Nachwuchs-AnsturmBundespolizei fehlen 1600 Ausbilder – Gewerkschaft übt Kritik

Ein Polizeibeamter in Schutzkleidung trägt auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei einen Schutzhelm mit Stoff-Überzug. (Symbolbild)
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- Als Reaktion auf die hohen Flüchtlingszahlen in den Jahren 2015 und 2016 hatte die Bundesregierung zunächst 3000 neue Stellen bei der Bundespolizei bewilligt, später 5000.
- An Ausbilder und anderes Fachpersonal wurde dabei aber nicht gedacht, kritisiert die Gewerkschaft der Polizei. In den Dienststellen hat das bereits Konsequenzen.
Berlin – Die Ausbildungsstandorte der Bundespolizei können nicht mit dem Ansturm an Auszubildenden schritthalten. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gibt es einen erheblichen Mangel an Fachpersonal, um die angehenden Polizistinnen und Polizisten zu schulen und zu betreuen. „Waren 2006 die Ausbildungsstandorte auf eine Kapazität von 3600 Auszubildenden pro Jahr ausgelegt, werden heute 8200 junge Frauen und Männer in den neun Standorten ausgebildet“, sagt GdP-Vize Jörg Radek.
Reaktion auf hohe Flüchtlingszahlen nicht zu Ende gedacht
Grund dafür sind die insgesamt 5000 vom Bund bewilligten Neueinstellungen, unter anderem als Reaktion auf die hohen Flüchtlingszahlen in den Jahren 2015 und 2016. Jetzt gibt es Personalprobleme. „Aufgrund des massiven Aufwuchses fehlen 1600 Trainer, Fachlehrer und begleitendes Personal, etwa in den Küchen, im Unterricht oder für die Personalverwaltung“, sagt Radek. „Der Engpass führt dazu, dass bundesweit Personal aus Dienststellen abgezogen wird, das dort eigentlich dringend gebraucht wird.“ Dass dieser Mangel entstehen könnte, sei bei der Ausbildungsoffensive nicht mitgedacht worden, kritisiert Radek.
Die Bundesregierung hatte die Stellenzahl in mehreren Schritten massiv erhöht. Anfang September 2015 einigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der damalige Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) unter dem Eindruck gestiegener Zuwanderungszahlen in einer abendlichen Sitzung des Koalitionsausschusses auf zunächst 3000 neue Bundespolizeistellen bis 2018. Im Mai 2018, zwei Monate nach seinem Amtsantritt, kündigte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eine Erhöhung der Neueinstellungen auf 5000 an. Die Zahl der Auszubildenden wuchs damit kontinuierlich an. 2006 gab es 1800 Anwärterinnen und Anwärter bei der Bundespolizei, 2015 dann 3600 und im aktuellen Ausbildungsjahrgang bereits 8200. Im Rahmen einer sogenannten Sicherheitsoffensive setzt sich Seehofer perspektivisch für einen weiteren Stellenzuwachs um 11.300 zusätzliche Stellen bei der Bundespolizei ein.
Ausbildungsniveau der Polizei soll gehalten werden
Grundsätzlich ist die Gewerkschaft glücklich über diese Entwicklung, forderte sie doch jahrelang mehr Personal. „Es ist gut und wichtig, dass der Bund die Stellenzahl bei der Bundespolizei seit 2016 um 8.500 drastisch erhöht hat“, sagt Radek. „In den kommenden Jahren soll das Niveau gehalten werden, was wir sehr begrüßen.“ Er vermisse jedoch eine nachhaltige Strategie für die Aus - und Fortbildung in der Bundespolizei hinsichtlich Personal, Ausstattung und Standorte. „Das führt auch dazu, dass derzeit kaum Fortbildungen möglich sind“, so der Polizeihauptkommissar.
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Und er richtet einen weiteren Vorwurf an das Bundesinnenministerium, das für die Bundespolizei zuständig ist: „Verschärfend kommt hinzu, dass der Bund entgegen seiner politischen Leitlinien Fachkräfte nur befristet einstellt. Sie müssen sich von einer Befristung zur nächsten hangeln und wandern deswegen oft lieber zur Konkurrenz der Landespolizeien ab.“ Ein Sprecher von Minister Seehofer wollte das so nicht stehenlassen und verteidigte das Vorgehen. „Es ist nicht zu erwarten, dass die aktuellen Einstellungs- und Ausbildungszahlen dauerhaft auf diesem Niveau verbleiben werden“, sagte er auf Anfrage. Deshalb sei es folgerichtig, dass das Ausbildungspersonal etwa für Sport nicht unbefristet eingestellt werde. „Wir brauchen hier wie jede aufwachsende Organisation eine gewisse Flexibilität“, so der Sprecher. Er sprach vor dem Hintergrund der aufgestockten Stellenzahl in einer bislang nie dagewesenen Größenordnung von einer „besonderen Herausforderung“. Aber: Die für diese Erhöhung der Ausbildungskapazitäten notwendigen infrastrukturellen und personellen Bedarfe würden fortlaufend und vorausschauend berücksichtigt, so der Sprecher. Deswegen habe man etwa in Bamberg und Dietz neue Ausbildungseinrichtungen eröffnet und das polizeiliche Ausbildungspersonal in allen Ausbildungseinrichtungen aufgestockt.