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US-Plan oder Putins Wunschliste?„Sollten gefeuert werden“ – Scharfe Kritik an Trump und „Chaos“ in US-Regierung

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US-Präsident Donald Trump im Gespräch mit Reportern vor dem Weißen Haus. Archivbild)

US-Präsident Donald Trump im Gespräch mit Reportern vor dem Weißen Haus. Archivbild)

Je mehr über das Zustandekommen von Trumps „Friedensplan“ bekannt wird, desto schärfer wird in den USA die Kritik an der US-Regierung. 

Die US-Regierung um Präsident Donald Trump sieht sich in den USA scharfer Kritik ausgesetzt. Im Fokus stehen dabei offene Fragen hinsichtlich des Zustandekommens des kürzlich öffentlich gewordenen „Friedensplans“ für die Ukraine. Der Entwurf hatte in den letzten Tagen für viel internationalen Wirbel gesorgt und war überwiegend als „prorussisch“ kritisiert worden. Auch in den USA gibt es nun immer mehr Gegenwind für das Vorgehen der Trump-Regierung.

„Das ist einfach nur stümperhaftes Gehabe, das bestätigt, dass die Außenpolitik dieser Regierung mal von Russland gesteuert, mal völlig planlos ist“, kommentierte etwa der demokratische Senator Chris Murphy die Verwirrung um den US-Plan. „Welch eine Blamage! Unsere Feinde freuen sich“, fügte Murphy auf der Plattform X hinzu.

Trumps Plan oder „Russlands Wunschliste“?

Zuvor hatte US-Außenminister Marco Rubio nach Angaben von Angus King, einem weiteren US-Senator der Demokraten-Fraktion, in einem Telefonat erklärt, dass es sich bei dem kursierenden Entwurf tatsächlich um eine „russische Wunschliste“ und nicht um einen amerikanischen Vorstoß gehandelt habe. „Es sah mehr so aus, als wäre es zunächst auf Russisch geschrieben“, schilderte der Republikaner Mike Rounds, ebenfalls am Gespräch mit Rubio beteiligt, die Angaben des Außenministers.

Kurz darauf ruderten Rubio und sein Außenministerium zurück und betonten, es habe sich um einen amerikanischen Vorstoß gehandelt. Die Angaben der Senatoren seien „eklatant falsch“, erklärte ein Sprecher. Internationale Spitzen wie die des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk konnte das jedoch nicht mehr stoppen. Es wäre gut, „genau zu wissen, wer der Urheber des Plans ist und wo er entstanden ist“, schrieb Tusk am Sonntag bei X.

„Für den Unsinn sollten einige Leute gefeuert werden“

„Für den haarsträubenden Unsinn, den wir in den letzten vier Tagen miterleben mussten, sollten einige Leute am Montag gefeuert werden“, wählte unterdessen der republikanische Kongressabgeordnete Don Bacon scharfe Worte für die Posse um den „Friedensplan“, der so amerikanisch offenbar gar nicht war. „Das hat unserem Land geschadet, unsere Bündnisse untergraben und unsere Gegner ermutigt.“

Auch die inhaltliche Kritik an dem Vorstoß der US-Regierung, der US-Berichten zufolge federführend von Vizepräsident J. D. Vance, Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und dem Sondergesandten Steve Witkoff erarbeitet worden sein soll, konnte Rubios Versicherung nicht stoppen.

Donald Trump in der Kritik: „Wie Neville Chamberlain“

„So widerwärtig wie der 28-Punkte-Plan von Trump – der einem den Magen umdreht – ist auch das Zeitultimatum. Ein Thanksgiving-Dolch, der auf die Herzen der Ukrainer gerichtet ist“, fand etwa der demokratische Senator Richard Blumenthal deutliche Worte bei X – und stellte historische Vergleiche auf. „Die Beschwichtigung Putins wird Trump und all seine Handlanger verfolgen – und sie zu Ausgestoßenen der Geschichte machen, wie Neville Chamberlain“, schrieb Blumenthal.

Die Lehre aus dem Wirken des britischen Premierministers, der einst mit dem Münchner Abkommen versuchte, Adolf Hitler durch Zugeständnisse zu besänftigen, zeige: „Ein blutrünstiger Aggressor lässt sich niemals beschwichtigen.“ Russland sei nicht nur eine Bedrohung für die Ukraine, sondern auch für die USA, so Blumenthal. „Der Kampf der Ukraine ist auch unser Kampf. China beobachtet die Lage aufmerksam.“

Mitch McConnell: „Präsident sollte sich neue Berater suchen“

Auch bei den Republikanern äußerten mit dem langjährigen Mehrheitsführer im US-Senat Mitch McConnell und Senator Lindsey Graham durchaus gewichtige Stimmen deutliche Kritik an der Trump-Regierung. „Putin hat das ganze Jahr damit verbracht, Präsident Trump zum Narren zu halten“, zitierte der US-Sender CNN aus einer Stellungnahme McConnells.

