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Kommentar zu SöderDenunziantentum können wir jetzt nicht brauchen

2 min
Söder

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

  1. Man glaubt es kaum.
  2. Bayern ermuntert seine Bürger, Verstöße gegen die Corona-Maßnahmen zu melden.
  3. Doch das staatlich angetriebene Denunziantentum wird weit über Corona hinaus Folgen haben.

Berlin – Corona treibt ein Land um – und alle wissen es besser. Als ob der Kampf gegen die Pandemie nicht schon genügend Spreng- und Konfliktstoff böte, kommt jetzt noch eine Top-Idee aus Bayern obendrauf. Markus Söder, weiß-blauer Krisenmanager, erfindet den Hilfspolizisten neu.

Man glaubt es kaum: Bayern ermuntert seine Bürger, Verstöße gegen die Corona-Maßnahmen zu melden. Nachbarschaftsstreit, mancherorts Antrieb für ein ganzes Leben, bekommt nun neues Futter. Doch das in Bayern staatlich angetriebene Denunziantentum wird weit über Corona hinaus Folgen haben, wenn sich Nachbarn gegenseitig anzeigen sollen. Ganze Straßenzüge werden nicht mehr miteinander reden. Der soziale Frieden, der gegenwärtig schon größeren Spannungen ausgesetzt ist, gerät damit weiter in Gefahr.

Gesellschaft im harten Stresstest

Mal ging es Söder nicht schnell genug, die Grenzen zu schließen, die Daumenschrauben anzuziehen. Dann wiederum mischte ihm der Bund zu sehr bei seiner Anti-Corona-Rezeptur mit. Als die Infektionszahlen dann aber nach oben schnellten, war Söder schnell dabei, dem Bund doch mehr Eingriffsrechte im Kampf gegen die Pandemie zu geben. Was eine Gesellschaft im harten Stresstest jetzt am wenigstens braucht, ist eine Atmosphäre, in der sich Menschen, Mitbürger und Nachbarn auch noch gegenseitig bei der Polizei melden, weil nebenan sieben Personen aus eventuell drei Haushalten am Küchentisch sitzen.

Sieben Personen wären erlaubt, drei Haushalte aber schon einer zu viel. Wenn diese ganz spezielle Form der Liberalitas Bavariae -- melden und melden lassen – in anderen Bundesländern Schule macht, dann gute Nacht, Deutschland! NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der hoffentlich keine solchen Meldepläne verfolgt, weiß am eigenen Leib, wie es sich anfühlt, wenn der Boulevard ihn bundesweit vorführt, weil er im Flugzeug seinen Mund- und Nasenschutz nur an einem Ohr baumeln lässt. Wenn jetzt noch der liebe Nachbar…

Der Anschwärzer ist kein taugliches Modell

Söder wiederholt mantrahaft: Kontakte reduzieren, Kontakte reduzieren, Kontakte reduzieren. Das geht absolut in Ordnung, das muss so sein. Aber dein Nachbar, der Anschwärzer, ist kein taugliches Modell, Verstöße gegen die Corona-Vorschriften zu kontrollieren.

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Der Überwachungsstaat ist hoffentlich überwunden und wird nicht durch Söders kleinen Lauschangriff noch wiederbelebt. Gerade in einer Zeit, in der in zahlreichen Staaten autoritäre Führungen wieder Konjunktur haben, muss Überwachung hierzulande nicht noch gefördert werden. Das Land braucht gerade in einer Krise wie dieser Zusammenhalt und nicht Spaltung.