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Weihnachten
Der Jude Jesus

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dpatopbilder - 21.12.2025, Palästinensische Gebiete, Bethlehem: Christen sitzen auf den Stufen der Grotte unter der Basilika, dem angeblichen Geburtsort Jesu Christi, in der Geburtskirche in der Stadt Bethlehem im Westjordanland, wenige Tage vor den Weihnachtsfeierlichkeiten. Foto: Erik Marmor/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

In der Stadt Davids: Betende Christen auf den Stufen der Grotte unter der Geburtskirche in Bethlehem, heute Teil der palästinensischen Autonomiegebiete.

Weihnachten findet in einer Zeit statt, in der Antisemitismus Hochkonjunktur hat. Warum uns dieses Fest dazu verpflichtet, dem Hass auf Juden und Israel entgegenzutreten. 

Hosianna! Davids Sohn: Diese Anrufung in Händels Hymnus „Tochter Zion“ lenkt den Blick auf einer der wenigen historisch sicheren Tatsachen im Leben des Jesus von Nazareth. Die Evangelien sind theologische Texte, keine Geschichtsbücher, aber fest steht: Jesus war Jude. Er wurde nach den Regeln seiner Religion erzogen, er lehrte und debattierte als jüdischer Theologe. Er wurde als Jude von den römischen Besatzern hingerichtet. Laut Markus- und Matthäusevangelium war sein letztes Wort am Kreuz ein Zitat aus dem 22. Psalm.

Weihnachten 2025 findet in einer Zeit statt, in der Antisemitismus Hochkonjunktur hat. Auf westlichen Straßen hört man die Forderung, die Intifada zu globalisieren, spricht: Juden weltweit das Leben zur Hölle zu machen. Wie das dann aussieht, hat das Massaker von Sydney am ersten Tag des Chanukka-Festes, keine zwei Wochen vor Weihnachten, gezeigt. Bei der Trauerfeier für Charlie Kirk machte Talkmaster Tucker Carlson die Juden für den Tod Jesu verantwortlich. Auf einem sogenannten Weihnachtsmarkt an einer Kölner Hochschule wurde eine Darstellung verkauft, die Großpalästina mit zwei Moscheen und einer Kirche zeigte. Juden waren nicht vorgesehen. Aus für die Tochter Zion, das biblische Jerusalem.

Palästinensischer Nationalismus ist muslimisch-christlich

Politisch gilt es ohnehin als Selbstverständlichkeit, dass ein künftiger Palästinenserstaat judenfrei zu sein hat. Palästinensischer Nationalismus ist eine muslimisch-christliche Sache. Schon vor der Vertreibung der Juden aus großen Teilen der arabischen Welt seit 1948 waren die jüdischen Gemeinden von Gaza und Hebron den Pogromen von 1929 zum Opfer gefallen.

Man kann die Geschichte wechselseitiger Vertreibungen nicht zurückdrehen. Die israelische Siedlungspolitik – auch bei Hebron – hemmt jede friedliche Entwicklung, ebenso wie die UN-Position, Millionen Palästinenser als „Flüchtlinge“ einzustufen, weil Uropas 1948 aus dem heutigen Israel flohen oder vertrieben wurden. Aber Weihnachten, Fest der Geburt des Juden Jesus, sollte Anlass geben, einer Ideologie zu widersprechen, die Juden mit Hass überzieht und den Staat Israel vernichten will. Ob man Jesus von Nazareth im christlichen Sinne als Sohn Gottes sieht, im Sinne des Islam als Propheten oder säkular als galiläischen Sokrates – wer sich Angriffen auf Juden, hierzulande wie im Heiligen Land, nicht widersetzt, der hat kein Recht, sich auf das Kind in der Krippe zu berufen.