„Wenn Regierungsbeamte mehr daran interessiert sind, Putin zu beschwichtigen, als echten Frieden zu sichern, dann sollte der Präsident sich neue Berater suchen“, hieß es weiter. „Russische Gräueltaten zu belohnen, wäre für die Interessen Amerikas katastrophal. Und eine Kapitulation wie Bidens Rückzug aus Afghanistan wäre für das Vermächtnis des Friedens durch Stärke verheerend“, fügte der prominente Republikaner an. 

Neue Enthüllungen über Vorgehen der US-Regierung

Graham, ein wichtiger Verbündeter Trumps, zeigte sich ebenfalls unzufrieden. Der Plan enthalte zwar „viele gute Ideen, aber es gibt auch einige Bereiche, die sehr problematisch sind und verbessert werden könnten“, schrieb der Senator bei X. „Das Ziel jedes Friedensabkommens ist es, den Krieg ehrenhaft und gerecht zu beenden – und keine neuen Konflikte zu schaffen.“

Kreml-Unterhändler Kirill Dmitrijew (l.) und der US-Sondergesandte Steve Witkoff sollen den US-„Friedensplan“ federführend ausgearbeitet haben. (Archivbild)

Kreml-Unterhändler Kirill Dmitrijew (l.) und der US-Sondergesandte Steve Witkoff sollen den US-„Friedensplan“ federführend ausgearbeitet haben. (Archivbild)

Zu Wochenbeginn folgten dann neue, für die US-Regierung unangenehme Enthüllungen zum Zustandekommen des „Friedensplans“, der ersten Signalen aus Moskau zufolge weder in seiner ursprünglichen noch in seiner überarbeiten Form auf Gegenliebe zu treffen scheint. US-Präsident Trump sei in die Ausarbeitung und die Einzelheiten des Plans „nicht so stark involviert“ gewesen, berichtete die „Washington Post“ unter Bezug auf Regierungskreise.

„Es herrschte den ganzen Tag absolutes Chaos“

„Man sagt ihm: ‚Ich werde versuchen, eine Einigung zu erzielen.‘ Und er antwortet: ‚Gut, sehen Sie, was Sie tun können.‘ So detailliert sind seine Informationen“, schilderte die Quelle demnach das Vorgehen des Präsidenten und seiner Mitarbeiter. „Es herrschte den ganzen Tag absolutes Chaos, weil selbst verschiedene Abteilungen des Weißen Hauses nicht wissen, was vor sich geht. Es ist peinlich.“

Auch in Europa sei der Eindruck eines chaotischen Vorgehens in Washington entstanden, berichtete die US-Zeitung weiter. „Wir hatten den Eindruck, dass Washington von Witkoffs Vorgehen überrascht wurde“, sagte ein europäischer Regierungsbeamter der „Post“ dazu. 

Ursprünglicher „Friedensplan“ von Trump bereits Geschichte

Der Stein des Anstoßes, der amerikanische 28-Punkte-Plan, hat sich unterdessen mittlerweile offenbar bereits geändert. Ergebnis der Beratungen zwischen Vertretern der Ukraine, der USA und europäischen Staaten sei ein „aktualisierter und verfeinerter Friedensrahmen“, an dem „in den kommenden Tagen“ weiter gearbeitet werde, teilten die USA und die Ukraine am Sonntagabend in einer gemeinsamen Erklärung mit. Ein Abkommen zur Beendigung des Krieges müsse zudem die Souveränität der Ukraine „vollständig bewahren“, hieß es weiter.

Auch ein von US-Präsident Trump zuvor aufgestelltes Ultimatum für die Ukraine bis Thanksgiving (27. September) räumte Außenminister Rubio wieder ab – wichtig sei, dass es zu einer Einigung komme, nicht wann, erklärte der Außenminister.

Donald Trump: „Glauben Sie es erst, wenn Sie es sehen“

Trump selbst kommentierte das zwischenzeitliche Chaos rund um den amerikanischen „Friedensplan“ unterdessen in bekannter Manier. Zunächst schimpfte der Republikaner am Sonntag auf seiner Plattform Truth Social darüber, dass er den Krieg von Vorgänger Joe Biden geerbt habe und die Ukraine furchtbar undankbar sei, ohne dabei Kritik an Aggressor Russland zu äußern.

Dann ließ Trump am Montag plötzlich eine optimistische Wortmeldung folgen. „Ist es wirklich möglich, dass bei den Friedensgesprächen zwischen Russland und der Ukraine große Fortschritte erzielt werden? Glauben Sie es erst, wenn Sie es sehen, aber vielleicht geschieht gerade etwas Gutes“, schrieb Trump bei Truth Social und fügte ungeachtet eher ablehnender Signale aus Russland euphorisch hinzu: „GOTT SEGNE AMERIKA!“