Studie zu gesundheitlichen FolgenDie Einsamkeit in Deutschland wächst

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Einsamkeit

Zunehmende Einsamkeiten hat Folgen für die Gesundheit von Menschen. 

  • Immer mehr Menschen leiden darunter, einsam zu sein.
  • Ihr Anteil ist nach Regierungsangaben in einzelnen Altersgruppen um fast 60 Prozent gestiegen.
  • Experten sehen die Politik gefordert. Denn einsam zu sein, macht oft krank.

Berlin – Mit der zunehmenden Zahl von Single-Haushalten steigt das Problem krankmachender Einsamkeit in Deutschland. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP hervor. Danach nahm die Einsamkeitsquote von 2011 bis 2017 um rund 15 Prozent zu, in einzelnen Altersgruppen sogar um 59 Prozent. So fühlten sich vor acht Jahren 5,1 Prozent der 65- bis 74-Jährigen einsam, zuletzt waren es bereits 8,1 Prozent. Probleme gibt es auch schon bei Jugendlichen. Jeder vierte sagt, dass er sich manchmal oder selten einsam fühle, Mädchen häufiger als Jungen.

Die Entwicklung hat Folgen für die Gesundheit der Menschen. „Wer gut eingebunden ist in sein soziales Netz, ist nicht nur psychisch und körperlich gesünder, sondern lebt auch länger“, sagt die Psychotherapeutin Julia Scharnhorst vom Bundesverband der Psychologinnen und Psychologen. Sie sieht hier einen „lohnenden Bereich“ für Interventionen der Politik in eine bessere Vorbeugung. Vor allem ältere Menschen seien betroffen, wenn immer mehr aus ihrem Bekanntenkreis krank werden und sterben. Sie ruft insbesondere die Städte und Gemeinden auf, mehr soziale Treffpunkte zu schaffen. „Gesundheit wird definiert durch körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden“, unterstreicht Scharnhorst.

Regierung verweist auf das Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus

Unter Verweis auf eine umfassende Auswertung der wissenschaftlichen Forschung kommt auch die Bundesregierung in ihrer Antwort zu dem Ergebnis, dass „insbesondere soziale Isolation Auftreten und Verlauf chronischer Krankheiten ungünstig beeinflusst“ und mit erhöhter Sterblichkeit ver bunden sei. Es zeigten sich Zusammenhänge für Bluthochdruck und andere wichtige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen sowie psychische Erkrankungen (Depression, Angststörung, Suizidrate) und Demenz. Zudem gebe es Zusammenhänge zwischen subjektiv empfundener Einsamkeit und dem Eintritt von Pflegebedürftigkeit.

Einsamkeitsquote der 55 bis 74-Jährigen

55 bis 64 Jahre

2011: 8,5 Prozent

2014: 10,0 Prozent

2017: 8,9 Prozent

65 bis 74 Jahre

2011: 5,1 Prozent

2014: 7,0 Prozent

2017: 8,1 Prozent

Quelle: Bundesregierung auf FDP-Anfrage, Bezug: Deutsches Zentrum für Altersfragen, Deutscher Alterssurvey  

Die Regierung verweist in ihrer Antwort auf das Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus, für das bis 2020 jährlich 17,5 Millionen Euro bereit stünden. Insgesamt gebe es in Deutschland rund 540 Mehrgenerationenhäuser, von denen rund 250 gezielte Angebote für einsame Menschen aus allen Altersgruppen machten. Die SPD hatte sich unlängst für die Schaffung eines Regierungsbeauftragten ausgesprochen, der sich gezielt um Einsamkeit und Einsamkeitsschäden in der Gesellschaft kümmern solle. Sie verwies auf Großbritannien, wo im vergangenen Jahr eine eigene Ministeriumsabteilung für Einsamkeit gebi ldet worden sei.

„Wir brauchen eine Strategie zur Bekämpfung der Einsamkeit“, verlangte der FDP-Gesundheitsexperte Prof. Andrew Ullmann. Dazu gehörten innovative Wohn- und Mobilitätskonzepte sowie die Förderung von Gesundheitskompetenz. Dringend nötig sei nun eine Expertenkommission. Angesichts der Einsamkeitsentwicklung sieht die Kassenärztliche Bundesvereinigung voraus, dass „die Nachfrage nach medizinischen, psychotherapeutischen und pflegerischen Leistungen stark zunehmen wird“. Die Krankenkassen sollten anerkennen, dass perspektivisch die Budgets fallen müssten, um den stetig wachsenden Leistungsbedarf zu finanzieren.

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