Interview mit KirchenrechtlerBenedikt verpasst seine letzte Chance

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Schüller Kritik am Gutachten

Thomas Schüller, Theologe und Kirchenrechtler 

  • Prof. Thomas Schüller ist Lehrstuhlinhaber für Kirchenrecht an der Universität Münster.
  • Mit ihm hat Raimund Neuss über das Münchner Gutachten und Ex-Papst Benedikt XVI. gesprochen.

Köln – Ex-Papst Benedikt XVI. streitet jede persönliche Verantwortung für die Versäumnisse beim Umgang mit sexualisierter Gewalt in München ab. Wie glaubwürdig ist das?

Es sind Schutzbehauptungen. Es ist die Tragik des Joseph Ratzinger, dass er sich weder als Theologe mit Einwänden angemessen auseinandersetzte, weil er sich für wissenschaftlich makellos hielt, und auch nicht zu seinen Fehlern als früherer Bischof steht. Da geht es ja nicht nur um juristische Versäumnisse, sondern auch um moralische Verantwortung. Er verpasst die letzte Chance, reinen Tisch zu machen. Er stellt sich als Bischof dar, der sich um den Personaleinsatz gar nicht gekümmert hat. Würde seine Versäumnisse einräumen und sich entschuldigen, dann würde die ganze Welt ihm applaudieren. Aber dazu ist er ein zu schwacher Mensch. Er spricht ja selbst von seiner Schwäche und mangelnden Menschenkenntnis – das gilt auch für die eigene Person.

Was bedeutet das für sein Bild in der Kirchengeschichte?

Na, santo subito, wenn es mal so weit ist – die Chance ist ab heute vorbei. Man sollte aber das, was er als Erzbischof gemacht hat, von dem trennen, was er als Präfekt der Glaubenskongregation zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt in der Kirche getan hat. Da hat er zweifellos Verdienste, auch wenn die Akten erst in 60 Jahren geöffnet werden und dann erst ein Gesamturteil möglich wird.

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Steht Ratzinger allein?

Nein, er war Kind seiner Zeit. Ein Kardinal Hengsbach, ein Kardinal Lehmann haben es nicht besser gemacht. Und sehen Sie, was sein Münchner Nachfolger Kardinal Wetter von sich gibt, der 2010 noch nicht wahrgenommen haben will, was sexueller Missbrauch für Kinder bedeutet.

Macht Kardinal Marx es besser? Von persönlicher Schuld hat er in seiner ersten Reaktion nicht gesprochen.

Er hat die Probleme bis 2018 vernachlässigt, dann allerdings setzte bei ihm ein Umdenken ein.

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