Problem im Kabinett?Laschet zieht ein Jahr nach der NRW-Wahl Bilanz

Lesezeit 4 Minuten
Laschet

Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen

Düsseldorf – Ein „Problemfall“ im Kabinett, neue Lösungen für die Schulpolitik und ein schärferer Kurs bei der Inneren Sicherheit - fast ein Jahr nach der nordrhein-westfälischen Landtagswahl hat Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) Zwischenbilanz gezogen. Am Freitag äußerte er sich in Düsseldorf zu den größten landespolitischen Baustellen.

SCHULE

Ab August soll an jeder öffentlichen Schule des Landes eine digitale Erfassung des Unterrichtsausfalls möglich sein. Die CDU/FDP-Regierung will damit ein Versprechen aus ihrem Koalitionsvertrag erfüllen. In den Regierungsjahren von SPD und Grünen hatte es nur stichprobenartige Erhebungen in größeren Abständen gegeben. Demnach war der Unterrichtsausfall im Schuljahr 2014/15 mit nur 1,7 Prozent beziffert worden. Dies war von Vielen bezweifelt worden. „MP-GIPFEL“: Genau ein Jahr nach der Landtagswahl will Laschet sich am 14. Mai mit allen Ex-Ministerpräsidenten treffen. Seine persönliche Einladung zum Mittagessen sei von Hannelore Kraft (SPD), Jürgen Rüttgers (CDU), Peer Steinbrück (SPD) und Wolfgang Clement angenommen worden, sagte Laschet. Anlass des Treffens ist der 70. Jahrestag der Gründung Israels. Mit dabei seien unter anderem auch Sänger Peter Maffay und der frühere israelische Botschafter Avi Primor. Die Witwe des langjährigen Ministerpräsidenten Johannes Rau, Christina, sei an dem Tag in Israel. „Egal, wer in NRW regiert: Die Beziehung zu Israel ist für uns von großer Bedeutung“, unterstrich Laschet.

„PROBLEMFALL SCHULZE FÖCKING“

Kein Kabinettsmitglied steht so unter Dauerbeschuss wie Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) - zunächst wegen der Tierhaltung im heimischen Schweinemastbetrieb, dann wegen Abschaffung einer Stabsstelle Umweltkriminalität. „Ich finde, sie macht ihre Arbeit gut“, antwortete Laschet auf Fragen nach dem „Problemfall“ Schulze Föcking. Die Ministerin werde zeigen, dass die Regierung Umweltkriminalität ernst nehme. „Sie macht ihren Job und genießt, wenn sie unterwegs ist im Land, hohe Anerkennung.“ War es ein Fehler, eine Landwirtin zur Agrarministerin zu machen? „Wenn es nicht sinnvoll wäre, hätte ich es nicht getan. Ich halte prinzipiell nichts davon, möglichst Menschen, die nichts von einem Thema verstehen, zum Minister zu machen.“

SONNTAGSSCHUTZ

Die Erlaubnis, an mehr Sonntagen die Läden zu öffnen, erzürnt Kirchen und Gewerkschaften. „Der Sonntagsschutz gilt“, versicherte Laschet. Eine „maßvolle“ Erweiterung der Sonntagsöffnungen sei aber „ein Stück Zukunftssicherung für den Einzelhandel in Zeiten harter Online-Konkurrenz“.

SICHERHEIT

Mit jährlich 2300 neuen Polizeianwärtern schöpfe NRW die Ausbildungskapazitäten voll aus, sagte Laschet. Damit würden nicht nur ausscheidende Pensionäre ersetzt. „Es wird substanziell mehr Personal bei der Polizei sein.“ Noch vor der Sommerpause soll ein neues Polizeigesetz in Kraft treten, das die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Umgang mit Gefährdern deutlich erweitert. Am 1. September wird in Bochum die erste „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit“ ihre Arbeit aufnehmen. Ihre Zielgruppe sind gewalttätige Störer und Straftäter - etwa im Umfeld von Demonstrationen, Fußballspielen oder Razzien.

SOLINGEN

Bei einer Gedenkfeier zum 25. Jahrestag des Brandanschlags in Solingen will Laschet am 29. Mai vor allem Mevlüde Genc würdigen - „parteipolitisches Hickhack“ soll außen vor bleiben. Die Frau, die bei der rechtsextremistisch motivierten Tat fünf nahe Angehörige verloren hatte, habe sich mit ihrem Aufruf zur Versöhnung „bleibende Verdienste erworben“, sagte Laschet. Er bedaure, dass kein gemeinsames Gedenken mit dem Landtag möglich sei. Laschet hatte den türkischen Außenminister auf Wunsch der Opfer-Familie dazu eingeladen. „Ich hätte überhaupt kein Stör-Gefühl gehabt, den Außenminister dort sprechen zu lassen in einer Gedenkstunde. Ich bin sicher, dass er keinen Wahlkampf machen wird.“

DITIB

Nach der Spitzel-Affäre um Imame des türkischen Moscheeverbands bleibe das Verhältnis zur Ditib angespannt, bilanzierte Laschet. „Die Erwartung an Ditib ist, dass sie sauber trennt zwischen seelsorgerischen Aufgaben und der religiösen Betreuung und der politischen Instrumentalisierung. Und da ist nach den Vorgängen der letzten Monate einiges an Klärung erforderlich.“

ASYL

Beim Umgang mit Asylsuchenden will Laschet Menschen ohne Bleiberecht und vor allem Straftäter konsequent abschieben. Die Landesregierung tue „wirklich alles“, damit etwa der in Bochum lebende ehemalige Leibwächter des Terroristen Osama bin Laden möglichst bald das Land verlassen müsse, versicherte Laschet. Das sei allerdings rechtsstaatlich mühsam. Dagegen müsse es für gut integrierte Ausländer, die teilweise seit über 20 Jahren einen Duldungsstatus hätten, eine Lösung geben - entweder eine Altfallregelung oder eine Klausel in einem Einwanderungsgesetz.

Rundschau abonnieren