren 2021 bis Ende 2026 sollen Arbeitnehmer ab dem 21. Kilometer 35 Cent geltend machen können. Damit will die Regierung Pendler entlasten, die darunter leiden werden, dass infolge der neuen CO2-Bepreisung die Spritpreise steigen.

Noch seien auf dem Land weder der öffentliche Nahverkehr noch die Infrastruktur für Elektromobilität ausgebaut, heißt es zur Begründung im Eckpunktepapier der großen Koalition. „Dies wird sich in den kommenden Jahren ändern“, heißt es aber weiter. Und dann soll die Erhöhung der Pauschale auch wieder zurückgenommen werden.

Klimapolitisch ist die Reform der Pendlerpauschale ein Rückschlag. Eigentlich will die Regierung mit der Einführung der CO2-Bepreisung die Bürger anreizen, weniger Energie zu verbrauchen und weniger Auto zu fahren. Um maximal zu wirken, muss der CO2-Preis wehtun. Doch indem die große Koalition die Pendler gleichzeitig entlastet, konterkariert sie die Wirkung der CO2-Bepreisung. „Das Klimapaket wird keine große Lenkungswirkung im Verkehr entfalten, dazu ist der CO2-Preis zu niedrig. Zudem werden die Pendler teilweise auch noch für die steigenden Benzin- und Dieselkosten durch die höhere Pendlerpauschale kompensiert“, sagt auch Stefan Bach, Steuerexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Wer profitiert von der Reform?

Es liegt in der Natur der Sache, dass vor allem Pendler mit langen Arbeitswegen vom Kompromiss der Koalition profitieren. Das DIW hat dazu für viele Einkommen durchgerechnet, was die Belastung durch steigende CO2- und Spritpreise auf der einen Seite und die Entlastung durch die höhere Pendlerpauschale auf der anderen Seite unterm Strich bewirken. Fazit: „Je länger die Wegstrecke zur Arbeit, desto stärker profitiert ein Pendler von der geplanten Reform“, sagt Stefan Bach und nennt ein Beispiel: „2021 ist für einen Geringverdiener, etwa einen Polo-Fahrer, die Entlastung durch die Pendlerpauschale noch größer als die Belastung durch den höheren CO2-Preis, wenn er einen Arbeitsweg von 28 Kilometern hat.

2023, wenn der CO2-Preis weiter steigt, ist die Entlastung erst ab einer Fahrtstrecke von 77 Kilometern noch größer als die Belastung.“ Immerhin: Die größten Gewinner der Reform sind die Fernpendler, die mit Bus und Bahn zur Arbeit kommen. Dass Grünen-Chef Robert Habeck das nicht verstanden hat, ist erstaunlich und hat ihm bereits viel Spott eingebracht. Er hatte im ARD-Interview gesagt: „Wenn man den Benzinpreis um drei Cent erhöht und die Pendlerpauschale um fünf Cent erhöht, dann lohnt es sicher eher, mit dem Auto zu fahren als mit der Bahn.“

Das ist falsch. Was Habeck übersehen hat: Die Pendlerpauschale ist verkehrsmittelunabhängig. Jeder Arbeitnehmer kann sie geltend machen, unabhängig davon, ob er mit Auto, Bus, Bahn, Fahrrad oder zu Fuß das Büro oder die Fabrik erreicht. „Am meisten profitieren Fernpendler von der Reform, die nicht mit dem Auto, sondern dem ÖPNV fahren“, sagte Steuerexperte Bach. „Sie kommen in den Genuss der höheren Pendlerpauschale, werden aber nicht durch steigende CO2-Preise belastet.“

Was sind die Nebenwirkungen der Reform?

Zugleich aber hat die Reform Nebenwirkungen, aus denen die große Koalition lieber kein großes Thema machen will. Denn sie kommt vor allem Gutverdienern zugute. „Je höher das Einkommen eines Arbeitnehmers, desto stärker profitiert er von der geplanten Anhebung der Pendlerpauschale“, sagt Steuerexperte Bach. Das resultiert aus der Steuersystematik: Denn die Pendlerpauschale wird nicht von der Steuerschuld, sondern vom zu versteuernden Einkommen abgesetzt. Und je höher das zu versteuernde Einkommen, desto höher der Grenzsteuersatz und desto größer auch der Entlastungseffekt.

Böse Zungen könnten also sagen: Die große Koalition entlastet den reichen SUV-Fahrer stärker als den armen Polo-Fahrer (sofern der SUV nicht so viel mehr Sprit verbraucht, dass die CO2-Bepreisung voll zu Buche schlägt).

Was schlägt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung vor?

Wenn der Staat nicht wolle, dass „die Reichen“ besonders entlastet würden, müsste er auf ein Mobilitätsgeld umstellen, schlägt das DIW vor. „Bisher können Arm und Reich bei gleicher Wegstrecke denselben Betrag vom zu versteuernden Einkommen absetzen. Ein Mobilitätsgeld würde bedeuten, dass Arme und Reiche denselben Betrag von der Steuerschuld abziehen dürften“, so Bach.

Das könnte Sie auch interessieren:

Rundschau abonnieren