Zehntausende OpferIm Jemen gibt es Hoffnung auf Frieden

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Bewaffnete Huthi-Kämpfer nehmen an einem Trauerzug für Rebellen teil.

Sanaa: Bewaffnete Huthi-Kämpfer nehmen an einem Trauerzug für Rebellen teil, die bei Kämpfen mit Kräften der international anerkannten jemenitischen Regierung getötet wurden. Sieben Jahre nach Kriegsbeginn sehen sich die Konfliktparteien im Jemen in einem Patt gefangen – und vereinbaren eine Waffenruhe.

Ein verheerender Krieg mit Zehntausenden zivilen Opfern, Hungersnöten und Epidemien: Seit acht Jahren versinkt der Jemen in einem Strudel von Gewalt und Elend.

Im ärmsten Land der arabischen Welt tragen Saudi-Arabien und der Iran einen regionalen Machtkampf aus, der bisher alle Friedensbemühungen scheitern ließ. Jetzt glimmt ein schwacher Hoffnungsschimmer auf. Indirekte Gespräche zwischen Saudi-Arabien und den iranisch unterstützten Huthi-Rebellen machen Fortschritte, die UN-Vertreter im Jemen vorsichtig optimistisch stimmen.

Als der UN-Gesandte Hans Grundberg jetzt von der jemenitischen Hauptstadt Sanaa aus dem Sicherheitsrat in New York über die Lage im Land berichtete, bemühte er sich, keine Euphorie aufkommen zu lassen. Bei einzelnen Gefechten würden nach wie vor Zivilisten getötet, sagte der schwedische Diplomat. Insgesamt aber sehe er „eine potenziell weitreichende Veränderung in der Entwicklung dieses acht Jahre alten Konfliktes“.

Zuletzt waren die Nachrichten aus dem Jemen fast immer schlechte

Das sind ungewöhnliche Töne für einen Jemen-Vermittler. Grundberg und seine Vorgänger hatten in den vergangenen Jahren meistens nur schlechte Nachrichten zu vermelden. Seit die Huthis im Jahr 2014 die Hauptstadt Sanaa eroberten und eine internationale Kriegskoalition unter der Führung Saudi-Arabiens ein Jahr später auf der Seite der jemenitischen Regierung den Kampf gegen die Huthis eröffnete, sind im Jemen schätzungsweise 150000 Menschen ums Leben gekommen; jedes zehnte Opfer war ein Zivilist. Weil Gefechte und Blockaden die Versorgungswege abschnitten, griffen Hunger und Krankheiten um sich. Die UNO sprach von der schlimmsten von Menschen verschuldeten humanitären Krise der Welt.

Sind Saudi-Arabien und die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kriegsmüde?

Saudi-Arabien setzte moderne westliche Waffen gegen die Huthis ein, die ihrerseits iranische Raketen und Drohnen aufboten und den Krieg mit Angriffen in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zeitweise weit über die Grenzen des Jemen trugen. Im April vergangenen Jahres handelte die UNO eine Waffenruhe aus, die bis heute im Großen und Ganzen hält, obwohl sie offiziell im Herbst auslief. Die Fronten sind eingefroren: Die Huthis kontrollieren weiterhin Sanaa, den Westteil des Landes und den wichtigen Hafen Hodeihda. Die jemenitische Regierung und ihre Verbündeten beherrschen ölreiche Gebiete und weite Teile des Südens und des Ostens.

Das Risiko, dass sich die Huthis selbstbewusst genug fühlen, um nun die Entscheidung über die politischen Machtverhältnisse auf dem Schlachtfeld zu suchen, ist enorm.
Magdalena Kirchner, Direktorin bei der Friedrich-Ebert-Stiftung

Seit Jahren führen Saudi-Arabien und der Iran indirekte Gespräche über den Konflikt. Vermittelt werden die Kontakte vom Sultanat Oman, das als Nachbar an Stabilität im Jemen interessiert ist und das die Kontrahenten in jüngster Zeit einander näher gebracht hat. Zuletzt äußerten sich die Huthis diese Woche positiv über die Gespräche mit den omanischen Vermittlern. Die Nachrichtenagentur AP meldete unter Berufung auf UN-Kreise, in den Verhandlungen gehe es um einen Stufenplan, der militärische Zugeständnisse beider Seiten und einen Abbau wirtschaftlicher Blockaden vorsehe.

Auswege aus dem Desaster im Jemen gesucht

Hinter der neuen Verhandlungsbereitschaft steht auf beiden Seiten die Ernüchterung über militärische Misserfolge. Saudi-Arabien, das ursprünglich auf einen schnellen Sieg über die Huthis setzte, die Rebellen aber nicht besiegen konnte, sucht schon seit Langem einen Ausweg aus dem Jemen-Desaster. Die Huthis waren im vergangenen Jahr mit einem Großangriff auf die ölreiche Stadt Marib gescheitert und hatten schwere Verluste erlitten.

Ob aus den Gesprächen ein Friedensprozess wird, ist ungewiss. So sind die jemenitische Regierung, die VAE und die jemenitische Zivilgesellschaft bisher nicht eingebunden: Nur Saudi-Arabien und die Huthis verhandeln. Der UN-Gesandte Grundberg warnt deshalb vor Stückwerk bei den Gesprächen. Magdalena Kirchner, Direktorin für Jemen und Jordanien bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, gibt ihm recht. Zentrale Akteure seien nicht an den Gesprächen beteiligt, sagte sie unserer Redaktion.

Im alleinigen Austausch zwischen Saudis und Huthis könnten „wichtige Themen einer raschen Einigung zuliebe geopfert werden“. Bisher seien die Huthis die Gewinner des Prozesses, sagt Kirchner. Die Rebellen hätten keine einschneidenden Zugeständnisse machen müssen. „Das Risiko, dass sich die Huthis nicht nur politisch, sondern auch militärisch selbstbewusst genug fühlen, um nun die Entscheidung über die politischen Machtverhältnisse im Land auf dem Schlachtfeld zu suchen, ist enorm und durch die aktuellen Verhandlungserfolge nicht geringer geworden.“

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