Einer mehrWas Eltern falsch machen können, wenn das zweite Kind kommt

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Autorin Nathalie Klüver mit ihren zwei Söhnen. Nun erwartet sie eine Tochter.

Köln – Ein neues Baby, wie schön! Doch so ein neues Kind kann die Familie auch erstmal ganz schön durcheinander wirbeln.

Wie bereiten Eltern also ihr großes Kind am besten auf die Ankunft des neuen Geschwisters vor? Und welche Fehler sollten sie dabei möglichst vermeiden?

Journalistin und Autorin Nathalie Klüver, die auch das Blog „Eine ganz normale Mama“ schreibt, hat dazu nun das Buch „Willkommen Geschwisterchen – Entspannte Eltern und glückliche Kinder“ geschrieben. Uns verrät sie ihre besten Tipps.

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Nathalie Klüver mit ihrem Buch „Willkommen Geschwisterchen“ (Trias).

Frau Klüver, Sie haben das Buch „Willkommen Geschwisterchen“ geschrieben, was können Eltern beim zweiten Kind falsch machen?

Nathalie Klüver: Der größte Fehler ist es, wie bei den meisten Erziehungsthemen, dass man sich verkrampft und darauf versteift, dogmatisch irgendwelche vermeintlichen Regeln zu befolgen. Denn eines muss man sich immer bewusst machen: Es gibt kein Patentrezept.

Das heißt?

Klüver: Jede Mutter ist anders, jedes Kind ist anders, jede Familiensituation ist anders. Deshalb zeige ich in meinem Buch auch ganz bewusst verschiedene Wege auf und lasse so viele Eltern wie möglich zu Wort kommen, die ihren Lösungsweg schildern.

Welche konkreten Fehler meinen Sie?

Klüver: Wer sich fest vornimmt, seine Zeit und Aufmerksamkeit ganz genau hälftig auf zwei Kinder aufzuteilen, ist eigentlich schon am Scheitern. Denn das klappt sowieso nicht. Es geht auch nicht darum, jede Exklusivminute genau zu verrechnen.

Worum geht es dann?

Klüver: Es geht darum, dass jedes Kind die Aufmerksamkeit bekommt, die es braucht. Und das ist tagesformabhängig genauso wie abhängig von den jeweiligen Entwicklungsschüben, ob ein Kind krank ist, gerade einen neuen Lebensabschnitt wie den Kindergartenwechsel hat – und so weiter. Unterm Strich ruckelt es sich dann schon zurecht.

Welche Fehler werden noch häufig gemacht?

Klüver: Ein anderer großer Fehler ist es, wenn Eltern das große Kind auf einmal mit Geschenken und Aufmerksamkeit überhäufen (oder Großeltern dies übernehmen, das ist auch oft zu beobachten!) – aus Angst, das große Kind könnte sich zurückgesetzt fühlen durchs Baby.

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Plötzlich großer Bruder. Wie schafft man den Spagat zwischen den Kindern?

Was wäre besser?

Klüver: Oft ist es besser, das große Kind in die Babypflege mit einzubeziehen, ihm so zu zeigen, dass man es ernst nimmt und so die Aufmerksamkeit zu geben, die es braucht.

Zweite Kinder gelten oft als selbstbewusster, weil sie die ersten Ängste der Eltern nicht so ungefiltert mitbekommen wie das erste Kind. Halten Sie das für eine Binsenweisheit?

Klüver: Das ist sicher oft so – aber ich denke, oft auch genau andersherum. Bei uns ist es so, dass der Kleine viel mutiger und draufgängerischer ist und sich für Spielzeug interessiert, mit dem sein großer Bruder spielt statt für das, was seinem Alter angemessen wäre. Er ahmt seinen Bruder in vielerlei Hinsicht nach. Das berichten viele Eltern.

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Sind Zweiteltern denn entspannter?

