„Wahl“ in RusslandDer Verlierer ist das Volk

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Putin am 18. März 2014, nachdem die Krim von Russland annektiert wurde. (Archivbild)

Putin am 18. März 2014, nachdem die Krim von Russland annektiert wurde. (Archivbild)

Auf der Liste der Verlierer der russischen Präsidentschaftswahl befindet sich das russische Volk. Putin's lebenslange Vorstellung vom "Großrussischen Reich" lebt weiter.

Das amtliche Endergebnis der russischen Präsidentschaftswahl wird erst am 28. März vorliegen. Doch schon jetzt steht Wladimir Putin als Sieger fest. So hat EU-Ratspräsident Charles Michel dem Kreml-Herrscher bereits zum Auftakt der Wahl zum „Erdrutschsieg“ gratuliert – ironisch, voller Häme: „Keine Opposition. Keine Freiheit. Keine Wahl.“

Tatsächlich waren echte oppositionelle Kandidaten nicht zugelassen. Hinweise auf Betrug an den Urnen gibt es reichlich. Proteste kritischer Bürger gegen die Abstimmungsfarce blieben folgenlos – außer für die Betroffenen, die umgehend festgenommen wurden. Das alles gibt einen Vorgeschmack auf die nächste, bis 2030 dauernde Amtszeit Wladimir Putins. Repressionen gegen Regimekritiker dürften sich verschärfen. Institutionen der Zivilgesellschaft, die ein Gegengewicht bilden könnten, wird es so bald nicht mehr geben.

Die Fantasie vom großrussischen Reich lebt fort

So steht auch der Verlierer der Präsidentschaftswahl fest: das Volk. Putin hat ihm ohne Not einen Krieg mit vielen Opfern gegen den ukrainischen Nachbarn aufgezwungen.

Dass er sich auch in den von Moskau annektierten Gebieten im Schatten schwer bewaffneter Soldaten hat wählen lassen, belegt des Usurpators Geist. Die Fantasie vom großrussischen Reich lebt fort. „Putin hat sich etwas zur Lebensaufgabe gemacht, was er nicht bewältigen kann“, sagt der deutsch-russische Schriftsteller Wladimir Kaminer.

Auch wirtschaftlich dürften die nächsten Herrschaftsjahre nicht einfach werden. Die vom Westen verhängten Sanktionen entfalten ihre Wirkung zwar langsam, hinterlassen aber Spuren. Russlands Kriegswirtschaft gleicht einem Strohfeuer, nachhaltig ist ein auf Rüstung gebautes Wachstum nicht.

Ob Russland also das Land im Aufbruch sein kann, als das es Putin in seiner Rede zur Lage der Nation kürzlich skizziert hat?

Putin bleibt große Unbekannte

Auf den in seinen Augen degenerierten Westen wird Putin weiter als wichtiges Feindbild setzen. Nicht ausgeschlossen, dass der Kriegstreiber innerhalb der nächsten Jahre einen Versuch starten wird, den Bündnisfall nach Artikel 5 zu provozieren, um die Entschlossenheit der Nato auf die Probe zu stellen.

In Europas Sicherheitsgefüge bleibt Putin die große Unbekannte. Das ist schade für Russland – denn nichts wünschte man sich mehr, als eine Rückkehr zu kulturellem und wirtschaftlichen Austausch. Solange Wladimir Putin an der Macht ist, wird daraus nichts. Leider.

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