Eine Missbrauchsbetroffene verlangt insgesamt 850.000 Euro vom Erzbistum Köln. Ihre Anwälte begründen die Schmerzensgeldklage damit, dass der damalige Erzbischof Joseph Kardinal Höffner dem Täter ausdrücklich genehmigt hatte, sie als Pflegetochter anzunehmen.
Pfarrer U. hat Pflegetochter missbraucht und zu Abtreibung gezwungenNeue Schmerzensgeldklage gegen Erzbistum Köln
Das Erzbistum Köln sieht sich mit einer zweiten Schmerzensgeldklage eines Missbrauchopfers konfrontiert: Die Missbrauchbetroffene Melanie F. verlangt 830.000 Schmerzensgeld und 20.000 Euro für Therapiekosten. Das sagte der Bonner Rechtsanwalt Hans-Walter Wegmann, der die Frau gemeinsam mit seinem Kollegen Eberhard Luetjohann vertritt, der Rundschau. Melanie F. hatte mit Zustimmung des damaligen Kölner Erzbischofs Joseph Kardinal Höffner als Pflegetochter im Haushalt des Geistlichen Hans-Bernhard U. gelebt, der Anfang 2022 vom Landgericht Köln wegen 110 Missbrauchstaten zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden war. In diesem Prozess hatte sie nur als Zeugin aussagen können, da die an ihr begangenen Taten strafrechtlich bereits verjährt waren. U. wurde mittlerweile durch Papst Franziskus aus dem Priesterstand ausgestoßen.
Das Anwaltsteam um Luetjohann hatte bereits den Missbrauchsbetroffenen Georg Menne gegen das Erzbistum vertreten, dem das Landgericht Köln 300.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen hatte – verlangt hatte der Kläger 750.000 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Menne und seine Anwälte prüfen weiterhin Rechtsmittel. Im Fall Melanie F. sei der Verschuldensgrad der Kirche sogar noch höher als im Fall Menne, sagte Anwalt Wegmann der Rundschau. Höffner habe seine Entscheidung, dem damals noch als Diakon tätigen U. die Annahme der Pflegetochter zu genehmigen, mit dem „Wohle des Kindes“ begründet und U.s Verhalten als Pflegevater zu keinem Zeitpunkt kontrolliert. Der Geistliche hatte die Klägerin in den 1970er und 1980er Jahren sexuell missbraucht und eine erzwungene Abtreibung an ihr vornehmen lassen.
Im Fall Menne hatte das Erzbistum auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Ob sich Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki auch in diesem Fall entsprechend verhalten wird, ist offen. Noch ist die Klageschrift nicht beim Bistum eingegangen. Anwalt Wegmann erinnerte daran, dass Woelki seine Entscheidung im Fall Menne mit dem „besonderen Fall“ begründet hatte. Umso weniger wäre die Einrede der Verjährung seiner Ansicht nach in einem Fall verständlich, in dem Erzbischof Höffner „vorsätzlicher“ gehandelt habe als im Fall Menne.