Klüver: Klar, weil wir beim zweiten Kind schon wissen, dass nicht jeder blaue Fleck ein Weltuntergang ist und Kinder nach dem Stolpern wieder aufstehen. Aber oft ist auch zu beobachten, dass Eltern ihre zweiten Kinder sehr verhätscheln und behüten – weil es halt ihre Kleinen sind und sie sich besonders um sie kümmern. Dieses Verhalten ist häufiger zu beobachten, wenn der Altersabstand zwischen den Geschwistern etwas größer ist.

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Nathalie Klüver mit ihren zwei Kindern und Schwangerbauch am Strand.

Gibt es denn einen besonders guten Altersabstand zwischen Geschwistern?

Klüver: Pauschal kann man das nicht beantworten. Jeder Abstand hat seine eigenen Vor- und Nachteile. Das muss jeder für sich selbst abwägen. Man muss schauen, was zur eigenen Lebenssituation am besten passt. Ganz abgesehen davon: Man hat den Altersabstand ja auch nicht immer in der Hand!

Wie kann ich denn mein erstes Kind am besten auf das Geschwisterchen vorbereiten?

Klüver: Das ist je nach Alter unterschiedlich. Bei Kleinkindern sollte man nicht zu früh beginnen – denn die haben kein Zeitgefühl. Neun Monate sind da eine ewig lange Zeit! Was bei allen Altersklassen hilft, sind altersgerechte Bilderbücher, die die Schwangerschaft und die erste Zeit mit Baby erklären. Man sollte seinem Kind die Infos aber nicht aufdrängen, sondern immer abwarten, wie das Interesse ist. Und wenn das Kind kein Interesse hat, dann ist das auch ok. 

Und dann gibt es keine Eifersucht?

Klüver: Dafür gibt es keine Garantie! Eifersucht ist ja auch per se nichts Schlechtes! Wir Erwachsenen sind ja auch manchmal eifersüchtig – das ist einfach ganz normal. Sich das klar zu machen, ist schon die halbe Miete.

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Nathalie Klüver erwartet ihr drittes Kind.

Wie sollten wir als Eltern also reagieren?

Klüver: Man sollte die Eifersucht ernstnehmen und dem Kind helfen, die eigenen Gefühle in Worte zu fassen: „Du ärgerst dich, dass ich jetzt deine Schwester wickele, anstatt mit dir zu basteln, oder?“ Aber man sollte sie auch nicht überdramatisieren und zu viel psychologisieren, denn dann verkrampft man selbst nur wieder.

Und was sollte man auf keinen Fall machen?

Klüver: Eifersucht unterdrücken oder so zu tun, als sei es etwas furchtbar Schlimmes. Das ist kontraproduktiv und kann zu späteren psychischen Problemen führen. Man sollte seinem Kind zeigen, dass seine Gefühle ganz normal sind und dass es in Ordnung ist, sich jetzt so zu fühlen.

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Autorin Nathalie Klüver mit ihren zwei Söhnen. Nun erwartet sie eine Tochter.

Es gibt ja diesen Spruch: Stellen Sie sich vor, Ihr Mann würde plötzlich eine neue Frau mitbringen – und die sollte dann auch noch im Ehebett mitschlafen – genauso fühlt sich die Ankunft eines Geschwisters für das Erstgeborene an. Kann man das wirklich vergleichen?

Klüver: Nein. Die Liebe zwischen Mann und Frau ist anders als zwischen Eltern und Kindern. Unsere Mutterliebe teilt sich nicht einfach auf, die wird einfach größer. Wir haben genug Platz in unserem Herzen für mehrere Kinder.

Sie selbst warten gerade auf Ihr drittes Kind. Wie haben Sie Ihre zwei Großen auf das neue Geschwisterchen vorbereitet?

Klüver: Beim dritten Kind hat man ja den großen Vorteil, dass beide Kinder schon wissen, wie das ist, ein Geschwisterchen zu haben und nicht immer die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern. Das ist schon mal viel wert – und lässt mich ganz entspannt an alles herangehen.

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