Was wird aus Steve Witkoffs 28-Punkte-Plan zur Zukunft der Ukraine? Nach ukrainischen Angaben haben sich bei den Gesprächen in Genf Veränderungen ergeben. Wo konnten und können die Europäer da ansetzen?

Ukraine-Gespräche in GenfUS-Tohuwabohu und die Chance der Europäer

Der eine wurde offenbar manipuliert, der andere düpiert: Steve Witkoff (2. v. l.) und rechts neben ihm US-Außenminister Marco Rubio am Sonntag in Genf.
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Was können die Europäer noch ausrichten? Ginge es nach Leuten wie US-Unterhändler Steve Witkoff oder dem jüngst nach Kiew entsandten Emissär Daniel Driscoll, dann hätte die Antwort gelautet: nichts. Witkoffs 28-Punkte-Plan zur Zukunft der Ukraine wurde dem überfallenen Land ebenso wie den europäischen Verbündeten schlicht vorgesetzt, Prinzip: Vogel friss oder stirb. Über Details werde nicht verhandelt, man müsse „diese Scheiße“ hinter sich bringen, soll Driscoll europäischen Diplomaten in Kiew gesagt haben. Da ist es schon ein Erfolg, dass sich die USA in Genf überhaupt auf Gespräche einließen. Und wenn man dem ukrainischen Vertreter Rustem Umerow glauben darf: auf Gespräche, die sogar eine Veränderung des Papiers zur Folge haben könnten.
Umerow steht mit seinem Optimismus allerdings allein. Denn konkret haben die Europäer wenig in der Hand. Sie mögen Bedingungen setzen, wo das ursprüngliche Papier ihre Kooperation verlangt: vom Umgang mit russischen Vermögenswerten über die Wiederaufbaukosten und den EU-Marktzugang der Ukraine bis zur Stationierung europäischer Kampfjets in Polen. Da sie den Ernst der Lage zu spät erkannt haben, sind sie aber in Schlüsselfragen wie der für die Ukraine zentralen militärischen Aufklärung von den USA abhängig. Dieses Druckmittel nutzen die USA.
Tusk: Wer hat Witkoffs Papier überhaupt geschrieben?
Mehr als solches Hin und Her hilft den Europäern das Tohuwabohu in der US-Administration. Zu Recht will der polnische Ministerpräsident Donald Tusk wissen, wer Witkoffs Papier überhaupt geschrieben hat. Und ebenso mit Recht fragt der österreichische Analyst Franz-Stefan Gady, welche Telefonnummer man anrufen müsse, wenn man die USA sprechen wollte. Präsident Donald Trump setzt ein Ultimatum bis Donnerstag und relativiert es wieder, Vize JD Vance folgt mit kaltem Zynismus der Lageeinschätzung des russischen Machthabers Wladimir Putin, und der düpierte Außenminister Marco Rubio stellt Witkoffs Papier gegenüber Senatoren als russische Ideensammlung dar, um es sich später doch zu eigen zu machen.
Kurz: Russland hat Witkoff manipuliert und damit die US-Führung ins Chaos gestürzt. Russische Politiker und Staatsmedien bereiten die Untertanen zudem darauf vor, dass nachgekobert wird. Diese Groteske schädigt den ohnehin vorbelasteten Ruf der USA. Genau das gibt den Europäern die Möglichkeit, Trump zu packen, wo er empfindlich ist: bei der Sorge um sein Ansehen als genialer Überstaatsmann. Hoffen wir, dass dies wirklich gelingt.
