Wenigstens ist es nicht wieder zum Eklat gekommen: Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus endete freundlich, aber ergebnislos und verleitete Gastgeber Donald Trump zu bizarren Kommentaren.

Trump nach dem Treffen mit SelenskyjDer US-Präsident lebt auf einem anderen Planeten

Auftakt zu einer bizarren Begegnung: US-Präsident Donald Trump (l) gestikuliert neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beim Empfang im Weißen Haus.
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In welcher Welt lebt Donald Trump? Den ukrainischen Präsidenten in Washington vorsprechen zu lassen, nur um ihn unverrichteter Dinge nach Hause zu schicken – das ist keine Demonstration der Stärke, sondern eine der Hilflosigkeit. Dem US-Präsidenten, der angeblich schon acht Kriege beendet hat, fällt nur der Ratschlag ein, beide Seiten sollten sofort aufhören und „nach Hause gehen“.
Die absurde Metaphorik zeigt, wie weit der US-Präsident von dre Realität entfernt ist. Bekanntlich macht der russische Staatschef Wladimir Putin keinerlei Anstalten, seine mordende Soldateska „nach Hause“ zu holen, während die Ukrainer ebenso bekanntlich keinen Eroberungskrieg auf fremden Territorium führen, sondern sich in ihrer Heimat, zu Hause, wehren. Davon abgesehen hat die Ukraine längst einen sofortigen Waffenstillstand entlang der bisherigen Frontlinien angeboten. Putin lehnt das konsequent ab und hatte Trump beim letzten Treffen in Alaska sogar zu der aberwitzigen Einschätzung überredet, so ein Waffenstillstand sei gar nicht nötig.
Trump behandelt den größten europäischen Krieg seit 1945 wie einen banalen Nachbarschaftsstreit. Und er führt aller Welt vor, dass bei ihm immer derjenige recht hat, mit dem er zuletzt gesprochen hat: erst Putin in Alaska, dann europäische Spitzenpolitiker, dann wieder Putin im Telefonat vom Freitag. So macht der vermeintlich mächtigste Mann der Welt sich lächerlich, zumal sich die Drohung als Luftnummer erwiesen hat, der Ukraine Tomahawk-Marschflugkörper zu liefern. Dafür provoziert Trump die EU mit der Ankündigung, Putin in Budapest zu treffen, dort, wo die Ukraine vor 21 Jahren wertlose Sicherheitsgarantien erhalten hat. Der in Ungarn regierende Putinist Viktor Orbán kann strahlen, während den EU-Nachbarn zugemutet wird, einen Kriegsverbrecher durch ihren Luftraum reisen zu lassen.
Das (lückenhafte und brüchige) Waffenruhe-Abkommen im Gaza-Krieg, auf das Trump-Anhänger gern als Erfolgsbeispiel verweisen, war nur durch erheblichen Druck auf die Hamas zu erreichen. Von solchem US-Druck ist gegenüber Russland weiterhin keine Rede. Vielmehr zeigt Trump, dass er an der Auseinandersetzung das Interesse verliert. Seine Äußerungen nach dem Treffen mit dem ukrainischen Gast klangen wie die eines Beobachters von einem fernen Planeten. Positiv daran war nur, dass Selenskyj seine abweichenden Auffassungen diesmal wenigstens vertreten konnte, ohne dass es wie im Februar zum Eklat kam. Vermutlich, weil Selenskyjs Worte Trumps gedanklichen Orbit gar nicht mehr erreicht haben.